Rn. 125
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Grds unterliegen auch außerordentliche Einkünfte dem Verlustausgleich, mit der Folge, dass insoweit die Begünstigung nach § 34 EStG "verloren" geht, vgl BFH v 12.04.2006, BFH/NV 2006, 1463; BFH BFH/NV 1997, 223.
Hat der StPfl neben dem Verlust aus einer Einkunftsart lediglich außerordentliche Einkünfte (aus derselben oder einer anderen Einkunftsart), werden diese – wie bei lfd Einkünften auch – mit dem Verlust verrechnet.
Beispiel:
Veräußerungsgewinn iSd § 16 EStG |
EUR |
50 000 |
Negative Einkünfte iSd § 21 EStG |
EUR |
./. 120 000 |
Gesamtbetrag der Einkünfte |
EUR |
./. 70 000 |
Die Tarifbegünstigung für den Veräußerungsgewinn entfällt.
Eine Besonderheit ergibt sich, wenn der StPfl neben den außerordentlichen Einkünften noch andere positive lfd Einkünfte bezogen hat.
Der BFH hat sich nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung dafür entschieden, die außerordentlichen Einkünfte als selbstständige Art von Einkünften zu behandeln und sie nur dann in den Verlustausgleich einzubeziehen, wenn alle tariflich zu versteuernden Einkünfte ausgeglichen sind, vgl BFH v 29.07.1966, BStBl III 1966, 544; BFH v 26.01.1995, BStBl 1995, 467; BFH BFH/NV 1997, 223; 2008, 44; Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 19 (August 2019); Wacker in Schmidt, § 34 EStG Rz 51 (41. Aufl).
Beispiel:
Veräußerungsgewinn iSd § 16 EStG |
EUR |
50 000 |
Negative Einkünfte iSd § 21 EStG |
EUR |
./. 120 000 |
Einkünfte iSd § 19 EStG |
EUR |
120 000 |
Gesamtbetrag der Einkünfte |
EUR |
50 000 |
Die Tarifbegünstigung für den Veräußerungsgewinn bleibt erhalten.
Rn. 126
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Die speziellen Ausgleichsbeschränkungen – wie zB §§ 2a Abs 1, 2b aF, 15 Abs 4, 15a, 23 Abs 3 S 8 EStG – sind dagegen vorrangig zu berücksichtigen, vgl BFH v 26.01.1995, BStBl II 1995, 467. Derartige Verluste sind nach der jeweils maßgebenden Vorschrift in erster Linie mit positiven Einkünften einer bestimmten Art ausgleichsfähig. Gehören zu dieser bestimmten Art auch außerordentliche Einkünfte, so kommen diese zur Verrechnung, soweit keine oder nicht genügend lfd Einkünfte der besonderen Art vorhanden sind, vgl Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 19 (August 2019) mwN.
Der Grundsatz der Meistbegünstigung gilt auch beim Zusammentreffen negativer Einkünfte iSd § 2a Abs 1 EStG mit positiven außerordentlichen Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat, vgl OFD Rheinland und Münster v 23.05.2007, DStR 2007, 1727.
Rn. 127
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Mit Einführung der sog Mindestbesteuerung nach § 2 Abs 3 EStG idF StEntlG 1999/2000/2002 (aufgehoben ab 2004) war ab VZ 1999 strittig, wie sich die Verlustverrechnungsbeschränkungen (§§ 2 Abs 3 und 10d EStG aF) auf die Höhe der außerordentlichen Einkünfte auswirken.
Zusammengefasst wurden folgende Standpunkte vertreten:
- § 2 Abs 3 EStG aF führt zu keiner Änderung, dh – entsprechend dem Meistbegünstigungsgrundsatz – sind lfd Verluste zunächst mit lfd Einkünften zu verrechnen, bevor ein Ausgleich mit den begünstigten außerordentlichen Einkünften stattfindet, vgl zB Eggers/Bauer, DStR 2000, 1171; Röhner, BB 2000, 2234.
- Nach (bisheriger) Ansicht der FinVerw (vgl R 197 Abs 3 S 3 und 4 EStR 2003; BMF v 20.01.2001, BStBl I 2001, 172 Bsp 2) sowie der Literatur (vgl zB Schynol, DStR 2000, 1590; Freyer/Schult, DStR 2001, 71) und Entscheidungen einiger FG (vgl zB FG BdW v 25.11.2002, EFG 2003, 392; FG He v 04.09.2002, EFG 2002, 1577), ist § 2 Abs 3 EStG aF bei der Ermittlung außerordentlicher Einkünfte zu beachten. IRd horizontalen Verlustausgleichs (innerhalb einer Einkunftsart) sind zunächst positive lfd Einkünfte mit negativen lfd. Einkünften zu verrechnen und ein danach verbleibender negativer Saldo mit den außerordentlichen Einkünften dieser Einkunftsart.
Die Diskussion ist mE durch die neuere BFH-Rspr beendet, vgl BFH v 13.08.2003, BStBl II 2004, 547; BFH v 21.07.2004, BFH/NV 2004, 1643.
Nach diesen Entscheidungen ist § 2 Abs 3 EStG aF bei Berechnung der begünstigten ESt gemäß § 34 Abs 1 EStG nicht zu beachten.
Auch die FinVerw hat sich wohl dieser Ansicht angeschlossen, indem S 3 und 4 der R 197 Abs 3 EStR 2003 in R 34.1 Abs 3 EStR 2005 nicht mehr enthalten sind.
Der Entscheidung des BFH v 21.07.2004, aaO, lag vereinfacht folgender Sachverhalt zu Grunde:
Sachverhalt nach BFH v 21.07.2004:
Nach bisheriger Verwaltungsansicht waren innerhalb des horizontalen Verlustausgleichs die lfd Verluste gemäß § 15 EStG mit dem Veräußerungsgewinn gemäß § 15 EStG zu verrechnen, begünstigt nach § 34 Abs 1 EStG war somit nur ein Veräußerungsgewinn von EUR 300 000.
Nach neuester und mE auch zutr BFH-Rspr sind die lfd Verluste zunächst mit lfd positiven Einkünften anderer Einkunftsarten zu verrechnen, begünstigt nach § 34 Abs 1 EStG ist somit der ungeschmälerte Veräußerungsgewinn iHv EUR 400 000.
Zu weiteren Erläuterungen der neueren BFH-Rspr vgl Wendt, FR 2004, 538; Hutter, KFR 2004, 225; oV, DStR 2004, 551; Korezkij, DStR 2006...