Schrifttum:
Heuermann/Führich, Ist die geplante Zinsschranke europarechtskonform?, IStR 2007, 341;
Musil/Volmering, Systematische verfassungsrechtliche u europarechtliche Probleme der Zinsschranke, DB 2008, 12;
Steuerinnovation im Wandel: Einige Thesen zur Zinsschranke u ihrer Verfassungsmäßigkeit, DStR 2013, 1;
Hick, Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke in einem "Zinsschranken-Grundfall", FR 2016, 409;
Mitschke, Zinsschranke wirklich verfassungswidrig? Anmerkungen zum Vorlagebeschluss des BFH v 14.10.2015, FR 2016, 416;
Weggenmann/Class, Die Zinsschrankenregelung auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand, BB 2016, 1175;
Oppel, BEPS in Europa: (Schein-) Harmonisierung der Missbrauchsabwehr durch neue Richtlinie 2016/1164 mit Nebenwirkungen, IStR 2016, 797;
Melan, "Empirische" Rechtfertigung typisierender Steuernormen als Verfassungsgebot? Kritische Anmerkung zum Zinsschrankenvorlagebeschluss des BFH, FR 2018, 1136;
Jabrayil, Die Vorwirkung der ATAD-Richtlinie am Bsp der deutschen Zinsschranke (§ 4h EStG iVm § 8a KStG), IStR 2019, 321.
1. Verfassungsrecht
Rn. 43
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Seit der Einführung des § 4h EStG sieht sich die Zinsschranke einer starken verfassungsrechtlichen Kritik ausgesetzt. Die Frage nach ihrer Verfassungsmäßigkeit ist derzeit allerdings als ungeklärt zu beurteilen. Der I. Senat des BFH hat mit Beschluss v 14.10.2015, I R 20/15, BStBl II 2017, 1240 (Az BVerfG 2 BvL 1/16) dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die Zinsschranke aufgrund eines Verstoßes gegen den allg Gleichheitssatz verfassungswidrig sei, u begründet seine Zweifel an der Verfassungskonformität des § 4h EStG mit einem Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip u das Folgerichtigkeitsgebot (Art 3 Abs 1 GG).
Rn. 44
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
vorläufig frei
Rn. 45
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Der BFH, aaO, hat im Rahmen seines Vorlagebeschlusses sämtliche v Gesetzgeber u auch von der FinVerw vorgebrachten Rechtfertigungsgründe verworfen (hierzu krit Möhlenbrock, ISR 2014, 154; Staats, Ubg 2014, 520). Nach Auffassung des BFH sei das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des Ertragsteuerrechts nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des StPfl verletzt. Im Ergebnis werde gegen das objektive Nettoprinzip verstoßen, da für Zwecke der Besteuerung nicht mehr das Nettoeinkommen herangezogen werde. Weder die v Gesetzgeber angedachte EK-Stärkung noch die als Ziel definierte Sicherstellung des deutschen Steuersubstrats rechtfertige die Zinsschranke in ihrer derzeitigen Ausgestaltung.
Rn. 46
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Der BFH äußert sich zwar nicht ausdrücklich zu der von Gesetzgeber u FinVerw angeführten Argumentation, dass der Verstoß der Zinsschranke gegen das objektive Nettoprinzip zulässig sei, da die Möglichkeit des EBITDA- u Zinsvortrags lediglich in einer nur vorübergehenden Abzugsbeschränkung resultiere. Allerdings konnte dieses Argument wohl nicht die Zweifel des BFH an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke ausräumen.
Rn. 47
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Für alle Fälle, im Rahmen derer die Zinsschranke v FA angewandt wird, gewährt der BFH Aussetzung der Vollziehung (BFH v 18.12.2013, BStBl II 2014, 947). Allerdings wird Aussetzung der Vollziehung auch nach Ergehen des BFH-Beschlusses von der FinVerw grds abgelehnt (BMF v 13.11.2014, BStBl I 2014, 1516).
Rn. 48
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
vorläufig frei
Rn. 49
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
ME ist der Argumentation des BFH zu folgen, da der Ausschluss betrieblich veranlasster Zinsaufwendungen v Abzug bei der Bemessungsgrundlage massiv gegen das objektive Nettoprinzip als Grundpfeiler jedweder Besteuerung verstößt. Dieser Verstoß ist mE aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu rechtfertigen. Auch die Berücksichtigung des EBITDA- u Zinsvortrags sollte mE daran nichts ändern, da die Vorträge regelmäßig nicht zum Tragen kommen.
Rn. 50
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
In allen offenen Fällen, in denen Zinsaufwendungen durch die Anwendung der Zinsschranke nicht zum Abzug zugelassen wurden, ist dem StPfl nahezulegen, die enstprechenden VZ offenzuhalten u die Entscheidung des BVerfG abzuwarten. Sollte in Erwägung gezogen werden, selbst Aussetzung der Vollziehung zu beantragen, sind die Folgen der Verzinsung nach § 237 AO zu prüfen u in die Überlegungen miteinzubeziehen.
Rn. 51
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschrankenregelung ist allerdings auch noch vor dem Hintergrund der Verabschiedung der sog ATAD-Richtlinie (RL 2016/1164/EU des Rates v 12.07.2016, "Anti Tax Avoidance Directive" (ATAD)) zu beleuchten. Die Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken sieht in Art 4 eine Regelung zur Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen vor.
Diese Abzugsbegrenzung ist der deutschen Zinsschranke (bis auf marginale Abweichungen) nachgebildet. Somit hat die deutsche Zinsschranke quasi als deutscher Exportschlager ihren Weg in die internationale "Steuerwelt" gefunden. Die Umsetzungsfrist für Art 4 der Richtlinie endete bereits am 31.12.2018. Jedoch sieht die Richtlinie eine Bestandsschutzre...