Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 2237
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Neben den genannten Schätzungsmethoden sind weitere Schätzungsmethoden anerkannt. Sie sind jedoch zum Teil nicht mehr so "genau" wie die anderen. Dazu gehören die Schätzung aufgrund eines Vermögensvergleichs, die Schätzung nach dem Gewinn des Vorjahres mit evtl Zu- oder Abschlägen und die Schätzung des Gewinns nach dem Verbrauch, die eine grobe Unterart der Vermögenszuwachsrechnung ist und bei der auch oft festgestellt werden muss, in welcher Einkunftsart der Gewinn erzielt worden ist. Weiterhin kann das FA auch dann Einnahmen hinzuschätzen, wenn auf dem betrieblichen Konto ungeklärte Kapitalzuflüsse festgestellt werden.
Im zuletzt genannten Fall besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des StPfl, so dass zB ungeklärte Zuflüsse auf einem Betriebskonto – im Gegensatz zu Zuflüssen auf einem Privatkonto – stets als bisher nicht versteuerte Einnahmen gewertet werden können (BFH BFH/NV 2002, 476; BStBl II 1989, 462; FG D'dorf EFG 2003, 502).
Auch kann eine Schätzung im Rahmen einer Geldverkehrs- und Vermögenszuwachsrechnung nicht dadurch in Frage gestellt werden, indem der StPfl der Schätzung des FA lediglich eigene Schätzungen gegenüberstellt (BFH BFH/NV 2011, 1662).
Folgende Schätzungsmethoden sind in der Praxis besonders bedeutsam:
a) Vermögenszuwachsrechnung
Rn. 2238
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die Vermögenszuwachsrechnung (Gesamtvermögensvergleich) löst sich von der Ermittlung des Gewinns im Rahmen einer bestimmten Einkunftsart und schätzt das steuerliche Einkommen eines oder mehrerer Jahre (insbesondere Bp-Zeiträume). Sie basiert auf dem Gedanken, dass der StPfl nicht mehr ausgeben und an Vermögenswerten angesammelt haben kann, als er eingenommen hat. Deshalb wird der Vermögenszuwachs zuzüglich der Ausgaben für den Lebensunterhalt und abzüglich der steuerfreien Zuschüsse schätzungsweise ermittelt.
Die Vermögenszuwachsrechnung unterscheidet sich von der Geldverkehrsrechnung dadurch, dass die Mittelverwendung für Vermögensanlagen stärker betont wird (BFH BStBl II 1990, 268). Barentnahmen und -einlagen werden nicht berücksichtigt. BV kann mit dem Kapitalkontowert angesetzt werden, sofern die Rechnung um die Sachentnahmen und -einlagen berichtigt wird (BFH BStBl II 1990, 268).
Wegen der zentralen Berücksichtigung von Vermögenswerten kommt den Informationen aus der privaten Sphäre des StPfl besondere Bedeutung zu (vgl zur Durchführung der Vermögenszuwachsrechnung BFH BStBl III 1967, 201; Mathiak, StuW 1975, 30; Dörn, DStR 1996, 1925; zur Frage der Beweislast und Beweiswürdigung bei Feststellung eines nichtversteuerten Vermögenszuwachses s BFH BStBl II 1970, 189).
b) Geldverkehrsrechnung
Rn. 2239
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Auch bei der Geldverkehrsrechnung ist der Gedanke maßgeblich, dass ein StPfl in einem bestimmten Zeitraum nicht mehr Geld ausgeben kann, als ihm aus Einkünften oder sonstigen Quellen zufließt, sog Einnahmen-Ausgaben-Deckungsrechnung (BFH BStBl II 1990, 268; 1984, 504; 1974, 591; BFH/NV 2006, 484). Deshalb ist auch bei der Geldverkehrsrechnung zu beachten, dass ihre Erkenntniswerte vor allem aufgrund von Informationen aus der Privatsphäre des StPfl gewonnen werden. Der Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs und das Übermaßverbot ist zu beachten (Dörn, Stbg 1994, 366). Die Geldverkehrsrechnung spielt zB eine Rolle für die Aufdeckung von Vermögenszuwächsen aus nicht versteuerten Quellen im Fall der Anerkennung von Spielbankgewinnen (Assmann, StBp 1999, 35).
Die Geldverkehrsrechnung geht von (Geld-)Anfangs- und Endbeständen eines Vergleichszeitraums aus, der drei Jahre nicht übersteigen soll (BFH BStBl II 1984, 504; relativierend BFH vom 27.06.2011, VIII B 138/10). Die Anfangs- und Endbestände müssen zutreffen, sonst ist die Geldverkehrsrechnung fehlerhaft (BFH BFH/NV 2009, 912). Die Geldverkehrsrechnung kann sich auf den betrieblichen, den privaten, auf einzelne Teilbereiche oder auf den gesamten Geldverkehr des StPfl beziehen (BFH BStBl II 1990, 268; 1974, 591).
Berücksichtigt werden grds neben Bargeld- auch Bankkontenbewegungen (BFH BFH/NV 2006, 484). Nicht dazu gehören Wechsel- und Scheckbegebungen, da diese noch zu keinen Zu- und Abflüssen führen (BFH BStBl II 1974, 591; BFH/NV 2006, 484). Vermögensveränderungen sind nur zu berücksichtigen, sofern sie mit einer Geldbewegung verbunden sind (Auszahlung oder Rückzahlung eines Darlehens, nicht hingegen der Erlass eines Darlehens oder die Kursveränderung eines Wertpapiers).
Die erklärten Einkünfte sind für Zwecke der Geldrechnungen um Vermögensänderungen und steuerliche Ansätze zu bereinigen, die nicht die Geldrechnung beeinflussen. So ist der Eigenverbrauch wieder abzusetzen; andererseits sind AfA-Beträge und Steuerfreibeträge wieder hinzuzurechnen. AK oder HK sind im Ausmaß und im Zeitpunkt der Zahlung als Geldbedarf anzusetzen. Im Zweifel muss auf den eingangs hervorgehobenen Grundgedanken dieser Rechnung zurückgegangen werden (BFH BStBl II 1974, 591).
Es kann aber auch eine reine Bargeldverkehrsrechnung durchgeführt werden, um ungeklärte Einnahmen aufzudecken (BFH BStB...