Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 2224
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Nach der Rspr des BFH sind gemäß § 162 Abs 1 S 2 AO bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (BFH vom 31.05.2005, IX B 1/05). Das gewonnene Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (vgl BFH BFH/NV 2001, 1217; BFH vom 31.05.2005, IX B 1/05).
Die FinBeh ist berechtigt, bei einer Schätzung an der für den StPfl ungünstigsten Grenze zu bleiben. Sie kann von mehreren möglichen Wertansätzen denjenigen wählen, der für den StPfl nachteilig, aber noch möglich ist (BFH BStBl II 2001, 484; 2001, 381; 1993, 259). Das FA kann bei der Schätzung – mit anderen Worten gesprochen – bis an die obere Grenze des Schätzungsrahmens gehen (BFH BStBl II 2001, 484; BFH/NV 2002, 1415; 2014, 1355).
Der Grund für diese weit reichende Schätzungsmöglichkeit liegt darin, dass die Vernachlässigung der Mitwirkungspflichten nicht dazu führen darf, dass nachlässige StPfl gegenüber denjenigen einen Vorteil erzielen, die ihre Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß erfüllen (BFH BStBl II 1993, 259; BStBl III 1967, 349). Ein StPfl muss es daher hinnehmen, dass die mit jeder Schätzung verbundenen Unsicherheiten zu seinem Nachteil ausschlagen können (BFH BStBl II 1986, 226; 1983, 618).
Ein Mittel, den möglichen Schätzungsrahmen auszuschöpfen, ist der Ansatz von Unsicherheitszuschlägen. Diese Zuschläge dürfen daher umso höher sein, je stärker das Verschulden des StPfl zu werten ist (BFH BStBl II 1993, 259).
Rn. 2225
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Auf der anderen Seite darf die Schätzung jedoch nicht zu einer Strafschätzung werden, indem die FinBeh bewusst zum Nachteil des StPfl schätzt (BFH BStBl II 1993, 259). Ziel der Schätzung bleibt es – auch bei einer Verletzung der Mitwirkungspflichten –, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zugrunde zu legen, für welche die größtmögliche Wahrscheinlichkeit spricht.