A. Personenkreis
Rn. 80
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Die Abstandnahme ist bei unbeschränkt und beschränkt estpfl und kstpfl Gläubigern der KapErtr möglich, mithin nicht für PersGes, weil diese nicht selbst estpfl sind (§ 44a Abs 5 EStG und § 31 Abs 1 KStG iVm § 44a Abs 5 EStG). Sie bietet gegenüber der früheren Erstattungslösung für die betroffenen Gesellschaften einen erheblichen Zins- und Liquiditätsvorteil, Krauss/Meichelbeck, DStR 2015, 333 Nr 1, und für die Verwaltung eine Vereinfachung, wenn es dem StPfl gelingt, die Überbesteuerungssituation allein aus der Art seiner Geschäfte abstrakt abzuleiten, s auch Jansen, FR 2012, 667 Abs V 2a. Die Darlegungslast liegt beim StPfl, da dieser eine für ihn günstigere Regelung begehrt.
B. Betroffene Kapitalerträge
Rn. 81
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Die Abstandnahme ist nicht mehr nur bei den KapErtr nach § 43 Abs 1 S 1 Nr 6, 7 und 8–12 EStG möglich, sondern ab dem 01.01.2013 auch für KapErtr nach § 43 Abs 1 S 1 Nr 1 und 2 EStG eröffnet. Hinzu gekommen sind durch das InvStRefG v 19.07.2016, BGBl I 2016, 1730 ab dem 01.01.2018 die KapErtr gem § 43 Abs 1 S 1 Nr 5 EStG, also die Zuflüsse durch Ausschüttungen und Vorabpauschalen und die Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen gem § 43 Abs 1 S 1 Nr 9 EStG.
Damit wurde die Erstattungsregelung des § 44b Abs 1–4 EStG entbehrlich und durch das AmtshilfeRLUmsG v 26.06.2013, BGBl I 2013, 1809 aufgehoben (zur Neufassung des § 44b Abs 1 und 2 EStG ab dem 01.01.2018 bzw 01.01.2019 s Erläut zu § 44b (Hasselmann)).
Daneben bleibt aber noch die Erstattung durch die Depotbank des Gläubigers des KapErtr nach § 44b Abs 6 EStG.
Rn. 82
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Wegen der Verweisung auf die Vorschriften für die KapSt auf Zinsen in § 7 Abs 1 S 2 InvStG aF galt bis zum 31.12.2017 die Abstandnahme auch bei Voll- oder fast vollständiger Ausschüttung von Investmentvermögen.
Rn. 83
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Bei Voll- oder fast vollständiger Thesaurierung war bei Publikums-Sondervermögen eine Abstandnahme ausgeschlossen, § 7 Abs 4 S 2 InvStG aF.
C. Voraussetzungen
Rn. 84
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Die KapErtr müssen inländische BE des Gläubigers der KapErtr sein.
Rn. 85
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Ferner muss die KapSt aufgrund der Art der Geschäfte auf Dauer höher als die festzusetzende ESt oder KSt sein. Dieser KapSt-Überhang muss der ausgeübten Geschäftstätigkeit derart immanent sein, dass ein anderes Ergebnis nahezu zwangsläufig ausgeschlossen ist, etwa dadurch, dass auf Grund der Art der Geschäfte die KapErtr größtenteils direkt an die Kunden weiter gereicht werden.
Das FG München v 15.03.2021, 7 K 1827/18, EFG 2021, 1383 (Rev BFH VIII R 31/21) hat in seinem Urt die Überzahlungssituation bei einer Führungs- und Funktionsholding an dem Kriterium der "Art der Geschäfte" einer KapGes iSd § 44a Abs 5 S 1 EStG zu beurteilen gehabt. Nach Auffassung des FG München ist dabei auf die tatsächlich ausgeübte Unternehmenstätigkeit und nicht auf den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand abzustellen (s dort Leitsatz 4). Die FinVerw hat gegen dieses Urt Revision eingelegt, deren Ausgang abzuwarten bleibt.
Rn. 86
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Zu solchen Dauerüberzahlern zählen typischerweise Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds und Verwertungsgesellschaften; BFH v 10.07.1996, BStBl II 1996, 38. Auch Holdinggesellschaften in der Rechtsform der KapGes zählen zu dem begünstigten Personenkreis, sofern die Einkünfte fast ausschließlich aus steuerfreien Beteiligungseinkünften bestehen und die Einkünfte aus eigener operativer Tätigkeit nur einen geringen Umfang haben; vgl OFD Hannover, Vfg v 11.02.2002, FR 2002, 543; Krauss/Meichelbeck, DStR 2015, 333 Abs 3.2.i.
Die Neufassung des § 8b KStG macht jedenfalls eine neue inhaltliche Bestimmung des Kriteriums der "Art der Geschäfte" erforderlich. Nicht ausreichend sind aber weiterhin der Einfluss konkreter Marktsituationen wie bei öffentlichen Verkehrsbetrieben, das Bestehen von Verlustvorträgen oder die Auswirkungen konkreter Gestaltungen wie etwa bei Genossenschaften; vgl bei Beuchert/Friese, DB 2013, 2825 Abschnitt V 1 unter Berufung auf die oa Rspr des BFH. Auch reicht die Möglichkeit zu einer andersartigen Gestaltung der Holding-Geschäfte bereits aus, um eine Anwendung der Abstandnahmeregelung auszuschließen, FG Hessen v 13.02.2013, 4 K 559/12, EFG 2013, 1047 Rz 31.
In der Praxis kann es zum Problem werden, dass zwar eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen existiert, zB BFH v 27.08.1997, BStBl II 1997, 817 oder BFH v 29.03.2000, BStBl II 2000, 496, aber eine für die Verwaltung verbindliche definitorische Vorgabe für die Interpretation der abstrakten Tatbestandsmerkmale des § 44a Abs 5 EStG bisher nicht vorliegt; vgl auch bei Krauss/Meichelbeck, DStR 2015, 333 Nr 2 aE sowie Jansen, FR 2012, 667 Nr V 2.
Rn. 86a
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Unternehmen der Lebens- und Krankenversicherung können inzwischen wieder Organgesellschaften sein. Die KapSt wird dann für ihre Rechnung erhoben, aber nicht bei ihnen angerechnet, weil das Einkommen dem Organträger zugerechnet wird. Das KStG...