Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 161b
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
Gebäudeteile, die nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stehen, sind selbstständige WG (BFH v 26.11.1973, GrS 5/71, BStBl II 1974, 132). Ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der eigentlichen Gebäudenutzung besteht nicht, wenn ein Gebäudeteil der Gebäudenutzung gegenüber besonderen Zwecken dient (R 4.2 Abs 3 EStR 2012). Ein Anbau an ein bestehendes Gebäude ist ein selbstständiges Gebäude, wenn dieser mit dem Altgebäude baulich nicht verschachtelt ist; die Selbstständigkeit ist zunächst nach bautechnischen Kriterien zu beantworten: Selbstständigkeit setzt baustatische Eigenständigkeit (eigenes Fundament, tragende Mauern) voraus (BFH v 25.01.2007, III R 49/06, BStBl II 2007, 586).
Bei bestehender baulicher Verschachtelung liegt ein selbstständiger Gebäudeteil vor, wenn der Anbau in einem vom vorhandenen Gebäude unterschiedlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht oder an ihm gesondertes Wohnungs- oder Teileigentum besteht.
In diesem Sinne selbstständige WG sind bilanziell vom Gebäude zu trennen und separat Gegenstand der personellen Zurechnung sowie der Zuordnung zum BV/PV. Mit der an den Nutzungs- und Funktionszusammenhang anknüpfenden bilanziellen Separierung selbstständiger WG verfügt das Steuerrecht über eine tragende Basis für eine differenzierte personelle Zurechnung und sachliche Zuordnung von Gebäudeteilen zum BV/PV (aA Ordelheide, FR 1962, 489: Aufteilung gesetzlich nicht gerechtfertigt) ebenso wie für eine differenzierte, den tatsächlichen Verhältnissen angenäherte planmäßige Abschreibung.
Der bilanziellen "Atomisierung" des Gebäudes (krit Wichmann, BB 1990, 975) wird durch den Nutzungs- und Funktionszusammenhang als Aufteilungsgrenze wirksam entgegengewirkt. Eine (weitere) Aufteilung von Gebäuden/Gebäudeteilen bei Nutzung durch mehrere selbstständige Betriebe des StPfl lehnt der BFH ab, wenn ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang vorliegt (Bsp Nutzung ausschließlich zu eigenbetrieblichen Zwecken, BFH v 29.09.1994, III R 80/92, BStBl II 1995, 72). Eine bilanzielle Aufteilung in kleinste Teile wird ferner dadurch zu verhindern versucht, dass eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile von untergeordnetem Wert (nicht mehr als 1/5 des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20 500 EUR) nicht als BV behandelt zu werden brauchen (Zuordnungswahlrecht, § 8 EStDV), dazu s Rn 172.
Selbstständige Gebäudeteile können sowohl beweglich als auch unbeweglich sein. Zu differenzieren sind: