Rn. 35

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Der KapSt-Abzug

(1) muss entweder vorgenommen worden sein, obwohl eine Verpflichtung dazu nicht bestand, oder
(2) die zur Abstandnahme berechtigenden Tatbestände (Vorlage von Freistellungsauftrag, NV- oder Überzahler-Bescheinigung) sind erst nach der Abführung der KapSt erfüllt worden.
 

Rn. 36

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Im ersten Fall hat der Abzugsverpflichtete eine KapSt einbehalten, ohne dazu verpflichtet und auch folglich berechtigt zu sein. Er kann fälschlich von einer beschränkten StPfl nach § 49 EStG ausgegangen sein oder die Identität von Gläubiger und Schuldner iSd § 43 Abs 2 EStG übersehen haben. In Betracht kommt auch eine Nichtbeachtung der Möglichkeiten der Abstandnahme nach § 44a EStG.

 

Rn. 37

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Im zweiten Fall hat der Abzugsverpflichtete die KapSt grundsätzlich zu Recht einbehalten; zum entscheidenden Zeitpunkt lagen die zur Abstandnahme berechtigenden Tatbestände gerade noch nicht vor. Die Abstandnahme setzt nach § 44a Abs 2 S 1 EStG voraus, dass die entsprechenden Urkunden zum Zeitpunkt, zu dem der KapSt-Abzug vorzunehmen ist, dem zum Steuerabzug Verpflichteten vorliegen.

Genannt sind der Freistellungsauftrag, NV-Bescheinigung oder Überzahler-Bescheinigung nach § 44a Abs 5 EStG, die FA-Bescheinigung nach § 44a Abs 4 EStG, Erklärung nach § 43 Abs 2 S 2ff EStG oder die dort genannte Bescheinigung für bestimmte Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen. Erwägenswert erscheint aber eine analoge Anwendung auf verspätet vorgelegte Freistellungsbescheinigungen nach § 50d Abs 2 EStG in den Fällen der Befreiung nach § 43b EStG oder nach einem DBA; vgl dazu BFH v 29.01.2015, I R 11/13, BFH/NV 2015, 950.

 

Rn. 38

Stand: EL 141 – ET: 02/2020

Durch das ZollkodexAnpG v 22.12.2014, BGBl I 2014, 2417, ist mit Wirkung vom 01.01.2015 mit dem neuen Abs 5 S 3 des § 44b EStG auf Vorschlag des Bundesrates der zum Steuerabzug Verpflichtete gehalten, die nachgereichten NV-Bescheinigungen oder Freistellungsaufträge im Rahmen seiner Steueranmeldung zu berücksichtigen; dies gilt jedenfalls so lange, wie noch keine Steuerbescheinigung nach § 45a EStG erteilt worden ist.

Damit existiert jetzt aber auch eine klare Regelung, wie lange eine nachträgliche Berücksichtigung vorgelegter NV-Bescheinigungen noch zulässig ist. Diese ist präzisiert worden mit BMF v 31.08.2015, BStBl I 2015, 664. Legt der Gläubiger der KapErtr die Bescheinigung oder den Freistellungsauftrag oder die Erklärung nach § 43 Abs 2 S 3 Nr 2 EStG bis zum 31. Januar des Folgejahres vor, ist die auszahlende Stelle verpflichtet, den vorgenommenen Steuerabzug zu korrigieren. Nach diesem Stichtag kann sie es tun. Bei bereits zwischenzeitlich aufgelösten Konten muss die auszahlende Stelle die vorgelegten Bescheinigungen nicht mehr berücksichtigen. Für die FinVerw führt die Neuregelung zur Vermeidung von Veranlagungsfällen, für die Kreditwirtschaft zu Mehraufwand.

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