Rn. 68
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Unternehmer iSd § 2 UStG ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (nachhaltig und) selbständig ausübt. Maßgeblich für die Bestimmung des Unternehmerbegriffs sind umsatzsteuerliche Grundsätze (ausführlich zum Unternehmerbegriff: Fuchsen, StB 2002, 213). Unerheblich ist, ob die Betätigung ertragsteuerlich als LuF, Gewerbebetrieb, freier Beruf, private Vermögensverwaltung oder Liebhaberei eingestuft wird. Wegen der spezifisch umsatzsteuerrechtlichen Betrachtungsweise reicht es aus, dass die Tätigkeit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist. Insbesondere ist keine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich (Tz 14 BMF BStBl I 2022, 1229; Apitz, FR 2002, 10; kritisch: Gebhardt/Biber, EStB 2001, 462). Unternehmer ist schon, wer durch Nutzung seines Vermögens (zB Vermietung von Grundbesitz) nachhaltig und selbständig Einnahmen erzielt.
Rn. 69
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Unerheblich ist, ob USt festzusetzen ist. Deshalb sind auch folgende Unternehmer von der Steuerabzugsverpflichtung erfasst (Ballof, EStB 2004, 167):
- Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG,
- pauschalversteuernde LuF gemäß § 24 UStG,
- Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze tätigen (zB Ärzte, Versicherungsvertreter).
Deshalb haben auch Vermieter oder Verpächter von Grundstücken, die gemäß § 4 Nr 12 UStG nur steuerfreie Umsätze erzielen, den Steuerabzug vorzunehmen, wenn für sie die Zweiwohnungsgrenze gemäß § 48 Abs 1 S 2 EStG und die Bagatellgrenze gemäß § 48 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG nicht eingreifen. Erfasst werden auch Wohnungseigentümergemeinschaften, die nach § 4 Nr 13 UStG steuerfreie Umsätze ausführen (Schmitt/Seitz, Stbg 2001, 669; Beck/Girra, NJW 2002, 1079).
Rn. 70
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Ist der Leistungsempfänger Unternehmer, umfasst dessen Unternehmen seine gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Die Unternehmereigenschaft muss im Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung vorliegen. Unerheblich ist, ob die Unternehmereigenschaft im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder im Zeitpunkt der Erbringung der Bauleistung gegeben ist (aA Gosch in Kirchhof/Seer, § 48 EStG Rz 7 (21. Aufl): Zeitpunkt der Leistungserbringung maßgeblich). Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft richten sich nach umsatzsteuerlichen Grundsätzen (Tz 22 BMF BStBl I 2022, 1229; Fuhrmann, KÖSDI 2001, 13 093; Apitz, StBp 2002, 322). Deshalb unterfallen auch schon Bauleistungen, die ein Leistungsempfänger im Rahmen von Vorbereitungshandlungen vor der Erbringung eigener Leistungen ausführen lässt, der Steuerabzugsverpflichtung.
Rn. 71
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Umstritten ist, ob die Steuerabzugsverpflichtung nur für den unternehmerischen Bereich oder auch für den nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers gilt. Zwar differenziert das Gesetz nicht zwischen unternehmerischen und nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers; insbesondere wird im Gesetz nicht angeordnet, dass die Bauleistung "für das Unternehmen" erbracht werden muss. Dennoch lässt sich aus der Begrenzung des Personenkreises in § 48 Abs 1 S 1 EStG auf Unternehmer iSv § 2 UStG ableiten, dass die Steuerabzugsverpflichtung nur für den unternehmerischen Bereich des Unternehmers gelten soll. Ansonsten müssten Unternehmer, wenn sie Bauleistungen für ihren Privatbereich ausführen lassen, den Steuerabzug vornehmen, während Privatpersonen bei derselben Sachverhaltskonstellation davon verschont blieben. Das wäre eine Schlechterstellung ohne jeden rechtfertigenden Grund.
Deshalb geht auch die FinVerw von einer Begrenzung der Steuerabzugsverpflichtung auf Bauleistungen für den unternehmerischen Bereich aus (Tz 14 und 15 BMF BStBl I 2022, 1229; ebenso: Stickan/Martin, DB 2001, 1441; Eggers, StuB 2001, 1149; Schmitt/Seitz, Stbg 2001, 669; Ebling, DStR 2001, Beihefter zu Heft 51/52; Bruschke, StB 2002, 130; Beck/Girra, NJW 2002, 1079; Apitz, StBp 2002, 322; wohl auch Lieber, DStR 2001, 1470; aA Schroen, NWB Fach 3, 11 683; Gosch in Kirchhof/Seer, § 48 EStG Rz 7 (21. Aufl); Naujok in Lademann, § 48 EStG Rz 68 (November 2017)).
Rn. 72
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Erbringt der Leistende die Bauleistung für ein nur teilweise unternehmerisch genutztes Bauwerk, kommt es nach Ansicht der FinVerw für die Abzugsverpflichtung darauf an, ob die Bauleistung auf den unternehmerisch genutzten oder nichtunternehmerisch genutzten Teil entfällt (konkrete Zuordnung). Ist dies nicht eindeutig, erfolgt die Zuordnung danach, worauf die Bauleistung überwiegend entfällt. Dies kann anhand des Nutz- oder Wohnflächenverhältnisses oder anhand anderer sachgerechter Maßstäbe festgestellt werden (Tz 15 BMF BStBl I 2022, 1229 mit Bsp; ebenso: Schmitt/Seitz, Stbg 2001, 669; Apitz, FR 2002, 10; Beck/Girra, NJW 2002, 1079; aA Ballof, EStB 2004, 167: bei gemischter Nutzung immer Steuerabzug; sehr kritisch wegen fehlender Praxistauglichkeit: Gosch in Kirchhof/Seer, § 48 EStG Rz 7 (21. Aufl)).
Beispiel:
Ein selbstständiger RA betreibt seine Kanzlei in einem ihm gehörenden Gebäude, in dem auch eine von ihm selbst genu...