a) Grundsatzregelung: die anwartschaftsorientierte Zuwendung
Rn. 53
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
§ 4d Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b EStG regelt die Höhe der zulässigen Zuwendungen zum sog Reservepolster für Leistungsanwärter (zum Begriff s Rn 61). Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks 7/1281, 35f) soll das Reservepolster eine Überbrückungshilfe für den Fall darstellen, dass das Trägerunternehmen nicht imstande ist, bei Leistungsbeginn sofort die Deckungskapitalzuwendung vorzunehmen.
Rn. 54
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Eine Ausfinanzierung der Versorgungsanwartschaft wollte der Gesetzgeber bei Unterstützungskassen wegen des Ausschlusses des Rechtsanspruchs nicht zugestehen.
Rn. 55
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Bis zum 31.12.1991 orientierten sich die Anwärterzuwendungen nicht an dem zugesagten Leistungsvolumen der Versorgungsanwartschaften, sondern an dem Durchschnittsbetrag der von der Kasse für Leistungsempfänger gezahlten Leistungen (BT-Drucks 12/1108, 52f). Diese Regelung war insofern nicht sachgerecht, als die gezahlten Versorgungsleistungen kein zutreffender Maßstab für Anwärterzuwendungen sein können, wenn sie sich vom Niveau der Versorgungsanwartschaften wesentlich unterscheiden (vgl im Einzelnen Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II Kap 9 Rz 148 (Januar 2023)). Zudem befürchtete der Gesetzgeber, dass die Möglichkeit, Anwärterzuwendungen für ArbN jeglichen Alters vorzunehmen, ungerechtfertigte Mittelansammlung zuließe.
Das StÄndG 1992 richtete daher grds die Zuwendungen für Anwartschaften an deren Versorgungsniveau aus und begrenzte die Zuwendung auf diejenigen Anwärter, die das 30. Lebensjahr vollendet hatten.
Zu den unterschiedlichen Mindestaltern in Abhängigkeit vom Zusagejahr s Rn 9c,
- zum Mindestalter 28 auch s Rn 9,
- zum Mindestalter 27 auch s Rn 9b,
- zum Mindestalter 23 s Rn 9c.
Rn. 56
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Diese "Grundsatzregelung" (R 4d Abs 4 S 2 EStR 2012) wird im Folgenden auch als "anwartschaftsorientierte Zuwendung" bezeichnet. Zur Kritik an der Neuregelung, die durch die Einführung eines Mindestalters die Dotierungsmöglichkeiten weiter reduziert und die eine periodengerechte Ausfinanzierung der betrieblichen Altersversorgung während des Erwerbslebens des Begünstigten nicht ermöglicht, Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II Kap 9 Rz 158 (Januar 2023).
Rn. 57
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Bei der anwartschaftsorientierten Zuwendung ergibt sich der jährliche Zuwendungsbetrag aus der Multiplikation der Anwärter, die das Mindestalter vollendet haben, mit dem Betrag ihrer jährlichen Anwartschaften unter Berücksichtigung von Leistungsartfaktoren.
Beispiel:
Ein Trägerunternehmen hat einer Gruppe von 50 Leistungsanwärtern eine lebenslängliche, ab dem Erreichen der Regelgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlende jährliche Altersrente iHv EUR 650 zugesagt. Von den 50 Leistungsanwärtern haben 40 das Mindestalter vollendet.
Die Multiplikation dieser 40 Leistungsanwärter mit dem Betrag ihrer jährlichen anwartschaftlichen Versorgungsleistungen ergibt unter Berücksichtigung des Leistungsartfaktors (s Rn 70ff) für die Altersversorgung: 40 x EUR 650 x 0,25 = EUR 6 500.
Das Trägerunternehmen kann diesen Betrag der Kasse so lange zuwenden, bis das zulässige Kassenvermögen erreicht ist (s Rn 79ff), das wie bei den Leistungsempfängern die Abzugsfähigkeit der Zuwendungen zum Reservepolster zusätzlich begrenzt. Bei den Leistungsempfängern ist dies das mit Hilfe der Vervielfältiger ermittelte Deckungskapital für die laufenden Leistungen, bei den Leistungsanwärtern das Achtfache (s Rn 79) der vorab dargestellten Anwärterzuwendung von EUR 6 500, also 8 x EUR 6 500 = EUR 52 000.
b) Sonderregelung: die leistungsempfängerorientierte Anwartschaftszuwendung
Rn. 58
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Gemäß § 4d Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b S 3 EStG kann das Trägerunternehmen wahlweise aber auch auf die bis zum 31.12.1991 geltende Gesetzesfassung zurückgreifen und die Zuwendungen für Anwartschaften an dem Durchschnittsbetrag der gezahlten Versorgungsleistungen orientieren. Dieser Durchschnittsbetrag darf allerdings im Gegensatz zur Vorgängervorschrift nur mit der Zahl derjenigen Leistungsanwärter vervielfacht werden, die das 50. Lebensjahr vollendet haben.
Diese "Sonderregelung" (R 4d Abs 4 S 3 EStR 2012) wird im Folgenden auch als leistungsempfängerorientierte Anwartschaftszuwendung bezeichnet; zur Kritik an der Sonderregelung vgl Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II Kap 9 Rz 211 (Januar 2023). Insbesondere ist die leistungsempfängerorientierte Anwartschaftszuwendung zu hinterfragen, wenn das Versorgungsniveau der Leistungsempfänger nicht mehr das der Anwärter repräsentiert, weil für die Anwärter ein anderer Leistungsplan gilt.
Rn. 59
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Zwischen der Grundsatzregelung und der leitungsempfängerorientierten Anwartschaftszuwendung besteht ein Wahlrecht für Wj, die nach dem 31.12.1991 begonnen haben. Gemäß R 4d Abs 4 S 5 EStR 2012 bindet die einmal getroffene Wahl das Trägerunternehmen grds für einen Zeitraum von fünf Wj (zur Kritik an der Fünf-Jahres-Frist vgl Stöckler/Karst, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung 3. Teil Rz 277 (Dezember 2022)). Diese B...