da) Allgemeines
Rn. 28
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Eine Direktversicherung iSd §§ 4b EStG, 1b Abs 2 S 1 BetrAVG setzt ua voraus, dass dem ArbN oder seinen Hinterbliebenen ein Bezugsrecht (vgl § 159 VVG) erteilt wurde. Bezugsberechtigt sind der ArbN und/oder seine Hinterbliebenen nur, wenn der ArbG dem Versicherer gegenüber eine entsprechende Erklärung abgibt (R 4b Abs 2 S 1 EStR 2012). Die Erklärung hat aufgrund der Versicherungsbedingungen schriftlich zu erfolgen. Das Bezugsrecht kann widerruflich oder auch unwiderruflich ausgestaltet sein (BT-Drucks 7/1281, 33; R 4b Abs 2 S 2 Hs 1 EStR 2012). Selbst im Fall eines nur widerruflichen Bezugsrechts ist es für das Aktivierungsverbot des § 4b S 1 EStG unerheblich, unter welchen Bedingungen der Widerruf zulässig ist (R 4b Abs 2 S 2 Hs 2 EStR 2012).
Rn. 29
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Hat der ArbG dem Versicherer gegenüber nicht (schriftlich) erklärt, dass der ArbN und/oder dessen Hinterbliebene bezugsberechtigt sein sollen, bleibt der ArbG als Versicherungsnehmer bezugsberechtigt.
Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn der ArbG dem ArbN arbeitsvertraglich ein "Bezugsrecht" eingeräumt hat. Diese "Bezugsrechtserteilung" entfaltet im Verhältnis zum Versicherer keine Wirkungen, so dass der ArbN auch nicht vom Versicherer die Leistungen beanspruchen kann. Obwohl der ArbN im Innenverhältnis zu seinem ArbG einen Anspruch auf die Versicherungsleistung aufgrund der Vereinbarung besitzt, wird der ArbG wegen der Stärke seines versicherungsvertraglichen Bezugsrechts den Versicherungsanspruch aktivieren müssen (Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II, Kap 15 Rz 52 (Januar 2023)).
Rn. 30
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Der ArbN kann sich dem Versicherer gegenüber auf ein ihm ursprünglich erteiltes widerrufliches Bezugsrecht auch dann nicht berufen, wenn es der ArbG im Verhältnis zum Versicherer wirksam widerrufen hat. Etwas anderes gilt selbst dann nicht, wenn der ArbN zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben hatte und der ArbG gemäß § 1b Abs 2 S 1 BetrAVG verpflichtet war, das Bezugsrecht nicht mehr zu widerrufen.
db) Das gespaltene Bezugsrecht
Rn. 31
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Das Bezugsrecht muss nicht notwendigerweise für die gesamte Versicherungsleistung gelten (R 4b Abs 3 S 5 EStR 2012). Es kann auch in der Weise erteilt werden, dass der ArbN nur einen Teil der Versicherungsleistungen und der ArbG den anderen Teil beanspruchen kann. Es wird dann vom "gespaltenen Bezugsrecht" gesprochen. Die Gewährung eines gespaltenen Bezugsrechts steht der Einordnung der Lebensversicherung als Direktversicherung iSd §§ 4b EStG, 1b Abs 2 S 1 BetrAVG nicht entgegen. Denn die Legaldefinition der Direktversicherung verlangt nur eine "teilweise" Bezugsberechtigung. Zu den Rechtsfolgen eines gespaltenen Bezugsrechts s Rn 45ff.
Rn. 32
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die Aufspaltung kann in der Weise erfolgen, dass dem ArbN die Versicherungsleistungen nur in einem bestimmten Umfang zustehen sollen (sog quantitative Aufspaltung).
Beispiel:
Der ArbG schließt eine Lebensversicherung auf das Leben des ArbN ab. Diesem wird ein Bezugsrecht für 70 % der Versicherungsleistung eingeräumt.
Der ArbG bleibt hinsichtlich der verbleibenden 30 % bezugsberechtigt.
Rn. 33
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Das Bezugsrecht kann aber auch qualitativ aufgespaltet werden (sog qualitative Aufspaltung). Hierunter wird der Fall verstanden, dass der ArbN nur hinsichtlich bestimmter Leistungsarten bezugsberechtigt ist.
Beispiel:
Der ArbG schließt eine Lebensversicherung auf das Leben des ArbN ab, die auch Hinterbliebenenleistungen vorsieht. Dem ArbN wird nur ein Bezugsrecht hinsichtlich der Altersleistungen eingeräumt.
Der ArbG bleibt somit hinsichtlich der Todesfallleistungen bezugsberechtigt.
Eine solche Bezugsrechtsaufspaltung findet sich in der Praxis vor allem bei unverheirateten ArbN.
Rn. 34
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Das Bezugsrecht kann auch in der Weise aufgespaltet werden, dass dem ArbN oder seinen Hinterbliebenen nur das Bezugsrecht hinsichtlich der Garantieleistung zusteht. Der ArbG hat sich in diesem Fall den Anspruch auf die Überschussanteile (Gewinnanteile, Versichertendividenden) vorbehalten.
Rn. 35
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Es sind auch Kombinationen der genannten Bezugsrechtsaufspaltungen möglich. Es gelten insoweit die zu den drei Bezugsrechtsaufspaltungen gemachten Ausführungen entsprechend.
Rn. 36
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In der Praxis kommen Bezugsrechtsaufspaltungen nicht allzu häufig vor, ua weil sie dem ArbN nicht leicht zu vermitteln sind und sie Abgrenzungsprobleme hinsichtlich der Leistungsaufteilung verursachen können.