1. Kein Antragserfordernis
Rn. 91
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
§ 36 Abs 2 EStG sieht die Anrechnung der entrichteten Vorauszahlungen und der erhobenen Steuerabzugsbeträge auf die ESt des Anteilseigners iRd Durchführung der Veranlagung von Amts wegen vor. Ein gesonderter Antrag des Anteilseigners ist nicht erforderlich.
2. Anrechnung im Erhebungsverfahren
Rn. 92
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Die Anrechnung der Vorauszahlungen und der Steuerabzugsbeträge nach § 36 EStG erfolgt trotz äußerer Verbindung mit der Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid im Erhebungsverfahren mit deklaratorischer Wirkung (BFH BStBl II 2009, 842). Die Zusammenfassung der Festsetzung und der Anrechnung als selbstständige VA in einem Bescheid sind durch reine Zweckmäßigkeitserwägungen der FinVerw veranlasst. Es liegen der Sache nach zwei VA vor, die in der rechtlichen Beurteilung voneinander zu trennen sind (BFH BStBl II 1997, 787).
Rn. 93
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Die Verfügung, mit der das FA die Erstattung eines Betrages anordnet, der sich nach Anrechnung der geleisteten Vorauszahlungen und einbehaltenen Steuerabzugsbeträge auf die ESt-Schuld ergeben hat (Anrechnungsverfügung) ist nach hM ein rechtsbegründender VA (BFH BStBl II 1997, 787; zu den Anforderungen an den notwendigen Inhalt eines Abrechnungsbescheides vgl FG Sa EFG 1996, 46 rkr).
3. Berichtigung der Anrechnung
Rn. 94
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Sieht man in der Anrechnungsverfügung einen selbstständigen VA (hM), so kann dieser, unabhängig von der Bestandskraft der Steuerfestsetzung, nur nach den Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger VA (§ 130 AO) berichtigt werden (H 36 EStH 2019 "Anrechnung"). Wurde ursprünglich zu wenig LSt oder KapSt angerechnet, dürfte insoweit ein nicht begünstigender VA vorliegen, der gemäß § 130 Abs 1 AO innerhalb der Zahlungsverjährung jederzeit zurückgenommen werden kann. Wurde dagegen ursprünglich ein zu hoher Steuerbetrag angerechnet, ist darin ein begünstigender VA zu sehen, der grds nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 130 Abs 2 AO zurückgenommen werden kann (BFH BStBl II 1997, 787; 2007, 742). Zu beachten ist, dass eine fehlerhafte Anrechnung von Steuern in einer Anrechnungsverfügung auch durch einen nachfolgenden Abrechnungsbescheid nur dann zugunsten oder zuungunsten des StPfl geändert werden kann, wenn eine der Voraussetzungen der §§ 129–131 AO oder des § 218 Abs 3 AO gegeben ist (BFH BStBl II 1997, 787; 2007, 742; AEAO zu § 218 Nr 3 AO). Da es sich bei der Anrechnung um einen Akt der Steuererhebung handelt, kann sie bis zum Ablauf der Zahlungsverjährung nach § 228 AO nachgeholt werden.
Rn. 95
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
vorläufig frei
4. Rechtsbehelfe
Rn. 96
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Entsteht Streit zwischen dem StPfl und dem FA über die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen, muss dieser dadurch ausgetragen werden, dass das FA einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs 2 AO erlässt (BFH BFH/NV 1990, 69). Dieser kann nach § 347 AO mit dem Einspruch angefochten und ggf im Wege der Verpflichtungsklage mit dem begehrten Inhalt erstritten werden (BFH BStBl II 1982, 403 [405]).
5. Aussetzung der Vollziehung
Rn. 97
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Die Aussetzung der Vollziehung des ESt-Bescheides führt grds dazu, dass einstweilen die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs (in der Hauptsache) eintritt. Jegliche Verwirklichung des Regelungsinhalts des angefochtenen VA unterbleibt nun. Die materielle Wirksamkeit des angefochtenen Steuerbescheides wird vorläufig ausgesetzt (BFH BStBl II 1968, 503). Nachdem der Große Senat des BFH per Beschluss (BFH BStBl II 1995, 730) entschieden hatte, dass sich die Aussetzung der Vollziehung nach §§ 361 AO, 69 FGO auch auf die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen erstrecke, und sich der BMF dem angeschlossen hatte (BMF BStBl I 1996, 642), änderte der Gesetzgeber durch das JStG 1997 (BStBl I 1996, 1523) die Vorschriften dahingehend, dass die Aussetzung der Vollziehung beschränkt wurde auf die festgesetzte ESt, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen, die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und die anzurechnende KSt (§ 361 Abs 2 S 4 AO, § 69 Abs 2 S 8 FGO). Etwas anderes gilt nur, wenn es zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.