ba) Arbeitnehmer
Rn. 77
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Der ArbN kann gegen den an seinen ArbG gerichteten Haftungs- bzw Nachforderungsbescheid Einspruch einlegen, soweit er persönlich für die nachgeforderte LSt in Anspruch genommen werden kann (s BFH BStBl III 1951, 73; 1959, 351; BStBl II 1973, 780; 1985, 170; 2020, 241; FG Mchn EFG 1997, 783; FG Münster EFG 2016, 1852 mit Anmerkung Wackerbeck; H 42d.1 LStH 2021 "Rechtsbehelf gegen den Haftungsbescheid"; Meyer, DStJG 40 (2017), 214). Als Dritter kann der ArbN nur Einwendungen geltend machen, wenn eine Beeinträchtigung seiner Rechtssphäre und nicht nur seiner Interessensphäre vorliegt (FG Nds EFG 2009, 1904). Da der Haftungsbescheid gegen den ArbG idR nicht dem ArbN bekanntgegeben wird, läuft ihm gegenüber nicht die Einspruchsfrist. Er kann jedenfalls bis zum Ablauf der Jahresfrist den Haftungsbescheid anfechten (BFH BStBl II 2020, 241; s zur Einspruchsfrist auch Beyer, AO-StB 2021, 269).
In einem finanzgerichtlichen Verfahren gegen den ArbG muss der ArbN nicht beigeladen werden (BFH BFH/NV 1989, 113). Der ArbN kann aber nach § 60 Abs 1 FGO beigeladen werden (FG Köln v 04.05.2017, 13 K 1491/15; Levedag in Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 60 Rz 83 mwN). Dagegen ist in einem allein vom ArbN veranlassten Einspruchsverfahren der ArbG notwendigerweise hinzuzuziehen, § 360 Abs 3 AO (H 42d.1 LStH 2021 "Rechtsbehelf gegen den Haftungsbescheid"), bzw im Klageverfahren notwendig beizuladen (BFH BStBl II 1973, 780).
bb) Arbeitgeber
Rn. 78
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Der ArbG kann gegen den Haftungsbescheid bzw Nachforderungsbescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides Einspruch einlegen. Nach der Rspr des BFH werden die Einwendungen des ArbG auf solche beschränkt, die das Arbeitsverhältnis unmittelbar betreffen (BFH BStBl III 1953, 121; 1956, 340; s auch FG Sa EFG 2020, 908 zum Anspruch auf Aussetzung der Vollziehung (AdV), wenn das FA seiner Pflicht zur Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen nach § 364 AO nicht nachgekommen ist). Der ArbG kann keine Ermäßigungsgründe vorbringen, die in der Person des ArbN liegen (zB der ArbN habe versäumt, im Verfahren der Eintragung von Freibeträgen auf der LSt-Karte oder im LStJA bestimmte Steuerermäßigungen geltend zu machen), denn der ArbG ist an die Eintragungen auf der LSt-Karte gebunden (BFH BStBl II 1973, 423; 1974, 756). Gleiches gilt für die übermittelten LSt-Abzugsmerkmale. Auch insoweit ist der ArbG an diese gebunden.
Auch andere WK oder SA des ArbN kann der ArbG nicht geltend machen. Es würde dem Charakter des LSt-Abzugs an der Quelle nicht entsprechen, wenn der ArbG wie bei der Veranlagung des ArbN diese Einwendungen geltend machen könnte (vgl BFH BStBl II 1974, 756; 2008, 597 unter II.2.; aA Krüger in Schmidt, § 42d EStG Rz 60 mwN, 40. Aufl).
Im Ergebnis sollte mE nicht mehr an LSt abgeführt werden als materiell-rechtlich zutreffend. Da die Haftungsschuld von der LSt-Schuld abhängt, kann der ArbG einwenden, die LSt-Schuld des ArbN bestehe nicht, nicht mehr oder nicht in der Höhe (Offerhaus, StbJb 1983/84, 291, 296 mwN).
Nach BFH BStBl II 1978, 682 kann der ArbG nicht ein Mitverschulden des FA einwenden, wenn dieses über einen längeren Zeitraum unterlassen hat, die nicht abgeführte LSt beizutreiben. Das Mitverschulden ist allenfalls iRd Ermessens zu berücksichtigen (so BFH BStBl II 2009, 342).
bc) Erstattungsanspruch
Rn. 79
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Hat der Rechtsbehelf des ArbG gegen den Haftungsbescheid bzw Nachforderungsbescheid Erfolg, steht ihm der Erstattungsanspruch aus § 218 Abs 1 AO zu; sein Erstattungsanspruch geht dem Erstattungsanspruch des ArbN aus § 37 Abs 2 AO vor, BFH BStBl III 1963, 226.
Rn. 80
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
vorläufig frei