Rn. 30
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Anders als bei der LSt ist nicht die (objektiv) einzubehaltende, sondern die tatsächlich einbehaltene KapSt anzumelden und abzuführen; s § 44 Abs 1 S 5 EStG und § 45a Abs 1 S 1 EStG; der Fall des Abzugs nach § 50a EStG ist nicht mehr voll vergleichbar, seitdem das JStG 2009 mit § 50a Abs 3 EStG nF den Ausnahmefall der Netto-Bemessungsgrundlage eingeführt hat.
Rn. 31
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Von daher ist auch eine Festsetzung nach § 167 AO deutlich problematischer als bei der LSt. Namentlich eine Festsetzung im Schätzungswege ist nur rechtmäßig, wenn von einem vorherigen Einbehalt von KapSt ausgegangen werden kann und eine Anmeldung nicht erfolgt ist. Ebenso berechtigt auch eine abweichende Rechtsansicht des FA in den Fällen des § 45a Abs 1 S 2 EStG – Anmeldung auch bei nicht oder nur niedriger vorzunehmendem KapSt-Abzug – nicht zu einer abweichenden Festsetzung, weil auf den tatsächlichen Einbehalt abzustellen ist und nicht auf die rechtliche Beurteilung.
Es muss nämlich davon ausgegangen werden, dass in diesen Fällen gar keine oder nur die niedrigere KapSt einbehalten wurde. Dagegen kann nach einer Außenprüfung nach § 167 Abs 1 S 3 AO verfahren werden, denn der Entrichtungspflichtige erkennt als Haftungsschuldner seine Zahlungspflicht an, deren Abwicklung nur nicht mittels Haftungsbescheids, sondern durch die Steueranmeldung erfolgt.
Rn. 32
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die einer Steuerfestsetzung gleichgestellte Steueranmeldung (§ 168 AO) beruht auf einer sehr groben Ermittlung der KapSt, die voll in die Hand des Abzugspflichtigen gelegt ist.
Dennoch ist die Steueranmeldung als Verlängerung des tatsächlichen Einbehalts ein ausreichender formeller Rechtsgrund für das Behaltendürfen gegenüber dem Gläubiger der KapErtr und Steuerschuldner.
Rechtsschutz erreicht dieser nicht durch direkte Anfechtung der KapSt-Anmeldung. Mit dieser wird gerade nicht verbindlich über seine Pflicht zum Dulden des KapSt-Abzugs entschieden. Ebenso wenig kann der Abzugsverpflichtete – der Schuldner der KapErtr oder die auszahlende Stelle – über die direkte Anfechtung der KapSt-Anmeldung eine solche Entscheidung herbeiführen. Eine Anfechtung macht nur Sinn bei zu hoher Anmeldung im Vergleich zum tatsächlichen Einbehalt.
Rn. 33
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Allerdings kann der Abzugsverpflichtete über das Verfahren nach § 44b Abs 5 EStG eine verbindliche Entscheidung des FA über die Einbehaltungspflicht herbeiführen. Dies Verfahren liegt allein in seiner Hand, und es ist auch an ihn allein zu erstatten.
Es handelt sich aber um ein Verpflichtungsbegehren mit allen Folgerungen, namentlich beim vorläufigen Rechtsschutz.
Rn. 34
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Aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes für den Gläubiger der KapErtr muss allerdings auch diesem die Möglichkeit eröffnet werden, eine verbindliche Entscheidung des FA über die Abzugspflichtigkeit bei KapErtr nach dem nationalen Steuerrecht zu erlangen und notfalls eine Erstattung der für seine Rechnung einbehaltenen KapSt zu erreichen. Dies gilt insb, wenn es wegen beschränkter StPfl zu einer Entscheidung iRd Veranlagung nicht kommen kann, sei es, dass diese unterbleibt, oder die Einnahmen nicht einbezogen werden. Die Anfechtung der KapSt-Anmeldung vermag dies nicht zu leisten.
Zur Lösung des Problems bietet sich eine Freistellungsentscheidung des FA an. Dabei kann offenbleiben, ob man sie nur auf § 155 Abs 1 S 3 AO stützt oder ergänzend noch auf eine Rechtsanalogie zu § 50c Abs 1 EStG zurückgreift. Da das EStG keine besonderen Zuständigkeiten für die Erstattung von KapSt nach nationalem Steuerrecht mehr vorsieht, muss die Freistellungsentscheidung nicht immer von dem Betriebsstätten-FA des Schuldners der KapErtr getroffen werden. Auch das FA, das eine Veranlagung für den Gläubiger der KapErtr wegen anderer Einkünfte durchführt, kann eine solche Entscheidung treffen und anschließend einbehaltene KapSt erstatten.
Eine Doppelerstattung durch Vorgehen des Abzugspflichtigen nach § 44b Abs 5 EStG und des Gläubigers iRd besonderen Freistellungsverfahrens ist durch Anwendung des § 36 Abs 2 Nr 2 S 1 EStG vermeidbar. Eine (beantragte) Erstattung liegt auch im Falle des § 44b Abs 5 EStG vor. In diesem Falle ist nach § 45a Abs 4 EStG auch keine KapSt-Bescheinigung zu erteilen und eine erteilte Bescheinigung nach § 45a Abs 6 EStG zurückzufordern.
Wird die Bescheinigung zurückgegeben, scheidet schon mangels Vorlage der Bescheinigung eine Erstattung aus. Im Falle der Nicht-Rückgabe wird das FA des Gläubigers der KapErtr nach § 45a Abs 6 S 3 EStG vom Aussteller unterrichtet.
Rn. 35–39
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
vorläufig frei