Rn. 28
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Die im § 34a EStG normierte Thesaurierungsbegünstigung begegnet in mehreren Punkten verfassungsrechtlichen Bedenken.
Rn. 29
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Die Tatsache, dass sich die Vorschrift vorwiegend die Begünstigung ertragsstarker PersGes zum Gegenstand nimmt, ist mE verfassungsrechtlich unbedenklich, da § 34a EStG als Tarifvorschrift zur Rechtsformneutralität beitragen soll und im Falle von Einzelunternehmen und PersGes gerade bei hohen Grenzsteuersätzen gegensteuern soll, um die Eigenkapitaldecke von Einzelunternehmen und PersGes zu stärken und so die langfristige Kapitalbindung durch Investitionen im Unternehmen zu fördern.
Rn. 30
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Eine wesentliche Einschränkung des § 34a Abs 2 EStG liegt darin, dass die Gewinnermittlung ausschließlich durch BV-Vergleich iSd § 4 Abs 1 S 1 EStG bzw § 5 EStG erfolgen darf. Dies bedeutet, dass nicht nur StPfl, die sich pauschaler Gewinnermittlungen iSd §§ 5a u 13 EStG bedienen, von der Thesaurierungsbegünstigung ausgeschlossen sind, sondern auch solche StPfl, die sich der Einnahmenüberschussrechnung iSd § 4 Abs 3 EStG bedienen.
Rn. 31
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Letzteres stößt in der Literatur auf Widerspruch und erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken (s insbesondere Wacker in Schmidt, § 34a EStG Rz 12, 40. Aufl 2021; Bäuml in Kanzler/Kraft/Bäuml, § 34a EStG Rz 41, 1. Aufl 2016; Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645; Wissenschaftlicher Beirat des Fachbereichs Steuern bei der Ernst & Young AG, BB 2005, 1653).
Rn. 32
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Diesen verfassungsrechtlichen Bedenken ist mE zuzustimmen, da der Gesetzgeber weder in BT-Drucks 16/4841, 63 noch an anderer Stelle diese Ungleichbehandlung in überzeugender Art und Weise begründet. § 4 Abs 3 EStG eröffnet gerade StPfl, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse aufzustellen, die Möglichkeit, den Gewinn als Überschuss der BE über die BA zu ermitteln.
Rn. 33
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Bei einem Blick in die §§ 140 und insbesondere 141 AO lassen sich folgende Beobachtungen anstellen: Gemäß § 141 Abs 1 S 1 Nr 1–5 AO sind gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte ab einem Gesamtumsatz iSd § 19 Abs 3 S 1 UStG von mehr als 600 000 EUR oder selbstbewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Flächen mit einem Wirtschaftswert von mehr als 25 000 EUR oder einem Gewinn aus Gewerbebetrieb oder LuF von mehr als 60 000 EUR im Kj dazu verpflichtet, Bücher zu führen und damit von der Einnahmenüberschussrechnung auf den BV-Vergleich umzustellen. Eine bislang nicht explizit ausgesprochene Erklärung für die Nichtberücksichtigung solcher Unternehmen, die ihre Gewinne iRd Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, könnte der Umstand sein, dass Unternehmen, die die oben genannte Schwellenwerte nicht überschreiten, nicht dem Verständnis ertragstarker PersGes und Einzelunternehmen des Gesetzgebers entsprechen.
Rn. 34
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Hierbei fällt jedoch eine Gruppe StPfl durch das Raster, und zwar die der Freiberufler, die nicht vom Anwendungsbereich des § 141 AO erfasst sind und die – sofern keine anderweitigen Regelungen dies vorschreiben – auch bei Überschreiten der oben genannten Schwellenwerte nicht verpflichtet sind, von der Einnahmenüberschussrechnung zum BV-Vergleich zu wechseln.
Rn. 35
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Während Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte bei Überschreitung der Schwellenwerte bereits durch die Regelungen des § 141 AO zum BV-Vergleich wechseln müssen, kommt die Regelung des § 34 Abs 2 EStG gerade für Freiberufler einer Verpflichtung durch die Hintertür gleich, da Letztere von § 141 AO nicht erfasst sind.
Rn. 36
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Dies kommt insbesondere bei Freiberuflersozietäten zB in der Form einer PartG mbB zur Geltung, wenn diese die vorgenannten Schwellenwerte überschreiten und dem Grunde nach der Vorstellung einer ertragsstarken PersGes des Gesetzgebers entsprechen würden. So können zB Architekten, Ingenieure, aber auch Rechtsanwälte, Steuerberater und Unternehmensberater durchaus im internationalen Wettbewerb mit ausländischen Dienstleistern stehen. Wieso diese dann zwingend auf den BV-Vergleich abstellen sollen, erschließt sich nicht.
Rn. 37
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Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet auch die Tatsache, dass ausschließlich Gewinneinkünfte iSd § 2 Abs 1 Nr 1–3 EStG von der Thesaurierungsbegünstigung erfasst sind und Überschusseinkünfte iSd § 2 Abs 1 Nr 4ff EStG hiervon ausgeschlossen sind (s Bäuml in Kanzler/Kraft/Bäuml, § 34a EStG Rz 41, 1. Aufl 2016; Gragert/Wisshorn, NWB 2007, 14 621). Dem ließe sich allerdings entgegenhalten, dass Überschusseinkünfte iSd § 2 Abs 1 Nr 4ff EStG im PV anfallen und der Gesetzgeber ausschließlich die Förderung nicht entnommener Gewinne und damit eine längerfristige Kapitalbindung in der betrieblichen Sphäre des StPfl im Blick hatte (BT-Drucks 16/4841, 63) und gerade nicht die Verwendung von Gewinnen im private...