Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
Rn. 43
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Antragserfordernis: Ein Ausgleichsposten kann nur gebildet werden, wenn der unbeschränkt oder beschränkt StPfl bzw Vertretungsberechtigte einen Antrag stellt. § 4g EStG beinhaltet damit ein Wahlrecht. Aus dem Antragswahlrecht resultieren Möglichkeiten zur Steuerplanung insb in Verlustsituationen. Hier kann zur Ergebnissteuerung ein Verzicht auf die Ausgleichspostenbildung – ggf auf einzelne WG beschränkt, s Rn 45 – sinnvoll sein,
Beispiel:
Die X-GmbH weist im Jahr der Überführung eines hohe stille Reserven enthaltenden WG wegen einer Umstrukturierung einen Jahresfehlbetrag > 1 Mio EUR aus, der planmäßig in den kommenden Jahren "aufgeholt" wird. Im Vorjahr sind für einen Verlustrücktrag nutzbare Gewinne nicht vorhanden.
Der Verzicht auf die Bildung des Ausgleichspostens ist sinnvoll, da der Entstrickungsgewinn nicht zu einer Steuerbelastung führt und die zeitliche Streckung der Verlustverrechnung durch die eingreifende Mindestbesteuerung (§ 10d Abs 2 EStG) reduziert wird.
Entsteht oder erhöht sich durch die Bildung eines Ausgleichspostens ein Verlust, kann dessen Bildung allerdings dann vorteilhaft sein, wenn der Verlust durch einen Rücktrag nach § 10d Abs 1 EStG nutzbar ist. Bei einer Gewinnsituation des deutschen Stammhauses ist die Bildung eines passiven Ausgleichspostens zur Neutralisierung eines Entstrickungsgewinns dagegen grds von Vorteil. Aus der Streckung der Steuerbelastung resultiert ein Zinsvorteil für den StPfl, der bei Beteiligung natürlicher Personen zunimmt, wenn der persönliche Steuersatz im Auflösungszeitpunkt den im Bildungszeitpunkt unterschreitet. Besteht zunächst eine Gewinnsituation, in der zur Steuerentlastung ein Ausgleichsposten gebildet wird und folgen hierauf in späteren VZ Verluste, kann es ggf sinnvoll sein, zur Verlustminimierung/Vermeidung der Mindestbesteuerung eine vorzeitige Auflösung des Ausgleichspostens herbeizuführen (zur vorzeitigen Auflösung s Rn 70ff).
Rn. 44
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Form/Frist: Besondere Regelungen zur Antragsform oder bzgl einer speziellen Antragfrist bestehen nicht. Der Antrag kann daher auch konkludent durch Ausweis des Ausgleichspostens in der StB oder durch Anmerkung zur HB iSd § 60 Abs 2 S 1 EStDV gestellt werden (Kolbe in H/H/R, § 4g EStG Rz 20 (Februar 2021)). Zu beachten sind gleichwohl die weiteren formalen Ausweispflichten gemäß § 4g Abs 1 S 2 EStG (s Rn 55), die Aufzeichnungspflichten iS § 4g Abs 4 EStG (s Rn 107ff) sowie die Anzeigepflichten iS § 4g Abs 5 S 1 EStG (s Rn 120). Mangels gesetzlicher Fristsetzung kann der Antrag bis zur Bestandskraft der betreffenden Steuerfestsetzung gestellt werden (Bodden in Korn, § 4g EStG Rz 42 (September 2019)).
Rn. 45
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
WG-Bezug des Antrags: Der Antrag kann gemäß § 4 Abs 1 EStG idF des ATADUmsG für jedes WG gesondert gestellt werden. Es ist weder eine auf das Wj bezogene noch eine auf Betriebsstätten bezogene Einheitlichkeit der Ausübung des Antragwahlrechts erforderlich. § 4g Abs 1 S 3 EStG aF sah noch eine Einheitlichkeit der Antragsausübung für jedes Wj vor, für die strittig war, ob die einheitliche Wahlrechtsausübung ohne weitere Differenzierung tatsächlich alle im betreffenden Wj überführten WG betreffen sollte oder sich die Einheitlichkeit der Antragstellung (nur) auf WG bezieht, die im betreffenden Wj in dieselbe Betriebsstätte überführt wurden (so wohl die gesetzgeberische Intention, vgl BT-Drucks 16/3369, 5, die im Gesetzeswortlaut allerdings keinen Niederschlag gefunden hat).
Mit Streichung der gesetzlichen Forderung nach Einheitlichkeit der Antragsausübung im Zuge des ATADUmsG v 25.06.2021 ist nicht nur die Diskussion um die Auslegung der Norm und deren (in beiden Auslegungsvarianten) potenzieller Europarechtswidrigkeit wegen unzulässiger Einschränkung des zu gewährenden Besteuerungsaufschubs beendet, sondern zugleich der steuerplanerische Spielraum der StPfl (s Rn 43) erweitert worden.
Rn. 46
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Unwiderruflichkeit des Antrags: Der Antrag auf Bildung eines Ausgleichspostens ist unwiderruflich (§ 4g Abs 1 S 4 EStG), die Rücknahme eines gestellten Antrags ist damit ausgeschlossen. Gestellt ist der Antrag im Zeitpunkt des Zugangs beim FA – zB mit Abgabe einer StB (E-Bilanz, § 5b EStG), in der ein Ausgleichsposten nach § 4g EStG ausgewiesen wird, oder bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG mit Abgabe der Steuererklärung nebst Aufzeichnungen iS § 4g Abs 4 S 4 EStG. Mit Abgabe einer Steuererklärung ohne Ausgleichsposten bzw bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG mit Abgabe der Steuererklärung ohne Aufzeichnungen iS § 4g Abs 4 S 4 EStG wird das Wahlrecht nicht in negativem Sinne ausgeübt, dh nicht unwiderruflich verbraucht. Das Antragswahlrecht als Gestaltungsrecht des StPfl kann nach den Grundsätzen der Bilanzänderung auch noch nachträglich in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung gestellt werden (Endert in Frotscher/Geurts, § 4g EStG Rz 21 (Oktober 2020)).
Rn. 47
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
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