Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 263
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Nutzungsentnahme: Entstrickung tritt auch ein, wenn das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich der Nutzungen des WG ausgeschlossen wird. Der Gesetzeswortlaut des § 4 Abs 1 S 3 EStG ist bezüglich der Nutzung eines WG nicht eindeutig. Er lässt offen, ob Nutzungsüberlassungen zur Entnahme des überlassenen WG selbst oder einer Nutzungsentnahme führen sollen (dazu Wassermeyer, DB 2006, 2420). Die FinVerw geht mit R 4.3 Abs 2 S 3 EStR 2012 zutreffend von einer Nutzungsentnahme aus, diese ist zum gemeinen Wert zu bewerten. Erfasst wird die – zeitlich beschränkte – Überlassung von WG, die einem inländischen Betriebsteil zuzuordnen sind, zur Nutzung durch eine ausländische Freistellungsbetriebsstätte. Gleiches gilt bei Nutzung durch mehrere ausländische Freistellungsbetriebsstätten. Adressiert ist hier lediglich die zeitlich beschränkte Überlassung zur Nutzung. Eine dauerhafte (bzw die Restnutzungsdauer des WG im Wesentlichen umfassende) Überlassung zur Nutzung an einem WG kommt mangels Substanzverbleib im Inland einer Überführung des WG gleich.
Dem Gesetzgeber schwebt dabei offensichtlich ein Fremdvergleich vor (entsprechend Betriebsstättenerlass BMF v 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076 Rz 2.4, zuletzt geändert durch BMF v 25.08.2009, BStBl I 2009, 888). Unter fremden Dritten würde ein Nutzungsentgelt vergütet, dieses wird (fiktiv) in Form einer Nutzungsentnahme der deutschen Besteuerung unterworfen.
Beispiel (nach Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1484):
Der Pharmaproduzent P produziert im Inland auf der Grundlage eines Patentes das Medikament M und verkauft es dort. In einer ausländischen Freistellungsbetriebsstätte errichtet er wegen der starken Nachfrage eine weitere Fabrik, in der dieses Medikament aufgrund der deutschen Patente und des hier vorhandenen Know-how produziert und verkauft wird. Eine Lizenzverrechnung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte ist nicht möglich, ebenso eine Weiterbelastung von entsprechenden Entwicklungskosten.
Nach § 4 Abs 1 S 3 EStG soll durch eine fiktive Nutzungsentnahme dasselbe Ergebnis erzielt werden wie bei einer Überführung des Patents und Know-how in die ausländische Betriebsstätte. Akzeptiert der ausländische Staat keine entsprechende Einlage oder andere Abmilderung der Betriebsstättenbesteuerung um eine (fiktive) Nutzungsvergütung, wäre Folge eine effektive Doppelbesteuerung.
Rn. 264–265
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
vorläufig frei