Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
Rn. 1
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Grundsatz Kj-Bezug der Einkommensermittlung: § 4a EStG ist ein Kind der Abschnittsbesteuerung und ergänzt insbesondere § 25 Abs 1 EStG. Die ESt ist eine Jahressteuer, die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kj zu ermitteln (§ 2 Abs 7 EStG). Nach Ablauf des Kj wird die ESt nach dem Einkommen veranlagt, das der StPfl im betreffenden Kj (= VZ) bezogen hat (§ 25 Abs 1 EStG) und dem für den betreffenden VZ geltenden Tarif unterworfen (§ 32a Abs 1 EStG). Dies gilt im Grundsatz auch für Gewinneinkünfte.
Besonderheit Wj-Bezug der Gewinnermittlung: § 4a Abs 1 EStG ordnet für Land- und Forstwirte sowie Gewerbetreibende die Gewinnermittlung nach dem Wj an. Die Steuer wird auch insoweit auf der Grundlage eines "Jahres" ermittelt, die Besonderheit des § 4a EStG liegt aber darin, dass dieses nicht mit dem Kj übereinstimmen muss (sog abweichendes Wj). Bei zulässigerweise vom Kj abweichendem Wj wird der Gewinn im ersten Schritt Wj-bezogen ermittelt (§ 4a Abs 1 S 1 EStG), wobei § 4a Abs 1 S 2 EStG iVm §§ 8c, 8d EStDV Vorgaben zum Wj machen (s Rn 16, 30ff). In einem zweiten Schritt wird der Gewinn einem konkreten Kj zugewiesen – für Land- und Forstwirte mit Ausnahme von Veräußerungsgewinnen nach zeitanteiliger Aufteilung (§ 4a Abs 2 Nr 1 EStG, s Rn 75ff), für Gewebetreibende ohne Aufteilung dem Kj, in dem das Wj endet (§ 4a Abs 2 Nr 2 EStG, s Rn 80ff).
Für die steuerliche Gewinnermittlung ergibt sich aus § 4a EStG folgende Differenzierung:
- Land- und Forstwirte haben grundsätzlich ein abweichendes Wj (§ 4a Abs 1 S 2 Nr 1 EStG), haben aber sowohl ein Wahlrecht auf ein Sonder-Wj (§ 8c Abs 1 EStDV) als auch ein Wahlrecht auf ein Kj-gleiches Wj (§ 8c Abs 2 S 1 EStDV); eine Umstellung auf ein (anderes) abweichendes Wj kann nur unter der Voraussetzung des Einvernehmens mit dem FA erfolgen (§ 8b S 2 Nr 2 S 2 EStDV);
- ins HR eingetragene Gewerbetreibende haben ein initiales Wahlrecht zwischen Kj-gleichem und abweichenden Wj (§ 4a Abs 1 S 2 Nr 2 ESG) und bei Wahl eines Kj-gleichen Wj unter der Voraussetzung des Einvernehmens mit dem FA (§ 4a Abs 1 S 2 Nr 2 S 2 EStG) zudem das Wahlrecht auf Umstellung auf ein abweichendes Wj;
- nicht ins HR eingetragene Gewerbetreibende (sowie Freiberufler) haben grundsätzlich ein Kj-gleiches Wj (§ 4a Abs 1 S 2 Nr 3 S 1 EStG.
Sinn und Zweck der Regelung ist es, (betriebs-)wirtschaftlichen Besonderheiten (Fruchtfolgen/Ernteperioden in der Landwirtschaft) und handelsrechtlichen Gegebenheiten (zur vereinfachten Anwendung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes gemäß § 5 Abs 1 EStG) Rechnung zu tragen. Dies führt zu erheblichen Vereinfachungen in der steuerlichen Gewinnermittlung. In der Land- und Forstwirtschaft sind die an die Fruchtfolge angepassten abweichenden Wj auf Vereinfachung und Reduktion des Aufwands für eine körperliche Bestandserfassung und Bewertung der im Bestand befindlichen, nicht verkauften Ernte zum Bilanzstichtag gerichtet. Bei Kj-gleichem Wj wäre dieser Aufwand angesichts höherer Bestände ungleich höher. Auch die Anbindung an das handelsrechtliche Geschäftsjahr für eingetragene Gewerbetreibende wirkt vereinfachend bereits dahingehend, dass für Besteuerungszwecke auf die handelsrechtlichen Inventurergebnisse zurückgegriffen werden kann und keine erneute Bestandsaufnahme erfolgen muss.
Durch die Wj-Wahlrechte werden gleichwohl Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Die Umstellung eines Wj kann
- eine "Steuerpause" nach sich ziehen (s Rn 19, 46 f, 53),
- ein zeitliches Vorziehen von AfA oder andere gewinnmindernde Wirkungen mit sich bringen oder
- zur Steuerung des Eingreifens von Gesetzesänderungen oder Übergangsregelungen nutzbar gemacht werden.
Die Umstellung auf ein abweichendes Wj bedarf bei Gewerbetreibenden daher des Einvernehmens mit dem FA (s Rn 53ff).