Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 321
Stand: EL 134 – ET: 02/2019
Sind die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 S 1 EStG erfüllt, ist (1.) die Besteuerungsgrundlage "Gewinn" – auch negativ als "Verlust" zu verstehen – durch BV-Vergleich zu ermitteln. Dies entspricht mit anderem Wortlaut der Vorgabe des § 242 HGB. § 5 Abs 1 EStG hält keine eigenständige Gewinnermittlungsmethode bereit, sondern verweist auf den BV-Vergleich nach § 4 Abs 1 EStG ("Unterschied zwischen dem BV am Schluss des Wj und dem BV am Schluss des vorangegangenen Wj, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen"). Die (verpflichtende/wahlweise) Zuordnung zum BV in Abgrenzung zum steuerlichen PV sowie die Zuordnung von WG bei Bilanzierungskonkurrenz zwischen verschiedenen BV hat ausschließlich nach dem steuerlichen BV-Begriff des § 4 Abs 1 S 1 EStG zu erfolgen. Der Ausweis in der HB geht der BV-Eigenschaft nicht vor (BFH v 05.03.1991, VIII R 93/84, BStBl II 1991, 516; BFH v 19.02.1991, VIII R 422/83, BStBl II 1991, 765 zur – jeweils fehlenden – BV-Eigenschaft von Darlehensschulden), kann allerdings ein Indiz bei der Beurteilung als gewillkürtes BV abgeben (s Rn 141). Umgekehrt kann ein Nichtausweis in der HB den Einbezug des betreffenden WG in den BV-Vergleich nicht hindern, wenn notwendiges BV iSd § 4 Abs 1 EStG (s Rn 125) vorliegt (BFH v 05.12.1989, VIII R 322/84, BFH/NV 1990, 499).
IRd BV-Vergleichs sind (2.) die Aktiv- und Passivposten (BV iS § 4 Abs 1 EStG) nach Maßgabe der handelsrechtlichen GoB auszuweisen (Maßgeblichkeit, s Rn 325ff), soweit nicht iRd Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts ein anderer Ansatz/Wert gewählt wurde (steuerlicher Wahlrechtsvorbehalt, § 5 Abs 1 S 1 Hs 2 EStG, s Rn 327ff) oder ein spezialgesetzlicher steuerlicher Vorbehalt zu beachten ist (§ 5 Abs 6 EStG). Dazu gehören insb die Ansatzvorschriften in § 5 Abs 2–5, 7 EStG sowie die Bewertungsvorgaben der §§ 6–7i EStG.
Rn. 322
Stand: EL 134 – ET: 02/2019
Da der Bestandsvergleich nicht imstande ist, Rechtsfolgenanordnungen, die den Bestand von Bilanzposten unberührt lassen, zu erfassen (insb nichtabziehbare BA, steuerfreie Erträge), schließen an die Ermittlung des Steuerbilanzgewinns als Ergebnis des BV-Vergleichs außerbilanzielle Korrekturen zur Ermittlung des zvE an. Diese Zweistufigkeit der steuerlichen Gewinnermittlung (mit Beschränkung steuerbilanzieller Grundsätze einschließlich Maßgeblichkeit handelsrechtlicher GoB auf die erste Stufe) ist nicht unumstritten (krit Weber-Grellet, BB 2014, 43; Briese, DStR 2016, 2126), entspricht aber zutreffend gängiger Praxis (zB BFH v 06.04.2000, IV R 31/99, BStBl II 2001, 536; BFH v 17.06.2010, III R 43/06, BStBl II 2013, 8; Prinz, DB 2016, 10).
Rn. 322a
Stand: EL 134 – ET: 02/2019
Die Zweistufigkeit der Gewinnermittlung führt mitunter zu Verwerfungen, wenn der Status einer Norm als inner- oder außerbilanzielle Korrekturvorschrift unklar ist, wie im Fall des sog Genussrechtstests gem § 8 Abs 3 S 2 Hs 2 KStG für die Kapitalnehmerseite (korrespondierend für die Kapitalgeberseite § 20 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG), der nach zutreffender hM u gängiger Praxis (stellv Mann, RdF 2018, 93) maßgeblichkeitsbrechend als Grundlage der Abgrenzung steuerlichen EK, dh einer bilanziellen Größe gewertet wird (stellvertretend Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2075 mwN), von der FinVerw allerdings als ausschließlich außerbilanzielle Korrekturvorschrift verstanden wird, die die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB nicht verdränge. Nach OFD NW v 12.05.2016, S 2742–2016/0009-St 131, DB 2016, 1407 war ein Genussrecht, das nach den GoB in der HB keine Verbindlichkeit darstellt, auch in der StB als EK auszuweisen (Ausweismaßgeblichkeit); ein BA-Abzug für die Genussrechtsvergütung kam demgemäß nur in Betracht, wenn
(1) |
das Genussrecht in der HB als FK qualifiziert und |
(2) |
§ 8 Abs 3 S 2 Hs 2 KStG auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe nicht greift, dh das Genussrecht nicht kumulativ ein Recht auf Beteiligung am Gewinn u Liquidationserlös vermittelt). |
Wenngleich die FinVerw nach massivster Kritik aus der Praxis (stellvertretend Altvater/Hübner, RdF 2017, 65; Anzinger, RdF 2018, 64) zwar nicht in der systematischen Beurteilung (weiterhin Qualifizierung als rein außerbilanzielle Korrekturnorm), aber im praktischen Ergebnis eingelenkt hat und Genussrechte nunmehr aufgrund deren schuldrechtlicher Natur nach handelsrechtlichen GoB (abweichend von IDW, HFA 1/94, WPg 1994, 419) generell als FK einstuft, womit ein BA-Abzug (wie vor Beginn der Diskussion) nur noch ausscheidet, wenn § 8 Abs 2 S 3 Hs 2 KStG eingreift, dh kumulativ eine Beteiligung am Gewinn u am Liquidationserlös vorliegt (FinMin NW v 18.07.2018, S 2133–000036-V B 1, DB 2018, 1762), wird die Frage der Verortung der Regelung in der zweistufigen Gewinnermittlung nicht abschließend gelöst.
Dies zeigt sich an Genussrechtsemittenten, die das Genussrechtskapital in der HB aufgrund hinreichender EK-Nähe GoB-konform entsprechend IDW, HFA 1/94 tatsächlich dem EK zuordnen (wie idR angestrebt). Hier trotz tatsächlicher (GoB-k...