1. Grundsatz
Rn. 190
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Notwendigkeit und Angemessenheit begrenzen die zu berücksichtigenden Aufwendungen auf den Betrag, der unter Beachtung des Zwecks des § 33 EStG der steuerlichen Gleichmäßigkeit und der sozialen Gerechtigkeit entspricht (s § 33 Abs 2 S 1 EStG). Die Notwendigkeit ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen; zB ist bei der Unterstützung dritter Personen zu prüfen, ob diesen nicht durch ein Darlehen über die Not geholfen werden kann.
Rn. 191
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Auch wenn im Einzelfall größere Aufwendungen notwendig sind, so kann doch über den angemessenen Betrag nicht hinausgegangen werden (BFH BStBl II 2011, 1012 zu behinderungsbedingtem Umbau). Bei dessen Bemessung ist zu berücksichtigen, dass jede Steuerermäßigung eines StPfl zu einer Belastung anderer StPfl führt. Hierauf weist mit Recht der BFH BStBl III 1962, 253 hin. § 33 EStG ist eine Vorschrift zur Berücksichtigung ausgesprochener Notfälle persönlicher Art, die auf andere Weise steuerlich nicht berücksichtigt werden können. Bei ihrer Anwendung muss stets gefragt werden, ob der Allgemeinheit die Übernahme der Aufwendungen nach Recht und Billigkeit zuzumuten ist. Das gilt schon für die Frage, ob § 33 EStG dem Grunde nach anzuwenden ist, aber auch bei der Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen. Jedoch sind die Aufwendungen auch auf persönliche Zwangslagen zurückzuführen (zB Krankheit). Insoweit ist eine Überprüfung der Angemessenheit und Notwendigkeit auch eingeschränkt zu beurteilen.
Dies führt mE dazu, dass in diesen Fällen nur dann eine Kappung erfolgen kann, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen notwendigem und tatsächlichem Aufwand vorliegt (FG D'dorf EFG 2006, 973). Als Bsp für die Begrenzung auf ein angemessenes Niveau ist die Kappung der Fahrtkosten bei schwer Gehbehinderten zu nennen (s BFH BFH/NV 2011, 253). Im Übrigen ist die Angemessenheit nach objektiven Kriterien zu bestimmen (s Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 197, Dezember 2020; Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 39, 40. Aufl).
2. Abgrenzungsfragen
Rn. 192
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Bei Unterhaltsleistungen ist die Abgrenzungsproblematik durch Schaffung des § 33a EStG entschärft worden. Aufgrund der in § 33a EStG getroffenen Typisierungen der Unterhaltsfälle und des abschließenden Charakters dieser Vorschrift für typische Unterhaltsaufwendungen (vgl BT-Drucks 13/1686, 42) ist die Abgrenzung nur noch insoweit von Bedeutung, als es Aufwendungen sind, die nicht von § 33a EStG erfasst werden (zB Krankheitskosten). Hier ist aber kein strenger Maßstab anzulegen.
Rn. 193
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Nicht maßgebend für die Frage der Angemessenheit ist auch, was aufgrund eines bürgerlich-rechtlichen Titels (Vertrag, Vergleich, Urteil) als angemessen angesehen wird. Die Angemessenheit bestimmt sich allein anhand objektiver Merkmale. Es kommt nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des StPfl an.
Bei Unterhaltsleistungen von Gastarbeitern an die Angehörigen im Heimatland kommt es für die Frage der Angemessenheit und Notwendigkeit auf die dortigen Verhältnisse an (im Einzelnen s Erläut zu § 33a (Pust)).
Nicht unmittelbar in diesen Zusammenhang gehört die Frage einer sog Opfergrenze. Sie spielt ebenfalls bei der Unterhaltsgewährung nach § 33a Abs 1 EStG eine Rolle, gehört aber zur Prüfung der Unterhaltspflicht dem Grunde nach (BFH BStBl II 1984, 522).
3. Unangemessene Aufwendungen
Rn. 194
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Übersteigen die Aufwendungen den angemessenen Betrag, so wird idR der angemessene Betrag nach § 33 EStG anzuerkennen sein (zB s BFH BFH/NV 2011, 253).
Es kann sich aus der Unangemessenheit aber auch ergeben, dass der ganze Betrag in Wirklichkeit nicht aus den angegebenen Gründen, zB Unterhaltsleistung, Aussteuer, Wohnraumbeschaffung usw hingegeben worden ist, sodass diese Gründe vielmehr nur vorgeschoben sind. Dann muss § 33 EStG für den ganzen Betrag versagt werden.
Rn. 195
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
vorläufig frei