Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 725
Stand: EL 94 – ET: 02/2012
Eine weitere Abgrenzungslinie des Geschäfts- oder Firmenwerts bezieht sich auf den Praxiswert von freien Berufen. Der BFH sieht in st Rspr (BFH BStBl II 1991, 595) zwischen dem Geschäfts- und Praxiswert einen wesentlichen Unterschied, demzufolge auch schon vor 1987 auf diesen Praxiswert planmäßige Abschreibungen zugelassen worden sind. Der Praxiswert eines Freiberuflers soll auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis eines Mandanten bzw Mandantenkreises zum beratenden Praxisinhaber bestehen, und dieses Vertrauensverhältnis verflüchtigt sich nach Ausscheiden des Inhabers sehr schnell.
Der BFH hat an dieser Rspr auch nach Einführung der Regelabschreibung für den Geschäfts- oder Firmenwert ab 1986 festgehalten. Zweifel mögen an der Begründung bestehen, denn auch im Bereich der industriellen oder handwerklichen Fertigung kann es entscheidend auf den Beratungsbedarf des Kunden ankommen; in der Wirtschaftswirklichkeit verwischen sich zunehmend die Leistungsinhalte von produktiver und beratender Tätigkeit im herkömmlichen Sinne. Einen "personenbezogenen Gewerbebetrieb" hat der BFH demgegenüber bei einem Frisör (BFH BStBl II 1972, 381) und einer Apotheke (BFH BStBl II 1996, 576) festgestellt und entsprechend auf "Geschäftswert" (statt auf Praxiswert) entschieden (anders Handelsvertreter BFH BStBl II 1977, 201).
Vom Praxiswert zu unterscheiden ist der Mandantenstamm, obwohl regelmäßig der wichtigste Bestandteil des Praxiswertes. Der Mandantenstamm kann deshalb verpachtet werden (BFH BStBl II 1997, 546); ihm soll auch eine kürzere Nutzungsdauer zukommen als dem Praxiswert (BFH BStBl II 1994, 903).
Bei Ärzten stellt sich die Frage nach dem Gehalt der Vertragsarztzulassung, wenn die Praxis verkauft wird. Nach Auffassung des BFH v 09.08.2011, VIII R 13/08, DB 2011, 1799 stellt die Vertragsarztzulassung einen Bestandteil des Praxiswerts dar und ist deshalb als einheitliches WG abzuschreiben.