Rn. 35
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Verfassungsrechtliche Bedenken
Verfassungsrechtliche Bedenken werden gegen die Einführung der sog Fünftelregelung in § 34 Abs 1 EStG iRd StEntlG 1999/2000/2002 v 24.03.1999, s Rn 20, sowie gegen die Wiedereinführung des halben – ab 2009 56 % – durchschnittlichen Steuersatzes für Veräußerungs- und Aufgabegewinne durch das StSenkErgG v 19.12.2000, s Rn 22, im neu eingefügten § 34 Abs 3 EStG erhoben. Hierzu ausführlich zB s Jahndorf/Lorscheider, FR 2000, 433; List, BB 2003, 761; Siegel, DStR 2007, 978; Siegel/Diller, DStR 2008, 178; Siegel, DB 2015, 1419; Bareis, FR 2015, 577.
Rechtsprechung zur Fünftelregelung
Gemäß BFH vom 07.03.2003, IV B 163/02, BFH/NV 2003, 777 bestehen gegen die Abschaffung des sogenannten halben Steuersatzes zugunsten der sogenannten Fünftelregelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit die Regelung mit Wirkung für die Zukunft getroffen wurde. Bei unbefristeten und über Jahrzehnte wirkenden Steuervergünstigungen kann der StPfl sich nicht darauf berufen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht zu seinen Lasten verändert werden dürften (BVerfG vom 05.02.2002, 2 BvR 305/93, BVerfGE 105, 17).
Die Frage, ob und in welchem Umfang der in § 34 Abs 1 EStG (Fünftelregelung) enthaltene Steuersatz erdrosselnde Wirkung hat und ob die Regelung insoweit verfassungskonform ist, ist in der Rspr des BFH geklärt (BFH vom 23.10.2015, IX B 74/15, BFH/NV 2016, 193; ferner s zB BFH vom 06.12.2006, X R 22/06, BFH/NV 2007, 442, die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch BVerfG v. 24.03.2010, 2 BvR 339/07 nicht zur Entscheidung. angenommen; BFH vom 22.09.2009, IX R 93/07, BStBl II 2010, 1032).
Rechtsprechung zur Tarifermäßigung des § 34 Abs 3 EStG
Durch das StSenkErgG v 19.12.2000, s Rn 22, wurde der halbe durchschnittliche Steuersatz (ab VZ 2001) in modifizierter Form wieder eingeführt, allerdings beschränkt auf Veräußerungsgewinne iSd § 34 Abs 2 Nr 1 EStG. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Beschränkung wurden durch verschiedene BFH-Urteile ausgeräumt.
- BFH vom 09.02.2011, IV R 37/08, BFH/NV 2011, 1120: Für den VZ 2002 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass eine Tarifbegünstigung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB als Veräußerungsgewinn im Sinne von § 34 Abs 2 Nr 1 und Abs 3 EStG auch dann ausscheidet, wenn dieser Anspruch in zeitlichem Zusammenhang mit dem Eintritt des Berechtigten in den Ruhestand entsteht.
- BFH vom 10.07.2012, IX B 71/12, BFH/NV 2012, 1602: Ein ArbN kann aus der ausschließlich auf Veräußerungsgewinne im Sinne des § 34 Abs 2 Nr 1 EStG beschränkten Tarifermäßigung des § 34 Abs 3 EStG für seine Besteuerung keine verfassungsrechtlichen Zweifel aus Art 3 Abs 1 GG herleiten (die Verfassungsbeschwerde wurde gemäß §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG vom 07.04.2015, 2 BvR 1888/12).
- BFH vom 08.10.2012, IX B 83/12, BFH/NV 2013, 31: Ein StPfl mit Einkünften aus § 22 Nr 2 EStG, § 23 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG kann aus der ausschließlich auf Veräußerungsgewinne im Sinne des § 34 Abs 2 Nr 1 EStG beschränkten Tarifermäßigung des § 34 Abs 3 EStG für seine Besteuerung keine verfassungsrechtlichen Zweifel aus Art 3 Abs. 1 GG herleiten.
Ausführlich zur Verfassungsmäßigkeit zB s Horn in H/H/R, EStG/KStG, § 34 EStG Rz 4, 5 (August 2019).
Rn. 36–39
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
vorläufig frei