Rn. 182
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Ein erster und durchaus spannender Punkt ist die Veräußerung, Aufgabe oder Realteilung eines ganzen Betriebs oder eines ganzen Mitunternehmeranteils nach §§ 14, 16 Abs 1 u 3 EStG sowie § 18 Abs 3 EStG. Die Betonung liegt dabei auf dem Ausdruck eines "ganzen" Betriebs oder "ganzen" Mitunternehmeranteils, da in diesen Fällen die Grundlage für die Tarifbegünstigung nach § 34a EStG entfällt und damit die Möglichkeit, beim jeweiligen StPfl eine Nachversteuerung durchzuführen (§ 34a Abs 6 S 1 Nr 1 EStG), was die vollständige Auflösung und Nachversteuerung des festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrags auslöst. Dies gilt auch für die Fälle des § 16 Abs 2 S 3 EStG (s BMF v 11.08.2008, BStBl I 2008, 838 Rz 42).
Im Falle der Veräußerung des gesamten Betriebs oder Mitunternehmeranteils ist die Entnahmefiktion sachgerecht, da die steuerliche Übertragung des nachversteuerungspflichtigen Betrags auf den Erwerber nach § 34a EStG aufgrund der personenbezogenen Ausgestaltung nicht vorgesehen ist. Weiterhin ist im Falle der Betriebsaufgabe eine Überführung des Kapitalkontos in das PV gegeben, wodurch der Zweck des § 34a EStG nicht mehr erfüllt werden kann.
Im Falle der Realteilung, die die FinVerw entsprechend behandeln möchte (BMF v 11.08.2008, BStBl I 2008, 838 Rz 42), kann insoweit gefolgt werden, wie die Realteilung eine Aufteilung des nachversteuerungspflichtigen Betrags auf unterschiedliche Personen zur Folge hat, was dem Sinn des § 34a EStG widerspricht (s Ratschow in Brandis/Heuermann, § 34a EStG Rz 69, August 2021; aA Ley, Ubg 2008, 214, 217; Niehus/Wilke in H/H/R, § 34a EStG Rz 80, Oktober 2017).
Rn. 183
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Gleichwohl ergibt sich daraus, dass die Nachversteuerung nur im Falle der Veräußerung, der Aufgabe oder Realteilung eines "ganzen" Betriebes oder eines "ganzen" Mitunternehmeranteils eintritt, im Umkehrschluss erhebliches Gestaltungspotenzial, da die Veräußerung "eines Teils" des Betriebs, eines Teilbetriebs oder "eines Teils" des Mitunternehmeranteils keine Nachversteuerung iSd § 34a Abs 6 S 1 Nr 1 EStG auslöst. Begründet wird dies vom BMF dadurch, dass eine Nachversteuerung beim StPfl iRd verbleibenden Teils des Betriebs oder Mitunternehmeranteils weiterhin möglich ist (s BMF v 11.08.2008, BStBl I 2008, 838 Rz 42).
Rn. 184
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Vor dem Hintergrund, dass weder der Gesetzgeber noch das BMF Wesentlichkeitsgrenzen für den letztgenannten Fall festgelegt haben, ließen sich zahlreiche Fallgestaltungen überlegen. So wäre zB bei der Veräußerung eines beträchtlichen Teils des Mitunternehmeranteils die Nachversteuerung zeitlich stark hinausschiebbar. Veräußert ein Mitunternehmer etwa 99 % seines Mitunternerhmeranteils, könnte er aufgrund der verbleibenden 1 % Beteiligung eine Nachversteuerung verhindern.