Rn. 41
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Die Vorschrift verstößt nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Insbesondere können die Voraussetzungen für die Steuerabzugsverpflichtung gemäß § 48 Abs 1 S 1 EStG dem Grunde und der Höhe nach hinreichend bestimmt aus dem Gesetz abgeleitet werden (aA Wübbelsmann, IStR 2003, 802).
Rn. 42
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Im Bereich des Steuerabzugs für Bauleistungen besteht auch kein strukturelles Vollzugsdefizit. Die Erfüllung der sich aus §§ 48ff EStG ergebenden Verpflichtungen ist nicht in deutlich geringerem Umfang sichergestellt, als die Beachtung anderer steuerrechtlicher Vorgaben (BFH I B 160/08, BFH/NV 2009, 377 unter Hinweis auf BFH VIII R 90/04, BStBl II 2006, 61).
Rn. 43
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Im Hinblick auf die Höhe des Steuerabzugs (15 %) liegt auch kein Verstoß gegen das Übermaßverbot vor. Der Gesetzgeber durfte im Interesse der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung von einer Belastung der Nettoumsatzerlöse mit 3,75 % Ertragsteuern und 11,25 % Lohnsteuer ausgehen. Dies gilt auch, wenn im Einzelfall eine niedrigere Belastung besteht (BFH I R 46/17, BStBl II 2020, 552, Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az des BVerfG: 2 BvR 1392/20; FG He v 16.05.2017, 4 K 63/17, EFG 2017, 1351; FG D'dorf v 10.10.2017, 10 K 1513/14 E, EFG 2018, 959: jeweils zum Anlagenbau). Wegen der einzelnen Annahmen, die der Gesetzgeber bei der Ermittlung der Höhe des Steuerabzugs zugrunde gelegt hat, s Rn 7.
Rn. 44
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Dadurch, dass der Steuerabzug für Bauleistungen durch den Leistungsempfänger vorgenommen werden muss, greift das Gesetz in dessen allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art 2 Abs 1 GG ein. Der Leistungsempfänger wird als Verwaltungshelfer in Anspruch genommen, um die ordnungsgemäße Besteuerung des Leistenden bzw von dessen Subunternehmern oder ArbN sicherzustellen. Wird der Steuerabzug nicht ordnungsgemäß vorgenommen, droht die Haftung des Leistungsempfängers. Die Rechtfertigung dieser Eingriffe in die Freiheitsrechte des Leistungsempfängers ergibt sich aus der Notwendigkeit, die illegale Betätigung im Baugewerbe einzudämmen. Die Anforderungen an den Leistungsempfänger sind geeignet, die massive Steuerhinterziehung im Baugewerbe durch Leistende, deren Existenz der FinVerw nicht bekannt ist, zu reduzieren.
Kritisch ist zwar die Erforderlichkeit der Steuerabzugsverpflichtung, die keinen Unterschied danach macht, ob der Leistende im Inland stpfl Einkünfte erzielt oder nur im ausländischen Ansässigkeitsstaat stpfl ist. Insoweit ist allerdings zu bedenken, dass aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität eine Differenzierung nach Maßgabe der StPfl nur unter großen Schwierigkeiten durchzuführen wäre. Außerdem soll der Steuerabzug auch LSt-Ansprüche des Fiskus absichern. Das Gesetz mildert die Eingriffsschärfe zudem dadurch ab, dass der Leistende durch Vorlage einer Freistellungsbescheinigung den Steuerabzug verhindern kann. Schließlich wird durch die Begrenzung des Personenkreises (nur Unternehmer und juristische Personen des öffentlichen Rechts, Ausnahmen für Bagatellfälle) das Verfahren auf diejenigen Leistungsempfänger konzentriert, die den Steuerabzug voraussichtlich auch ordnungsgemäß durchführen können. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung auch zumutbar (aA Kaeser in K/S/M, § 48 EStG Rz A 49 (Februar 2004); Naujok in Lademann, § 48 EStG Rz 27 (November 2017)).
Rn. 45
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Zwar führt der Steuerabzug beim Leistenden dazu, dass er eine um 15 % verringerte Gegenleistung erhält. Dieser Umstand ist jedoch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten grds unproblematisch, weil der Steuerabzug für Rechnung des Leistenden erfolgt. Die einbehaltenen Beträge werden auf die von dem Leistenden zu entrichtenden Steuern angerechnet. Die gleichheitsrechtliche Problematik des Steuerabzugs reduziert sich deshalb auf den Umstand des frühzeitigen Einbehalts an der Quelle; letztlich also auf einen bloßen Zeit- und Liquiditätseffekt. Daher stellt der Steuerabzug auf Bauleistungen – ebenso wie der Einbehalt von KapSt – keinen Verstoß gegen Art 3 GG dar.
Kritischer ist wiederum die Fallgruppe derjenigen Leistenden zu beurteilen, die im Inland keine Steuern zu leisten haben. Zwar steht ihnen das Erstattungsverfahren gemäß § 48c Abs 2 EStG zur Verfügung. Insoweit könnte jedoch eingewandt werden, dass der Einbehalt von 15 % der verdienten Gegenleistung und der Verweis auf ein Rückholverfahren unverhältnismäßig ist, wenn von vornherein feststeht, dass keine Steuern im Inland entstehen. Die Regelung ist aber auch im Hinblick auf diese Fälle nicht verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber die Möglichkeit vorgesehen hat, eine Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b EStG vorzulegen. Somit hat es der Leistende selbst in der Hand, den Steuerabzug zu verhindern und das komplizierte Erstattungsverfahren zu vermeiden.
Rn. 46
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Obwohl sich § 48 EStG in erster Linie – ebenso wie die Vorgängervorschrift in § 50a Abs 7 EStG aF – gegen unseriöse Leistende im B...