Rn. 1482

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

(Abstrakte) Ansatz-/Bewertungsverknüpfung: Die übernommene Verpflichtung ist gemäß § 5 Abs 7 S 1 EStG beim Übernehmer in der auf die Übernahme folgenden Steuerbilanz so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren gewesen wäre. Ansatz und Bewertung beim Übernehmenden werden am folgenden (und allen weiteren) Bilanzstichtag(en) mit Ansatzverboten, Ansatzbeschränkungen und Bewertungsvorbehalten, denen der ursprünglich Verpflichtete unterlegen hat, dh interpersonell verknüpft. Diese interpersonelle Verknüpfung auf Ansatz und Bewertungsebene ist gleichwohl nur abstrakter Natur (sog abstrakte Fußstapfentheorie).

Hat der Übertragende tatbestandlich in Bezug genommenen Passivierungsbeschränkungen dem Grund nach unterlegen, ist der Übernehmende an diese, nicht aber an einen konkreten (hypothetischen) Bilanzansatz auf den der Übertragung folgenden Bilanzstichtag beim Übertragenden gebunden (Frotscher/Watrin in Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz 448f (März 2019); Tiedchen in H/H/R, § 5 EStG Rz 2422 (Januar 2019); Reddig in Kirchhof/Seer, § 5 EStG Rz 228 (20. Aufl 2021); Prinz, Ubg 2013, 63; Schlotter StbJb 2013/14, 315; Adrian/Fey, StuB 2014, 58; Förster/Staaden, Ubg 2014, 10). Zu diesem Schluss führen das im Konjunktiv formulierte Tatbestandsmerkmal

Zitat

"wie sie […] ohne Übernahme zu bilanzieren gewesen wäre"

ebenso wie der Umstand, dass dem Übernehmenden die konkreten Steuerbilanzwerte des Übertragenden einschließlich deren Ermittlungsgrundlagen (insb auch bei Kettenübertragungen) im Regelfall nicht bekannt sind und insoweit auch keine Informationspflicht des Übertragenden besteht (Frotscher/Watrin in Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rz 448f (März 2019)). Soweit steuerliche Passvierungsbeschränkungen im Einzelfall Wertungsspielräume/Wahlrechte belassen (zB Wahlrechte nach § 6a EStG), können diese unabhängig vom Vorgehen des ursprünglich Verpflichteten ausgeübt werden (BMF v 30.11.17, BStBl I 2017, 1619 Rz 10).

Die AK als Gegenleistung übernommener aktiver WG werden dagegen nicht modifiziert; die Rechtsfolgen des § 5 Abs 7 EStG beschränken sich auf die Passivseite (Schlotter, StbJB 2013/14, 315; Krumm in Blümich, § 5 EStG Rz 242d (März 2020)).

 

Rn. 1483

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Übernahme nach ausländischem Recht begründeter Verpflichtungen: Unterlag der ursprünglich Verpflichtete nicht dem deutschen Steuerrecht (Inbound-Übertragung), ist nach Auffassung der FinVerw – unabhängig davon, ob und in welcher Höhe im Ausland Passvierungsbeschränkungen tatsächlich bestanden – der Wert maßgebend, der nach den Regelungen des EStG oder KStG anzusetzen gewesen wäre, wenn der Übertragende dem deutschen Steuerrecht unterlegen hätte (BMF v 30.11.17, BStBl I 2017, 1619 Rz 9). Dadurch werde sichergestellt, dass der Übernehmer entsprechend des Sinn und Zwecks der Regelungen in § 5 Abs 7 EStG die Verpflichtung unter Berücksichtigung der steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorbehalte ansetzt (BMF, aaO). Die FinVerw leitet damit aus einem fiktiven Sachverhalt einen fiktiven Bilanzansatz ab, der zu einem fiktiven Erwerbsgewinn ("angeschaffter" Gewinn) führt. Damit solle verhindert werden, dass die FinVerw sich mit ausländischen Bilanzierungsregeln auseinandersetzen müsse (Bolik/Selig-Kraft, DStR 2017, 169). Dieses Normverständnis hat zur Folge, dass ein Erwerbsgewinn in Deutschland auch dann entsteht, wenn im Ausland mangels Passvierungsbeschränkung, dh als Folge korrekter Leistungsfähigkeitsmessung, stille Lasten nicht bestehen, was überschießend ist.

Der Wortlaut des § 5 Abs 7 S 1 EStG stellt demgegenüber tatbestandlich für die Ansatz- und Bewertungsverknüpfung darauf ab, dass die übernommenen Verpflichtungen beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten "unterlegen haben", dh knüpft an einen Ist-Zustand, nicht an einen fiktiven Zustand an (Riedel, Ubg 2017, 582; Adrian/Fey, StuB 2018, 88; Prinz/Otto, GmbH 2018, 501). Auch die Gesetzesbegründung stellt auf Passivierungsbeschränkungen ab, "die auch für den ursprünglich Verpflichteten gegolten haben"; der Übernehmer soll den Passvierungsbeschränkungen "weiterhin" unterliegen (BT-Drucks 18/68, 74; BT-Drucks 17/13562, 9). Ausgehend vom Zweck des Normenpakets §§ 4f, 5 Abs 7 EStG, durch Verlagerung von Verpflichtungen eine drohende Hebung stiller Lasten zu Lasten deutschen Steuersubstrats zu vermeiden (s Rn 1472), dürfte bereits zu bezweifeln sein, dass ausländische Passivierungsbeschränkungen tatbestandlich adressiert sind, da eine etwaige Hebung stiller Reserven im Ausland deutsches Steuersubstrat nicht tangiert (vgl auch Förster/Staaden, Ubg 2014, 10). Bejaht man dies dennoch, käme eine Anwendung des § 5 Abs 7 S 1 EStG tatbestandlich nur in Betracht, wenn die übertragene Verpflichtung beim ausländischen ursprünglich Verpflichteten einer Passivierungsbeschränkung tatsächlich unterlag (Riedel, Ubg 2017, 582; Prinz/Otto, GmbHR 2018, 501).

Eine sachliche Rechtfertigung für die bei Inbound...

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