Rn. 142
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Der Steuerabzug von der Gegenleistung beträgt gemäß § 48 Abs 1 S 1 EStG 15 %. Die Höhe des Steuerabzugs ist an der potentiellen ESt oder KSt auf den Gewinn aus den Bauleistungen zzgl der LSt für die für die Bauleistungen eingesetzten ArbN ausgerichtet (s Rn 7). Dagegen ist die Höhe des Steuerabzugs nicht daran ausgerichtet, eine Sicherungsfunktion für die USt auf die Bauleistung zu erfüllen. Insoweit besteht nach Ansicht des Gesetzgebers ausreichende Sicherheit durch die umgekehrte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gemäß § 13b UStG. Die Steuerbelastung beträgt – bezogen auf die an den Leistenden und das FA auszukehrende Gegenleistung – 17,64 % (Beck/Girra, NJW 2002, 1079; Schroen, NWB Fach 3, 11 683). Dies liegt daran, dass in die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug die USt einbezogen wird (§ 48 Abs 3 EStG).
Beispiel:
Die Gegenleistung für eine Bauleistung beträgt 100 000 EUR zzgl 19 000 EUR USt.
Der Leistungsempfänger hat an das FA Bauabzugsteuer iHv 17 850 EUR abzuführen (119 000 EUR x 15 %). Von dem verbleibenden Betrag iHv 101 150 EUR ist die USt gemäß § 13b UStG an das FA abzuführen (19 000 EUR). Der Rest ist an den Werkvertragsunternehmer zu leisten (82 150 EUR).
Die Belastung mit Bauabzugsteuer beträgt – bezogen auf die verbliebene Bruttogegenleistung – 17,64 % (17 850 EUR : 101 150 EUR x 100).
Rn. 143
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Auf den Steuerabzugsbetrag wird kein SolZ (Tz 79 BMF BStBl I 2022, 1229) und keine KiSt erhoben. Insoweit fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für einen weiteren Abzug.
Rn. 144
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Der Steuerabzug hat keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerliche Behandlung der Bauleistung. Zum umsatzsteuerlichen Entgelt gehören auch Zahlungen an Dritte. Deshalb ist der einbehaltene und abgeführte Steuerabzugsbetrag bei der Ermittlung des umsatzsteuerlichen Entgelts nicht abzuziehen (Tz 81 BMF BStBl I 2022, 1229).
Beispiel:
Der Leistende erbringt eine Bauleistung iHv netto 100 000 EUR. Die Gegenleistung iSv § 48 Abs 3 EStG beträgt 100 000 EUR zzgl USt 19 000 EUR = 119 000 EUR. Der Steuerabzug gemäß § 48 Abs 1 S 1 EStG beträgt 15 % = 17 850 EUR.
Das umsatzsteuerliche Entgelt setzt sich zusammen aus dem Betrag iHv 82 150 EUR, der an den Leistenden zu entrichten ist, und einem weiteren Betrag iHv 17 850 EUR, der an das FA zu entrichten ist (Zahlung an einen Dritten).
Greift § 13b UStG ein, ist der Leistungsempfänger selbst umsatzsteuerlicher Steuerschuldner, so dass er die 19 000 EUR USt an das FA abzuführen hat (s Rn 131), ansonsten zahlt der Leistungsempfänger an den Leistenden 101 150 EUR (82 150 EUR zzgl USt iHv 19 000 EUR).
1. Zeitpunkt des Steuerabzugs
Rn. 145
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Der Steuerabzug ist im Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung vorzunehmen (BT-Drucks 14/4658, 11). Der Zeitpunkt der Auftragserteilung oder der Zeitpunkt der Erbringung der Bauleistung ist nicht maßgebend (Stickan/Martin, DB 2001, 1441). Auch spielt der Zeitpunkt der Rechnungserstellung keine Rolle. Die Maßgeblichkeit der Erbringung der Gegenleistung bedeutet, dass der Steuerabzug bei jeder Vorauszahlung, Teilzahlung oder nachträglichen Auszahlung eines Sicherheitseinbehalts vorgenommen werden muss (Tz 63 BMF BStBl I 2022, 1229).
Rn. 146
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Für den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerabzugsverpflichtung kommt es auf den Abfluss beim Leistungsempfänger gemäß § 11 Abs 2 EStG an (BFH I R 67/17, BFH/NV 2020, 681; Tz 63 BMF BStBl I 2022, 1229; Schmitt/Seitz, Stbg 2001, 669; Ebling, DStR 2001, Beihefter zu Heft 51/52). Nicht entscheidend ist der Zufluss beim Leistenden oder der Zeitpunkt der Aktivierung der Gegenleistung in der StB des Leistenden.
Der Abflusszeitpunkt ist auch im Fall der Abtretung maßgeblich. Nicht entscheidend ist der Zeitpunkt der Abtretungserklärung (Tz 43 BMF BStBl I 2022, 1229; Schmitt/Seitz, Stbg 2001, 669). Dementsprechend ist auch beim echten oder unechten Factoring oder beim Forderungskauf der Zeitpunkt der Zahlung ausschlaggebend (Tz 43 BMF BStBl I 2022, 1229; Diebold, DB 2003, 1134; ergänzend s Rn 152).
Rn. 147
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Gibt es keinen Abfluss, weil die Gegenleistung im Wege der Aufrechnung gemäß § 387 BGB erfüllt wird, ist für den Steuerabzug der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufrechnungserklärung maßgebend (Apitz, StBp 2002, 366). Liegt zu diesem Zeitpunkt keine Freistellungsbescheinigung vor, hat der Leistungsempfänger den Steuerabzug für Rechnung des Leistenden vorzunehmen (Tz 42 und 63 BMF BStBl I 2022, 1229).
Rn. 148
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Wird die Gegenleistung auf ein Treuhandkonto (zB Anderkonto eines RA) gezahlt, ist der Steuerabzug erst vorzunehmen, wenn die Auszahlung an den Leistenden stattfindet (Kleiner, INF 2001, 744; Schmitt/Seitz, Stbg 2001, 669). Liegt in diesem Zeitpunkt keine Freistellungsbescheinigung vor, muss der Leistungsempfänger sicherstellen, dass der Treuhänder nur 85 % an den Leistenden auszahlt und 15 % an das zuständige FA abführt.
Rn. 149
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
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