Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
a) Anwendung bei PersGes
Rn. 1658
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die Beschränkung des Abzugs der betrieblichen Schuldzinsen führt bei PersGes bzw Mitunternehmerschaften auch in der geänderten Fassung zu einer Reihe offener Fragen und wirft hinsichtlich der Anwendung nicht unerhebliche Probleme auf. Nach dem Gesetzeswortlaut muss für die Ermittlung etwaiger Überentnahmen von der StB der PersGes ausgegangen werden, dh, neben der HB sind die Sonder- und Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter zu berücksichtigen. Demzufolge sind Vergütungen für die Überlassung von WG zur Nutzung durch die Gesellschaft als Einlage und Tätigkeitsvergütungen und Nutzungsentgelte für Gesellschafter (soweit sie tatsächlich ausgezahlt werden) als Entnahmen zu berücksichtigen. Von der Rspr wie auch von der Literatur wurde bisher teilweise vertreten, dass die Berechnung der Überentnahmen nach § 4 Abs 4a EStG gesellschaftsbezogen zu erfolgen hat. Ist jedoch die Überentnahme nur für die Gesellschaft insgesamt zu ermitteln, so bedeutet dies, dass Über- und Unterentnahmen einzelner Gesellschafter miteinander saldiert werden und eine Einschränkung des betrieblichen Schuldzinsenabzugs nur dann gegeben ist, wenn über alle Gesellschafter gerechnet sich insgesamt eine Überentnahme ergibt (FG RP EFG 2006, 185; Heinicke in Schmidt, § 4 EStG Rz 535, 25. Aufl. 2006; Korn/Strahl, KÖSDI 1/2000, 12 281; Wieczorek, Stbg 2000, 301; Kohlhaas, DStR 2000, 901; aA Groh, DStR 2001, 105; Wendt, FR 2000, 431; Ley, DStR 2001, 1005; Prinz, FR 2000, 134; Franz/Seitz, Stbg 2000, 97; Schulze zur Wiesche, DB 2000, 2189).
Die Vertreter einer gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise weisen darauf hin, dass StPfl der Gesellschafter sei und sowohl im Handelsrecht als auch im Steuerrecht Entnahmen und Überentnahmen den Gesellschafter treffen würden (vgl Schulze zur Wiesche, DB 2000, 2189); darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass nur die durchgängige gesellschafterbezogene Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen mit der BFH-Rspr in Einklang stehe (vgl Ley, DStR 2001, 1005 mwH).
Die FinVerw ging zunächst davon aus, dass die Überentnahmeregelung gesellschaftsbezogen anzuwenden ist und Ergänzungs- und Sonderbilanzen einzubeziehen sind. Die steuerliche Hinzurechnung von nicht abzugsfähigen Schuldzinsen solle den Mitunternehmern nach dem Gewinnverteilungsschlüssel hinzugerechnet werden, soweit nicht etwas Abweichendes vereinbart sei. Eine rückwirkende Vereinbarung für die ersten beiden Wj, in denen § 4 Abs 4a EStG anzuwenden sei, werde zugelassen (BMF BStBl I 2005, 1019 Tz 30). Aus der gesellschaftsbezogenen Betrachtung folgt, dass der Kürzungsbetrag von höchstens EUR 2 050/DM 4 000 bei Mitunternehmerschaft nur einmal anzusetzen ist (BMF BStBl I 2005, 1019 Tz 25; FG RP EFG 2006, 185; FG Münster EFG 2003, 74; Kanzler, INF 2000, 513).
Der BFH hat in der Folgezeit entschieden, dass die Schuldzinsenhinzurechnung nach § 4 Abs 4a EStG gesellschafterbezogen zu erfolgen hat (BFH BStBl II 2008, 420; 2012, 10; 2017, 268; 2022, 123). Er ist der Ansicht, dass aus dem Grundverständnis der Mitunternehmerschaft, wonach einerseits der Mitunternehmer dem mitunternehmerischen Verbund angehört, andererseits aber in eigener Person als Subjekt der Gewinnermittlung anzusehen ist, der BFH bereits früher erhöhte Abschreibungen und Sonderabschreibungen einer gesellschafterbezogenen Betrachtung unterworfen habe. Gleiches gelte für die Bildung und Übertragung gewinnmindernder Rücklagen nach § 6b EStG. Vor allem aber aus der wertenden Betrachtung der für die Schuldzinsenkürzung bestimmenden Faktoren ergebe sich die gesellschafterbezogene Betrachtung. So sei für die Korrektur der Kapitalentzug das ausschlaggebende Moment. Damit komme es auf die Frage an, ob die Entnahmen das aus Einlagen und Gewinnen gebildete EK überschreite. Insoweit würden aber nicht nur die Entnahmen des Sonder-BV, sondern auch Entnahmen von WG des Gesamthandsvermögens einer individuellen Zuordnung unterworfen.
Folgt man der Ansicht des BFH so hat diese Sichtweise gesamtgesellschaftlich gesehen Nachteile, da nunmehr Verrechnungen unter den Gesellschaftern nicht mehr möglich sind. Andererseits ergeben sich auch Vorteile für denjenigen, dessen Unterentnahmen bisher mit Überentnahmen anderer Gesellschafter verrechnet werden konnten.
Hinsichtlich des Sockelbetrages von 2 050 EUR/4 000 DM folgt der BFH in der genannten Entscheidung der Ansicht des BMF, so dass der Betrag einmalig betriebsbezogen zu gewähren ist. Die Verteilung auf die einzelnen Gesellschafter erfolgt nicht nach dem Gewinnverteilungsschlüssel, sondern nach den Schuldzinsenquoten der einzelnen Gesellschafter. Dies dürfte zutreffend sein, da diese Vorgehensweise ua sicherstellt, dass die dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnenden Finanzierungsaufwendungen jedenfalls in Höhe des Mindestbetrages aufwandswirksam bleiben.
Weiterhin ist zu beachten, dass eine solche betriebsbezogene Sichtweise dazu führt, dass derjenige, der an mehreren PersGes beteiligt ist, auch mehrfach in den Genuss des anteili...