Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Schrifttum:
Hartung, Zur Bewertung von Jubiläumsrückstellungen, DB 1989, 736;
Hartung, Zur Ansammlung von Jubiläumsrückstellungen, BB 1989, 1723;
Grabner, Rückstellungen für Jubiläumsleistungen ab 1993, DB 1992, 2561;
Höfer, Jubiläumsrückstellungen ab 1993, DB 1993, 2241;
Schlotter, Anmerkung zu BFH v 18.01.2007, IV R 42/04, BB 2007, 660.
Verwaltungsanweisungen:
BMF v 08.12.2008, DStR 2008, 2480.
Rn. 912
Stand: EL 99 – ET: 05/2013
Nach früherer BFH-Rspr bestand keine Verpflichtung des Unternehmers, aus einer bestehenden Vergütungszusage zugunsten eines ArbN anlässlich von dessen Dienstjubiläum in der HB eine Rückstellung zu bilden mit der damit verbundenen Passivierungsmöglichkeit in der StB. Diese Rechtsauffassung wurde in BFH BStBl II 1987, 845 aufgegeben.
Der Gesetzgeber reagierte aus ausschließlich fiskalischen Gründen mit einer einschränkenden Regelung in § 5 Abs 4 EStG iVm § 52 Abs 6 aF EStG. Handelsrechtlich wird wohl überwiegend von einer Passivierungspflicht ausgegangen (Küting/Weber, BB 1988, 2280). Es handelt sich um eine Verpflichtung in ungewisser Höhe, für die ein Erfüllungsrückstand innerhalb eines schwebenden Dienstleistungsverhältnisses besteht. Der ArbN ist mit seinen Diensten in Vorlage getreten, wofür der Unternehmer später einstehen muss.
Die Verpflichtung aus Dienstjubiläen ist von derjenigen aus Firmenjubiläen zu unterscheiden; hierfür normale Rückstellungsbildung (BFH BStBl II 2004, 41).
Rn. 913
Stand: EL 99 – ET: 05/2013
Für steuerliche Zwecke gilt diese Rechtslage nur noch für Wj, die vor dem 31.12.1988 enden. Rückstellungen, die für Bilanzstichtage vor dem 31.12.1988 zu Recht wegen Dienstjubiläen gebildet worden sind, sind in den StB ab dem 31.12.1988 mit mindestens einem Drittel des bisherigen Ausweises gewinnerhöhend aufzulösen. Der BFH hält dies für verfassungswidrig (Vorlagebeschluss BFH v 10.11.1999, X R 60/95, BStBl II 2000, 131 an das BVerfG, das BVerfG dagegen nicht (BVerfG v 12.05.2009, 2 BvL 1/00).
Nicht erforderlich für den Rückstellungsansatz ist eine Unwiderruflichkeit oder Vorbehaltslosigkeit. Es genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Erbringung der Vergütung durch das Unternehmen. Anhaltspunkt dafür ist die Handhabung in der Vergangenheit (BFH v 18.01.2007, IV R 42/04, BFH/NV 2007, 828).
Rn. 914
Stand: EL 99 – ET: 05/2013
Nach derzeit gültigem Recht sind Jubiläumsrückstellungen erstmals wieder für Wj zu bilden, die nach dem 31.12.1992 enden, allerdings nur unter Berücksichtigung der Sondervorschriften des § 5 Abs 4 EStG. Die Voraussetzungen, die zur Bejahung der Rückstellungsfähigkeit kumulativ erfüllt sein müssen, sind:
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Rechtsverpflichtung zur Gewährung einer Zuwendung (in Geld- oder Sachwerten) anlässlich eines Dienstjubiläums; |
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Mindestbestand des Dienstverhältnisses von zehn Jahren; |
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Voraussetzung für das Eintreten des Jubiläums muss das Bestehen des Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren sein; |
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schriftliche Zusage; |
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Erwerb der Anwartschaft durch den Zuwendungsberechtigten nach dem 31.12.1992. |
Rn. 915
Stand: EL 99 – ET: 05/2013
Obwohl gegen die Gesetzesregelung verfassungsrechtliche Bedenken bestehen (s Vorlagebeschluss des BFH v 10.11.1999, X R 60/95, BStBl II 2000, 131), wird sich die (steuerliche) Bilanzierungspraxis an der gesetzlichen Regelung einstweilen ausrichten müssen. Im Interesse der Vereinfachung werden die Ansätze in der HB häufig an die Bewertungsvorgaben des § 5 Abs 4 EStG angepasst werden. Auch wer handelsrechtlich eine Bilanzierungspflicht eines höheren Betrages nach Maßgabe der GoB verlangt, wird idR im Hinblick auf den letztlich unwesentlichen Unterschiedsbetrag den niedrigeren steuerlichen Wertansatz akzeptieren. Die HB passt sich dann insoweit an die "Maßgeblichkeit" der fiskalpolitischen Vorgabe an.
Rn. 916
Stand: EL 99 – ET: 05/2013
In dem erstmals zum jetzigen Gesetzesstand beim BFH anhängig gewordenen Rechtsstreit (BFH v 18.01.2007, IV R 42/04, BFH/NV 2007, 828) ging es um die Auslegung des Schriftformerfordernisses. Es bestand eine Betriebsvereinbarung, derzufolge die Jubiläumsgaben ohne Rechtsanspruch gewährt wurden. Das FA folgerte daraus die Nichteinhaltung der Schriftform. Dem ist der BFH nicht gefolgt: Die allg gültigen Kriterien der Rückstellungsbildung würden durch die spezielle Gesetzeslage für die Dienstjubiläumsverpflichtungen nicht ausgehebelt. Insb geht es um die Frage der Auslegung von Wahrscheinlichkeitskriterien (s Rn 873). Das BMF v 08.12.2008, DStR 2008, 2480 hat sich dieser Rspr angeschlossen. Bisher nicht gebildete Rückstellungen sind in den Grenzen der Bilanzberichtigung (s Rn 536) nachzuholen.