Rn. 226
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
In besonders gelagerten Fällen können die Rechtsfolgen der Entnahme auch ohne eine ausdrückliche/schlüssige Entnahmehandlung durch einen (bloßen) Rechtsvorgang, der das WG aus dem BV ausscheiden lässt, ausgelöst werden (grundlegend BFH v 07.10.1974, GrS 1/73, BStBl II 1975, 168). Als einen solchen besonders gelagerten Fall einer mittelbaren Entnahme hat der BFH den Erbfall angesehen (BFH v 07.10.1974, GrS 1/73, BStBl II 1975, 168), der zu einer Zwangsentnahme des Sonder-BV beim Erblasser führt, wenn die Erben nicht in die Gesellschafterstellung nachrücken (BFH v 24.04.1975, IV R 115/73, BStBl II 1975, 580; BFH v 07.02.1980, IV R 178/76, BStBl II 1980, 383), zu Gesellschafterwechsel bei Mitunternehmerschaften im Erbfall s § 15 Rn 5 7ff (Bitz).
Auch der Wegfall der tatbestandlichen Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung (s § 15 Rn 300 (Bitz)) ist als ein solcher zur Totalentnahme (Betriebsaufgabe) zwingender Rechtsvorgang beurteilt worden (BFH v 13.12.1983, VIII R 90/81, BStBl II 1984, 474; BFH v 25.08.1993, XI R 6/93, BStBl II 1994, 23 mwN zur personellen Entflechtung durch Anteilsveräußerung; BFH v 05.12.1996, R 83/95, BStBl II 1 997 287 zur sachlichen Entflechtung).
Desgleichen kann die Verpfändung von WG des BV (zB Forderungen/Wertpapiere) bei Verwertung für private Zwecke zur mittelbaren Entnahme führen (FG D'dorf v 30.11.2004, EFG 2005, 344 rkr).
Das grundsätzliche Erfordernis des Entnahmewillens (s Rn 204) wird hier überlagert vom tatsächlichen Wegfall von Tatbestandsmerkmalen für das Fortbestehen von BV. Die Rspr versteht Entnahmen ohne Entnahmehandlung demgemäß als Ausnahmefälle und beschränkt diese auf Rechtsvorgänge, die die zuvor bestehenden Voraussetzungen für das Vorliegen von BV endgültig beseitigen (BFH v 20.11.2003, IV R 21/03, BStBl II 2004, 272). Die Substitution der Entnahmehandlung durch einen Rechtsvorgang erfolgt mit der legitimen Intention der Erfassung stiller Reserven.
Rn. 227
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Keine Substitution der Entnahmehandlung hat die Rspr bei folgenden Rechtsvorgängen angenommen:
Rechtsprechungsänderung, in deren Folge die zuvor angenommene BV-Eigenschaft eines WG nicht mehr angenommen werden kann; hier ist zu differenzieren zwischen fehlender BV-Eigenschaft
- ab einem bestimmten Zeitpunkt: keine Entnahme durch die Wertung, dass ein WG nicht mehr BV werden könnte, soweit nicht notwendiges PV vorliegt ("geduldetes BV", zB BFH v 21.08.2012, VIII R 11/11, BStBl II 2013, 117 zu Kfz im gewillkürten BV),
- von Beginn an (rückwirkende Klarstellung): Ausbuchung zum Buchwert, Bsp Aufgabe der Ehegatten-Rspr/Vermutung gleichgerichteter Interessen zur Beurteilung der Beherrschungsidentität bei Betriebsaufspaltungen (BFH v 17.03.1987, VIII R 36/84, BStBl II 1987, 858), Rspr-Änderung zu Einstimmigkeitsabreden bei Betriebsaufspaltung (BFH v 15.03.2000, VIII R 82/98, BStBl II 2002, 774).
- Rechtsänderungen: Das Eingreifen einer anderen als der bis dato geltenden Besteuerungsvorschrift bei gleichbleibendem Sachverhalt ist kein Rechtsvorgang, der eine mittelbare Entnahme auslöst (BFH v 29.10.1981, IV R 138/78, BStBl II 1982, 381; BFH v 13.12.1983, VIII R 90/81, BStBl II 1984, 474; FG Köln v 19.02.1997, 11 K 5429/90, EFG 1997, 1178).
- Abschluss eines DBA mit Freistellungsmethode, das das Besteuerungsrecht für ausländische Betriebsstätteneinkünfte dem Belegenheitsstaat zuweist (BFH v 16.12.1975, VIII R 3/74, BStBl II 1976, 246); mit SEStEG v 07.12.2006 allerdings Einführung eines allgemeinen Entstrickungstatbestands in § 4 Abs 1 S 3 EStG, der nach Auffassung der FinVerw den Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland auch durch den Rechtsvorgang des Abschlusses/der Änderung eines DBA einer Entnahme gleichstellt (BMF v 26.10.2018, BStBl I 2018, 1104), s Rn 248a.
- Aufgabe der Nutzungswertbesteuerung ist nicht bereits Entnahmehandlung, da gesetzliche Voraussetzungen für die Annahme von BV nicht endgültig beseitigt (BFH v 20.11.2003, IV R 21/03, BStBl II 2004, 272; BMF v 02.04.2004, BStBl I 2004, 442; vgl auch BFH v 01.07.2004, IV R 10/03, BStBl II 2004, 947 zum Entnahmeprivileg gemäß § 52 Abs 15 S 8 Nr 2 EStG aF (jetzt § 13 Abs 5 EStG, s § 13 Rn 90ff (Mitterpleininger)).
Rn. 228–234
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
vorläufig frei
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