Rn. 3
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Da Lizenzaufwendungen nach der Vorschrift des § 4j EStG unter bestimmten Voraussetzungen und zudem unter Durchbrechung des Trennungsprinzips nicht mehr (in voller Höhe) steuerlich mindernd geltend gemacht werden können, ist die Verfassungsmäßigkeit der Norm zu bezweifeln. ME verstößt die Lizenzschranke gegen das objektive Nettoprinzip als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 GG, ohne dass eine sachliche Rechtfertigung ersichtlich ist (s auch Lüdicke, DB 2017, 1483). So ist auch die ähnlich wirkende Zinsschranke des § 4h EStG durch den Beschluss des BFH v 14.10.2015, I R 20/15, BStBl II 2017, 1240 als potenziell verfassungswidrig einzustufen. Abweichend von der Zinsschranke besteht iRd Lizenzschranke zudem keine Möglichkeit eines Vortrags des steuerlich nicht abzugsfähigen (Lizenz-)Aufwands in künftige VZ.
Ein Verstoß gegen Europarecht in Form der Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) bzw der Niederlassungsfreiheit (Art 49 AEUV) droht infolge einer Schlechterstellung grenzüberschreitender Sachverhalte im Vergleich zu inländischen Lizenzgebern; Rechtfertigungsgründe sind mE nicht einschlägig (s Schnitger, DB 2018, 151). Zudem ist es aufgrund des Anknüpfens des modifizierten Nexus-Ansatzes nur an das abstrakte ausländische Steuersystem StPfl nicht möglich, durch Vorhalten entsprechender Substanz den Rechtsfolgen des § 4j EStG zu entgehen (s Lüdicke, IStR 2017, 225).
Im Verhältnis zur Anti-Double-Dip-Vorschrift des § 4i EStG sollte die Norm des § 4i EStG mE vorrangig anwendbar sein, insb da sie infolge ihres tatbestandlichen Erfassens nur von Sonder-BA (dazu s § 4i Rn 5 (Loose)) die speziellere Norm ist; nur wenn ein Abzug nicht bereits nach § 4i EStG ausgeschlossen ist, kann demnach § 4j EStG eine teilweise oder vollständige Nichtabziehbarkeit anordnen.
Die allgemeine Anti-Hybrid-Vorschrift des § 4k EStG sollte neben § 4j uneingeschränkt anwendbar sein. Einzelfallabhängig zu prüfen ist eine etwaige Anwendungskonkurrenz zu ausländischen Anti-Hybrid-Vorschriften. Durch das Anknüpfen von § 4j EStG an ausländisches Steuerrecht und den Einbezug potenziell mehrerer ausländischer Staaten drohen Abstimmungsprobleme und ggf sogar Doppelbesteuerungen.
Sofern die Lizenzerträge auf Ebene eines Lizenzgebers als Sondervergütungen iSd § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 S 1 EStG qualifizieren (dazu s § 15 Rn 80ff (Bitz)) und der Lizenzaufwand somit durch korrespondierenden Lizenzertrag neutralisiert wird, sollten mE keine der Lizenzschranke unterliegenden Aufwendungen vorliegen. Eine Anwendung des § 4j EStG sollte daher insb ausgeschlossen sein, wenn im Falle eines ausländischen Lizenzgebers die Lizenzerträge nach einem Abkommen, ggf unter Berücksichtigung von § 50d Abs 10 EStG (dazu s § 50d Rn 180ff (Zuber/Ditsch)), in Deutschland zu besteuern sind und damit (faktisch) eine Nichtabzugsfähigkeit der Lizenzaufwendungen bewirken.
Nach § 8 Abs 1 KStG ist § 4j EStG auch für die Einkommensermittlung von KSt-Subjekten einschlägig.
Ist Lizenzaufwand ganz oder teilweise als nicht fremdvergleichskonform anzusehen und daher als vGA iSd § 8 Abs 3 S 2 KStG bzw gemäß § 1 AStG hinzuzurechnen, sind diese Korrekturen vorrangig vor § 4j EStG vorzunehmen.
Die Vorschrift des § 4j EStG ist als Gewinnermittlungsvorschrift vorrangig gegenüber § 14 Abs 1 S 1 Nr 5 KStG anzuwenden. Letztere Norm zielt für KSt-Subjekte auf die Verhinderung einer sowohl im Inland als auch im Ausland erfolgenden (doppelten) Berücksichtigung negativer Einkünfte, mithin einer Saldogröße und nicht wie im Rahmen von § 4j EStG von einzelnen BA in Form von Lizenzaufwendungen; zudem kann § 14 Abs 1 S 1 Nr 5 KStG insb nur in Organschaftsfällen greifen.
Für GewSt-Zwecke entfaltet die Vorschrift des § 4j EStG aufgrund ihres Charakters als Gewinnermittlungsvorschrift gemäß § 7 S 1 GewStG Wirkkraft. Insoweit § 4j EStG in einer Nichtabzugsfähigkeit von Lizenzaufwendungen resultiert, ist die Anwendung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsnorm des § 8 Nr 1 Buchst f EStG mangels Absetzbarkeit der Beträge bei der Ermittlung des Gewinns ausgeschlossen.
Im Verhältnis zu den Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7–14 AStG) greift die Lizenzschranke gemäß § 4j Abs 1 S 5 EStG – um eine Doppelbesteuerung zu verhindern – nicht, wenn für die aus den Aufwendungen resultierenden Lizenzeinnahmen ein Hinzurechnungsbetrag iSd § 10 Abs 1 S 1 AStG anzusetzen ist.
Infolge der Formulierung "ungeachtet eines bestehenden Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung" ist § 4j EStG als Treaty override ausgestaltet und geht daher – zumindest nach Ansicht des Gesetzgebers – DBA vor (s Benz/Böhmer, DB 2017, 211 mit Hinweis auf einen potenziellen Verstoß der Vorschrift gegen das Diskriminierungsverbot des Art 24 Abs 4 OECD-MA).