Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 2016
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Für Zuwendungen nach dem 31.12.1998 gelten die neuen Tatbestandsvoraussetzungen, wonach nicht mehr die strafrechtliche Verurteilung, sondern die Erfüllung des objektiven Straftatbestandes ausreicht. Damit kommt das neue Recht auch zur Anwendung, wenn die Leistung des Empfängers bereits vorher erbracht wurde. Bilanzierende dürfen keine Rückstellung mehr bilden bzw müssen diese zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder auflösen.
Rn. 2017
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die Vorschrift des § 4 Abs 5 S 1 Nr 10 S 1 EStG erfordert, dass die
Zitat
"Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzbuches oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt."
Rn. 2018
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Zwar kommt es nicht mehr auf eine strafrechtliche Verurteilung an (so bis 1999); jedoch ist strittig, ob für die Erfüllung der rechtswidrigen Tat die Erfüllung des objektiven Tatbestandes ausreicht. Es stellt sich die Frage, ob neben dem objektiven Tatbestand auch der subjektive Tatbestand der Straf-/Bußgeldvorschrift – also vorsätzliches Handeln – erforderlich ist (befürwortend: BFH BStBl II 2021, 703; Stapf, DB 2000, 1097; Wichterich/Glockemann, INF 2000, 2 (Fn 23); ablehnend: Weyand, BBK Fach 10, 788). Letztlich dürfte es auf diesen Streit nicht ankommen, da in den meisten Fällen der Zahlung von Schmier- oder Bestechungsgeldern der Handelnde die Umstände, die den objektiven Tatbestand begründen, kennt und die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale zumindest billigend in Kauf nimmt. Er erfüllt damit den bedingten Vorsatz. Neben der Tatbestandsmäßigkeit (objektiv und evtl subjektiv) muss die Tathandlung nur noch rechtswidrig sein.
Rechtswidrig ist eine Tathandlung, wenn keine Rechtfertigungsgründe (wie zB Notwehr, rechtfertigender Notstand; s besonderen Rechtfertigungsgrund in § 333 Abs 3 StGB) vorliegen. Es kommt nicht darauf an, ob der Betreffende schuldhaft gehandelt hat, ein Strafantrag gestellt wurde (s BT-Drucks 14/23, 169), das Strafverfahren eröffnet wurde oder eine Verurteilung vorliegt. Auch ist unerheblich, ob Strafverfolgungshindernisse vorliegen (zB Verjährung, s Schober in H/H/R, § 4 EStG Rz 1859 (Oktober 2022); Weyand, BBK Fach 10, 788). Es besteht auch keine Bindung an das Ergebnis des strafrechtlichen Verfahrens (Schober in H/H/R, § 4 EStG Rz 1860 (Oktober 2022); Weyand, BBK Fach 10, 788). So greift das Abzugsverbot zB auch dann, wenn mangels hinreichenden Tatverdachts das Strafverfahren nach § 170 Abs 2 StPO eingestellt wurde.
Rn. 2019
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die Vorschrift setzt zunächst voraus, dass eine "Zuwendung von Vorteilen" gegeben ist. Dies setzt voraus, dass Geld- oder Sachvorteile zugewandt wurden. Vergeblich angebotene Vorteile fallen damit aus dem Anwendungsbereich heraus. Das Abzugsverbot greift auch dann nicht ein, wenn überhaupt keine BA vorliegen (zB Rabattgewährung, zinsloses Darlehen). Denn in den Fällen der Einnahmeminderung kommt die Vorschrift nicht zur Anwendung (Weyand, BBK Fach 10, 788). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Empfänger die Vorteile erhalten hat. Maßgeblich ist allein, ob der Zuwendende BA hatte (Schober in H/H/R, § 4 EStG Rz 1853 (Oktober 2022)). Ob Aufwendungen iSv § 4 Abs 4 EStG betrieblich veranlasst sind, obliegt einer rechtlichen Beurteilung; eine Verständigung über Rechtsfragen bzw -folgen wäre unbeachtlich (BFH BStBl II 2021, 703 Rz 34).
Der Zuwendende muss weiterhin auch nicht derjenige sein, der die Zuwendung als BA absetzen will. Erfolgt die Zuwendung durch einen Dritten, ist sie gleichwohl dem StPfl zuzurechnen, wenn dieser die Zuwendung getragen hat. Fungiert der Dritte letztlich nur als (Geld-)Bote, so greift das Abzugsverbot jedoch beim Boten nicht. Es soll eine Doppelbesteuerung dadurch verhindert werden (BGH BFH/NV 2011, 188).
Zu den Zuwendungen gehören auch die damit zusammenhängenden Aufwendungen (zB Reise-, Transport-, Telefon-, Beratungs-, Verteidigungskosten, Kosten eines Strafverfahrens, Aufwendungen, die aufgrund einer im Strafurteil ausgesprochenen Verfallsanordnung entstehen; s BFH BStBl II 2014, 684; Pelz, DStR 2014, 449 mwN). Ein allgemeiner Veranlassungszusammenhang zwischen den Vorteilen und den damit zusammenhängenden Aufwendungen reicht für § 4 Abs 5 S 1 Nr 10 EStG aus (BFH BStBl II 2014, 684). Ein besonders enger (unmittelbarer, qualifizierter, zwingender) Zusammenhang zwischen der Zuwendung von Vorteilen und den Aufwendungen ist nicht erforderlich (BFH BStBl II 2014, 684).
Rn. 2019a
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Nach FG Nds vom 13.06.2019, 11 K 11 054/16 (ebenso FG Nds vom 13.06.2019, 11 K 11 085/16 und FG Nds vom 13.06.2019, 11 K 11 092/16) greift das Abzugsverbot des § 4 Abs 5 S 1 Nr 10 EStG bereits dann ein, wenn der objektive Tatbestand des § 299 Abs 2 StGB erfüllt ist. Der subjektive Tatbestand sei nicht entscheidend; gegen alle drei FG-Urteile Rev BFH: die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes gehört zu den Voraussetzungen (BFH vom 15.04.20...