1. Tatbestandsmerkmale
a) Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG)
Rn. 173
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Über das Erfordernis des Vorliegens sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 18 EStG erfolgt eine Abgrenzung zur nichtselbstständigen Arbeit und zur gewerblichen Tätigkeit. Nur natürliche Personen unterfallen der Regelung. Ausländische KapGes können auch unter Beachtung der isolierenden Betrachtungsweise nach § 49 Abs 2 EStG (ausführlich dazu s Rn 308ff) keine Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielen (BFH BStBl II 1971, 771; 1974, 511; 1983, 213; 1983, 367).
b) Im Inland ausgeübte oder verwertete Tätigkeit
Rn. 174
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Die Ausübung einer Tätigkeit im Inland ist dann gegeben, wenn ihre wesentlichen Merkmale dort ausgeübt werden (vgl Gosch in Kirchhof/Seer, § 49 EStG Rz 51, 21. Aufl). Die Tätigkeitsart beeinflusst den Ausübungsort, so dass dieser individuell zu bestimmen ist (Bsp vgl Haiss in H/H/R, § 49 EStG Rz 672, August 2019). Zu bejahen ist eine Ausübung im Inland insbesondere bei einem physischen Aufenthalt des StPfl und der persönlichen Erbringung der Arbeitsleistung. Aufgrund des Hinweises auf § 18 EStG sind auch Einkünfte aus einer nur vorübergehenden Tätigkeit stpfl (s § 18 Rn 23 (Güroff)). Die Regelung des § 18 Abs 1 S 3 EStG findet Anwendung, so dass diese Voraussetzungen nicht zwingend gegeben sein müssen. Das Zurückgreifen auf fachlich vorgebildete Arbeitskräfte, welche die Tätigkeit im Inland ausüben, ist ausreichend. Es gilt das sog Arbeitsortsprinzip (BFH BStBl II 1987, 372).
Rn. 175
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Geistige Arbeiten werden dort erbracht, wo sich der eigentliche "schöpferische" Akt vollzieht, nicht wo er vorbereitet wird (Loschelder in Schmidt, § 49 EStG Rz 73, 41. Aufl). Eine virtuelle Tätigkeit (zB Videokonferenz) wird nicht im Inland ausgeübt (vgl Strunk in Korn, § 49 EStG Rz 166, EL 139, 7/2022; Haiss in H/H/R, § 49 EStG Rz 670, August 2019). Tätigkeiten, die nur teilweise im Inland ausgeübt werden, unterliegen auch nur anteilig der beschränkten StPfl (vgl Loschelder in Schmidt, § 49 EStG Rz 73, 41. Aufl). Beispielhaft aufzuführen sind das Inlandskonzert eines ausländischen Künstlers, die Beratungsleistungen eines ausländischen Anwalts oder Steuerberaters am inländischen Wohnsitz des Mandanten (bei Ausübung in inländischer Niederlassung der Beratungsgesellschaft der Sozietät ist bereits § 49 Abs 1 Nr 3 EStG Alt 2 (inlandsfeste Einrichtung oder Betriebsstätte) verwirklicht), der Vertrag eines ausländischen Dozenten oder Redners im Inland oder der inländische Auftritt eines ausländischen Amateursportlers.
Rn. 176
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Der Wortlaut der Norm erfasst auch nachträgliche Einkünfte (BFH BStBl II 1979, 64; 1984, 664; 1987, 372). Die Verlegung der selbstständigen Tätigkeit vom Inland ins Ausland stellt keine finale Betriebsaufgabe dar (BFH BStBl II 2011, 1019).
Rn. 177
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Die Subsidiarität des Verwertungstatbestands (vgl BFH BStBl II 1987, 372 mwN) entäußert sich dadurch, dass eine Verwertung im Inland nur dann von Bedeutung ist, wenn die Tätigkeit im Ausland ausgeübt wird. Verwertung ist jede finanzielle Nutzbarmachung (s Rn 129), die über die bloße Leistungserbringung hinausgeht. Sie liegt vor, "wenn zwar eine persönliche Arbeit im Inland nicht mehr vorliegt, der Erfolg einer im Ausland ausgeübten Tätigkeit aber im Inland eintritt" (BFH BStBl II 1977, 76). Gefordert wird der Niederschlag in einem verwertbaren Produkt oder Recht (Haiss in H/H/R, § 49 EStG Rz 681, August 2019).
Rn. 178
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Bsp für eine Verwertung sind der Verkauf und/oder die Vermietung von selbst geschaffenen Kunstwerken (BFH BStBl II 1987, 372; 1989, 87) oder die Überlassung von Urheberrechten durch den Urheber (BFH BStBl II 1977, 76; 1993, 407).
Rn. 179
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Der Ort der Verwertung muss im Inland liegen und aufgrund der Subsidiarität zum Ort der Ausübung der Tätigkeit verschieden sein (vgl BFH BStBl II 1987, 379). Zwischen der die Tätigkeit verwertenden Person und derjenigen, der sie erbracht hat, muss personale Identität bestehen (BFH BStBl II 1987, 377; 1987, 379 mwN); Verwertung durch einen Dritten scheidet aus.
Rn. 180
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Bei Ausübung oder Verwertung im Inland erfolgt eine vollständige Erfassung der inländischen Einkünfte auch dann, wenn keine Betriebsstätte vorliegt. Hierin wird teilweise ein Verstoß gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung aus Art 3 GG gesehen (Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl Rz 5.198; Loschelder in Schmidt, § 49 EStG Rz 72 aE, 41. Aufl; s Rn 20).
c) Feste Einrichtung oder Betriebsstätte unterhalten
Rn. 181
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Wird die selbstständige Tätigkeit nicht im Inland verwertet oder ausgeübt, besteht seit dem VZ 2004 ggf alternativ der inländische Anknüpfungspunkt über die Unterhaltung einer festen Einrichtung oder Betriebsstätte (vgl zum Anknüpfungspunkt Loschelder in Schmidt, § 49 EStG Rz 72, 41. Aufl). Eine feste Einrichtung ist zu bejahen bei einer Geschäftseinrichtung mit fester örtlicher Bindung im Inland und gewisser Dauer (BFH BStBl II 2007, 100 mwN). Für die zeitliche Komponenten kann eine Zeits...