Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 1486
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Grundsatz: Beim Übernehmenden ist § 5 Abs 7 S 1 EStG gemäß S 4 auch bei Übertragung von Pensionsverpflichtungen anzuwenden (entgegen BFH v 12.12.2012, I R 68/11, BStBl II 2017, 1232, wonach § 6a EStG nur für den im Zeitpunkt der Übernahme noch nicht erdienten Teil der Geltung erlangen kann, der erdiente Teil dagegen zu AK zu bewerten ist). Werden im Zuge eines ArbG-Wechsels Pensionsverpflichtungen des bisherigen ArbG gegen ein marktgerechtes Entgelt übernommen, übersteigt dieses typischerweise den beim Übertragenden bisher ausgewiesenen Teilwert nach § 6a Abs 3 S 2 Nr 1 EStG. Um grundsätzlich missbrauchsunverdächtige ArbG-Wechsel unter Mitnahme von Pensionsansprüchen steuerlich nicht zu behindern, ordnet § 4f Abs 1 S 3 EStG Alt 2 für den bisherigen ArbG abweichend von § 4f Abs 1 S 1 EStG (Aufwandsstreckung) die unmittelbare Aufwandswirksamkeit realisierter stiller Lasten an (s § 4f Rn 76 (Briesemeister)).
Bewertungssonderreglung: § 5 Abs 7 S 4 EStG trifft für die Folgebilanzierung beim neuen ArbG Bewertungssonderregelungen, wenn bei einem ArbG-Wechsel bestehende Pensionsverpflichtungen zusammen mit Vermögenswerten übergehen. Durch S 4 wird die wortidentische Richtlinie R 6a Abs 13 EStR 2012 klarstellend (BT-Drucks 18/68, 74) in den Gesetzesrang gehoben. § 5 Abs 7 S 1 EStG ist in diesen Fällen gemäß S 4 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Abs 3 S 2 Nr 1 EStG so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wj der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist, wobei sich kein negativer Jahresbetrag ergeben darf (hierzu einschließlich mathematischer Hintergründe der schwer verständlich formulierten Norm Schulenburg/Lüder, FR 2019, 213; Kraft/Engelstädter BetrAV 2018, 461).
Unterschreitet das Entgelt den Anwartschaftsbarwert der übernommenen Pensionsverpflichtung, ist Konsequenz des § 5 Abs 7 S 4 EStG die rechnerische Splittung der Rückstellungsbewertung beim neuen ArbG in einen durch die übertragenen Vermögenswerte (Entgelt) gedeckten Teil, für den insoweit die Bewertung zum Anwartschaftsbarwert (Barwert iSv § 6a Abs 3 S 2 Nr 2 EStG) erfolgt und einen verbleibenden, nicht durch Vermögenswerte gedeckten Teil der Verpflichtung. Dieser ist im Teilwertverfahren nach § 6a Abs 3 S 2 Nr 1 EStG so zu ermitteln, als wäre vom neuen ArbG eine neue Pensionszusage erteilt worden (Briese, DStR 2019, 943; Schulenburg/Lüder, FR 2019, 215f).
Übersteigt das Entgelt den Anwartschaftsbarwert der übernommenen Pensionsverpflichtung, entsteht ein Übernahmegewinn (Erwerbsfolgegewinn). Durch diese Bewertungssonderregelung soll (zumindest partiell) eine steuerliche Belastung auch des neuen ArbG durch Erwerbsfolgegewinne vermieden werden (Schulenburg/Lüder, FR 2019, 216); zur Diskussion bzgl insoweit gegebener Möglichkeit der Rücklagenbildung nach § 5 Abs 7 S 5 EStG s Rn 1489.
Abstrakte Bewertungsbindung: Auch bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen besteht eine lediglich abstrakte Bindung an die Bilanzierung beim ursprünglich Verpflichteten (s Rn 1482). Demgemäß können bilanzsteuerrechtliche Wahlrechte (insb das Pensionsalter nach R 6a Abs 11 EStR und die Wahl der biometrischen Rechnungsgrundlagen) unabhängig von der Entscheidung des Rechtsvorgängers in Anspruch genommen werden. Desgleichen gilt das Nachholverbot des § 6a Abs 4 EStG in der ersten Schlussbilanz nach Zurechnungswechsel der Verpflichtung nicht (BMF v 30.11.2017, BStBl I 2017, 1619 Rz 26).
Zur Übertragung/Übernahme von Pensionsverpflichtungen aus unmittelbaren Versorgungszusagen (Direktzusagen) s § 6a Rn 323ff (Höfer).
Rn. 1487
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
vorläufig frei