Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
Rn. 11
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
§ 4g EStG idF ATADUmsG ist auf unbeschränkt ebenso wie auf beschränkt StPfl anwendbar, dh im Inland unbeschränkt oder beschränkt stpfl natürliche Personen, PersGes oder Körperschaften iS des KStG. Unmittelbar gilt § 4g EStG nur für EStPfl. Die Anwendung für Körperschaften ergibt sich aus § 12 Abs 1 S 1 KStG. Die Anwendung des § 4g EStG bei PersGes ist problematisch. PersGes sind zwar weder unbeschränkt noch beschränkt estpfl, können aber selbst Betriebsstätten im In- und Ausland unterhalten. Diese stellen zugleich Betriebsstätten der Gesellschafter dar (BFH v 16.10.2002, I R 17/01, BStBl II 2003, 631). Durch § 4g EStG jedenfalls erfasst sind Entstrickungsvorgänge bei PersG ohne Rechtsträgerwechsel:
- Werden WG des Gesamthandsvermögens einer PersGes in deren ausländische Betriebsstätte überführt, löst dies eine Entstrickungsbesteuerung nach § 4 Abs 1 S 3, 4 EStG aus (gesellschaftsbezogenen Entstrickung). Ein Entstrickungsgewinn auf Gesamthandsebene kann entsprechend durch Bildung eines Ausgleichspostens in der Gesamthandsbilanz über fünf Jahre gestreckt werden (Kahle/Eichholz, FR 2015, 7, 8 f; Kolbe in H/H/R, § 4g EStG Rz 15; Hallerbach in Kanzler/Kraft, § 4g EStG Rz 5 (Januar 2021); Wied in Blümich, § 4g EStG Rz 5 (März 2021); zweifelnd Heinicke in Schmidt, § 4g EStG Rz 2, (40. Aufl 2021)).
- Werden WG aus dem Sonder-BV eines StPfl in dessen Sonder-BV einer ausländischen Betriebsstätte der PersGes überführt und damit nach § 4 Abs 1 S 3, 4 EStG entstrickt, ist § 4g EStG gleichermaßen anwendbar.
Vor Änderung des § 4g EStG durch ATADUmsG waren nach dem Wortlaut des § 4g EStG aF durch einen Ausgleichsposten lediglich Entstrickungsgewinne neutralisierbar,
Zitat
"soweit das WG infolge seiner Zuordnung zu einer Betriebsstätte desselben StPfl […] gemäß § 4 Abs 1 S 3 als entnommen gilt".
Fälle der Überführung eines WG in eine ausländische PersGes sowie der Überführung in das Sonder-BV des Mitunternehmers bei der ausländischen PersGes wurden daher im Anschluss an die Gesetzesbegründung zum SEStEG (BT-Drucks 16/2710, 57; BT-Drucks 16/3369, 5) mangels BV desselben StPfl als nicht von § 4g EStG erfasst gesehen (zB Reddig in Kirchhof/Seer, § 4g EStG Rz 17 (20. Aufl 2021); kritisch Endert in Frotscher/Geurts, § 4g EStG Rz 14 (Oktober 2020); Kahle in Prinz/Kanzler, Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht Rz 2996 (4. Aufl 2021)). Die explizite tatbestandliche Beschränkung auf "BV desselben StPfl" ist in § 4g EStG idF ATADUmsG entfallen. § 4g EStG stellt nicht mehr auf die Betriebsstätte desselben StPfl ab, sondern nur noch auf den StPfl. Damit sind alle § 4 Abs 1 S 3 EStG unterfallenden Entstrickungsvorgänge bei PersGes (ggf anteilig) ausgleichspostenfähig.
Rn. 12
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
§ 4g Abs 1 EStG aF verengte den Anwendungsbereich der Norm noch auf unbeschränkt StPfl, was unter dem Gesichtspunkt der Niederlassungsfreiheit iS Art 49 AEUV europarechtlich bedenklich war. Da Art 5 Abs 2 ATAD eine Beschränkung auf unbeschränkt StPfl nicht enthält, wurde diese Beschränkung mit ATADUmsG v 25.06.2021 auch im deutschen Recht fallen gelassen (BT-Drucks 19/28652 v 19.04.2021, 33) und der Anwendungsbereich des § 4g EStG damit europarechtskonform erheblich erweitert. Erfolgt die Ausgleichspostenbildung in der Gesamthandsbilanz einer PersG, an der beschränkt StPfl beteiligt sind, entfällt eine nach Rechtslage vor ATADUmsG insoweit noch erforderliche Neutralisierung in deren Ergänzungsbilanz(en).
Rn. 13
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
§ 4g EStG ist anwendbar iRd Gewinnermittlung durch BV-Vergleich. § 4g Abs 4 EStG erweitert die Anwendbarkeit auch auf die Fälle der Gewinnermittlung durch Überschussermittlung nach § 4 Abs 3 EStG (s Rn 106ff). Die Gewinneinkunftsart ist damit ebenso wie die Gewinnermittlungsart unerheblich.
Rn. 14–15
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
vorläufig frei