1. Aufwendungen für Rechteüberlassung
Rn. 4
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Auf der Tatbestandsebene erfordert die Anwendung des § 4j EStG in einem Schritt das Vorliegen von
Zitat
"Aufwendungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, insbesondere von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren".
Diese Begrifflichkeit entstammt der Vorschrift des § 50a Abs 1 Nr 3 EStG, die für beschränkt StPfl iSd § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst f, Nr 3, 6 u 9 EStG den Quellensteuerabzug insb für Einkünfte aus der Nutzung immaterieller Vermögensgegenstände anordnet (dazu s § 50a Rn 1ff (Loose)).
Der sachliche Anwendungsbereich von § 4j EStG ist somit grds vergleichsweise weit gefasst. Bspw wird nicht nur die tatsächliche Nutzungsüberlassung umfasst, sondern auch die vertragliche Einräumung eines Rechts auf Nutzung, und zwar unabhängig davon, ob das überlassene Recht auch tatsächlich genutzt wird. Die in § 4j Abs 1 S 1 EStG enthaltene Begrifflichkeit "insb" verdeutlicht, dass die genannten Rechte als nur beispielhafte, nicht aber als abschließende Aufzählung zu verstehen sind. Unter anderem kommt es nicht darauf an, ob der Rechteinhaber ein Ausschließlichkeits- und Abwehrrecht gegenüber der Nutzung durch andere Personen innehat, sodass auch die Überlassung ungeschützten Wissens (zB von Know-how) der Lizenzschranke unterliegt. Entscheidend ist nur, dass eine Vergütung für eine Rechteüberlassung zu leisten ist, die genaue Form (bspw Einmalzahlung oder periodische Zahlung) ist hingegen ebenso unerheblich wie die konkret gewählte Bezeichnung für die Rechteüberlassung in dem zugrundeliegenden Vertrag (zB Lizenz- oder Dienstleistungsvertrag). Da auf "Aufwendungen" abgestellt wird, ist die Vorschrift des § 4j EStG im Hinblick auf einzelne BA zu prüfen, ungeachtet dessen, ob insgesamt ein Gewinn oder Verlust erzielt wird.
Zu beachten ist jedoch, dass nur die zeitlich befristete Nutzungs- bzw Rechteüberlassung erfasst wird, insb aber nicht der Kauf von Rechten bzw von immateriellen Vermögensgegenständen. Folglich darf das Nutzungsrecht nicht endgültig bei dem Nutzungsnehmer verbleiben, sondern muss an den Rechteinhaber zurückfallen. Andernfalls läge die erforderliche "Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten" nicht vor. Mit derselben Begründung unterliegen auch Aufwendungen für Nutzungsrechte, die sich iRd Nutzungsüberlassung verbrauchen, nicht dem Anwendungsbereich der Vorschrift des § 4j EStG; ein Bsp hierfür ist die Überlassung von Werberechten in Form von Bandenwerbung anlässlich einer Sportveranstaltung (BFH v 16.05.2001, I R 64/99, BStBl II 2003, 641).
Einschränkend wirkt ferner das Schreiben des BMF v 27.10.2017, IV C 5 – S 2300/12/10003:004, BStBl I 2017, 1448 für den Bereich der grenzüberschreitenden Überlassung von Software und Datenbanken. Anhand zahlreicher Beispielfälle ordnet die FinVerw hierbei eine sachgerechte Eingrenzung der dem Steuerabzug iRd beschränkt StPfl unterliegenden Sachverhalte an (dazu s Schnitger/Oskamp, IStR 2017, 616ff).
In der Praxis insb relevant ist, dass die Überlassung von Software zum bestimmungsgemäßen Gebrauch (ohne die Einräumung umfassender Nutzungsrechte an der Software wie vor allem von Vervielfältigungs-, Bearbeitungs-, Verbreitungs- oder Veröffentlichungsrechten) keine Verwertung von Nutzungsrechten iSd § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst f u Nr 6 EStG darstellt. Somit kommt es bereits nach nationalem deutschem Steuerrecht zu keiner inländischen Besteuerung, sodass nicht länger gemäß § 50d Abs 1, 2 EStG im Rahmen eines regelmäßig recht langwierigen Verfahrens ein Freistellungs- bzw Erstattungsantrag auf Basis eines DBA bzw der Zins- und Lizenzrichtlinie (dazu s § 50g Rn 1ff (Loose)) beantragt werden muss.
2. Präferenzregelung
Rn. 5
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Der sachliche Anwendungsbereich der Lizenzschranke erfordert ferner, dass die Aufwendungen für die Rechteüberlassung auf Ebene des Vergütungsgläubigers von einer "Präferenzregelung" profitieren. Die in § 4j Abs 1 S 1 EStG enthaltene Legaldefinition dieses Rechtsbegriffs nimmt Bezug auf "Einnahmen", die
Zitat
"einer von der Regelbesteuerung abweichenden, niedrigen Besteuerung nach Absatz 2 unterliegen".
Für die Frage nach dem Vorliegen einer Präferenzregelung ist demnach zu differenzieren.
- Zum einen bedarf es einer Präferenzregelung ieS, wonach die Besteuerung der Einnahmen von der Regelbesteuerung abzuweichen hat.
- Zum anderen muss eine niedrige Besteuerung der Einnahmen iSd § 4j Abs 2 EStG gegeben sein (kleiner 25 %).
Diese beiden Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ erfüllt sein, damit eine Präferenzregelung (iwS) vorliegt. In der Praxis ist das Vorliegen einer Präferenzregelung ieS das entscheidende Prüfkriterium, da eine begünstigte Besteuerung von 25 % oder höher – wenn überhaupt – nur in sehr seltenen Ausnahmefällen auftritt.
Was genau unter einer Präferenzregelung ieS zu verstehen ist, wird weder im Gesetz noch in der Gese...