A. Grundfall der Nachversteuerung (§ 34a Abs 4 S 1 EStG)
1. Systematik
Rn. 123
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Die Nachversteuerung iSd § 34a Abs 4 S 1 EStG wird im Grundfall vorbehaltlich Abs 5 immer dann ausgelöst,
- wenn der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wj bei einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil (Entnahmeüberhang) in einem Wj,
- den gemäß § 4 Abs 1 S 1 EStG oder § 5 ermittelten Gewinn übersteigt (Nachversteuerungsbetrag),
- soweit zum Ende des vorangegangenen VZ ein nachversteuerungspflichtiger Betrag nach Abs 3 festgestellt wurde.
Mit anderen Worten: Liegt in späteren Jahren der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen über dem Gewinn des betreffenden Jahres, ist nach § 34a Abs 4 EStG insoweit eine Nachversteuerung des festgestellten nachversteuerungspflichtigen Betrags durchzuführen.
Rn. 124
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Zweck der Nachversteuerung ist es, sicherzustellen, dass zunächst thesaurierte und mit dem Sondertarif besteuerte Gewinne im Falle einer späteren Entnahme nachversteuert werden, da lediglich solche Gewinne begünstigt besteuert werden sollen, die als EK in der Gesellschaft verbleiben. Es muss also ein Übergang der begünstigten Gewinne von der begünstigten betrieblichen Sphäre in die von der Vorschrift nicht begünstige private Sphäre des Einzelunternehmers oder Mitunternehmers erfolgen. Es muss folglich eine Entnahme von ursprünglich thesaurierten Gewinnen erfolgen, wobei gemäß BMF v 11.08.2008, BStBl I 2008, 838 Rz 14 nicht zwischen Bar-, Sach- oder Nutzungsentnahmen zu unterscheiden ist. Sie alle führen unter den in s Rn 123 genannten Bedingungen zu einer Nachversteuerung ursprünglich begünstigt besteuerter Gewinne. Es führen aber auch entnahmeunabhängige bzw fiktive Entnahmetatbestände gemäß § 34a Abs 6 EStG zu einer Nachversteuerung iSd § 34a Abs 4 EStG (s Rn 179ff).
2. Nachversteuerungsbetrag
Rn. 125
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Ausgehend von den obigen Ausführungen ist der Nachversteuerungsbetrag wie folgt zu ermitteln (s Dörfler/Graf/Reichl, Die geplante Besteuerung von Personenunternehmen ab 2008 – Ausgewählte Problembereiche des § 34a EStG im Regierungsentwurf, DStR 2007, 645, 648):
Rn. 126
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Ergänzend zu den obigen Ausführungen ist zu berücksichtigen, dass im Falle eines Verlustes, dh im Falle eines negativen Gewinns, der Nachversteuerungsbetrag dem positiven Saldo von Entnahmen und Einlagen entspricht. Weiterhin ist der Nachversteuerungsbetrag um die Beträge zu vermindern, die für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) anlässlich der Übertragung des Betriebs oder Mitunternehmeranteils entnommen wurden.
Rn. 127
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Dieser Mechanismus soll anhand der nachfolgenden Beispiele erläutert werden. Abgestellt werden soll hierbei wiederum auf die in s Rn 118 dargestellten drei Fallkonstellationen unter der vereinfachenden Annahme, dass der nachversteuerungspflichtige Betrag zum Ende des VZ (Vorjahr) jeweils unverändert bleibt und damit den Werten in s Rn 118 entspricht. Die Kalkulationen werden jeweils für den Gewinnfall und für den Verlustfall modelliert.
Rn. 128
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Gewinnfall
Beispiel 1:
Entnahmen 100 000 EUR, Einlagen 50 000 EUR, Gewinn 10 000 EUR, nachversteuerungspflichtiger Betrag 105 294,75 EUR.
Entnahmen |
100 000 EUR |
./. Einlagen |
50 000 EUR |
./. Gewinn |
10 000 EUR |
= Nachversteuerungsbetrag |
40 000 EUR |
Hier ist es so, dass der nachversteuerungspflichtige Betrag iHv 105 294,75 EUR, der in s Rn 118 ff ermittelt wurde, ausreicht, um insoweit den Nachversteuerungsbetrag iHv 40 000 EUR zu bedienen.
Fortschreibung des nachversteuerungspflichtigen Betrags:
Nachversteuerungspflichtiger Betrag zum 31.12. Vorjahr |
105 294,75 EUR |
./. Nachversteuerungsbetrag VZ |
40 000 EUR |
= Nachversteuerungspflichtiger Betrag zum 31.12. |
65 294,75 EUR |
Beispiel 2:
Entnahmen 100 000 EUR, Einlagen 50 000 EUR, Gewinn 10 000 EUR, nachversteuerungspflichtiger Betrag 0 EUR.
Entnahmen |
100 000 EUR |
./. Einlagen |
50 000 EUR |
./. Gewinn |
10 000 EUR |
= Nachversteuerungsbetrag |
0 EUR |
Hier wird die Bedeutung des Ausdrucks "soweit" besonders deutlich, denn rein rechnerisch würde sich im vorliegenden Fall ein Nachversteuerungsbetrag von 40 000 EUR ergeben, jedoch kommt es nicht dazu, da in Beispiel 2 kein nachversteuerungspflichtiger Betrag festgestellt wurde.
Beispiel 3:
Entnahmen 100 000 EUR, Einlagen 50 000 EUR, Gewinn 10 000 EUR, nachversteuerungspflichtiger Betrag 42 117,75 EUR.
Entnahmen |
100 000 EUR |
./. Einlagen |
50 000 EUR |
./. Gewinn |
10 000 EUR |
= Nachversteuerungsbetrag |
40 000 EUR |
Hier ist es so, dass der nachversteuerungspflichtige Betrag iHv 42 117,75 EUR, der in s Rn 118 ff ermittelt wurde, ausreicht, um insoweit den Nachversteuerungsbetrag iHv 40 000 EUR zu bedienen.
Fortschreibung des nachversteuerungspflichtigen Betrags:
Nachversteuerungspflichtiger Betrag zum 31.12. Vorjahr |
42 117,75 EUR |
./. Nachversteuerungsbetrag VZ |
40 000 EUR |
= Nachversteuerungspflichtiger Betrag zum 31.12. |
2 117,75 EUR |
Rn...