Rn. 54
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Die Vorschrift des § 50 Abs 4 EStG ermächtigt die zuständige FinBeh, die ESt für beschränkt StPfl vollständig oder teilweise zu erlassen oder sie pauschal festzusetzen. Es handelt sich um eine Billigkeitsvorschrift, über deren Anwendung die zuständige FinBeh gem § 5 AO nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat. Der Erlass bzw die Pauschalierung der ESt setzt jedoch zwingend das konkrete Vorliegen eines diesbezüglichen besonderen öffentlichen Interesses voraus.
Rn. 55
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Zuständig sind grds die obersten FinBeh der Länder, die jedoch der Zustimmung des BMF bedürfen. Aus Verfahrensvereinfachungsgründen können die obersten FinBeh der Länder ihre Zuständigkeit auf andere FinBeh delegieren wie bspw eine OFD oder ein FA.
Rn. 56
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Ein Antrag des StPfl ist nicht erforderlich, stellt aber vor dem Hintergrund der vereinfachenden Wirkung der Norm des § 50 Abs 4 EStG den Regelfall dar. Antragsberechtigt sind nur die Vergütungsgläubiger, nicht die -schuldner (vgl BFH v 30.05.2007, BFH/NV 2007, 1905).
Rn. 57
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Die Regelung erfordert ein besonderes öffentliches Interesse für den Erlass bzw die Pauschalierung. Der unbestimmte Rechtsbegriff des besonderen öffentlichen Interesses wird insoweit konkretisiert, als dass § 50 Abs 4 S 1 Hs 2 EStG zwei Fallgruppen aufführt, bei denen ein solches Interesse gegeben sein soll.
Durch die Streichung des Wortes "insbesondere" im Rahmen des StÄndG 2015 (BGBl I 2015, 1834) soll klargestellt werden, dass es sich um eine abschließende Aufzählung handelt; die Gesetzesänderung ist gem § 52 Abs 46 S 3 EStG in allen offenen Fällen anzuwenden (s Holthaus, IStR 2016, 373 mit Hinweis auf einen potenziellen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG).
Rn. 58
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Danach besteht zum einen ein besonderes öffentliches Interesse an der inländischen Veranstaltung international bedeutsamer kultureller und sportlicher Ereignisse, um deren Ausrichtung ein internationaler Wettbewerb stattfindet (§ 50 Abs 4 Nr 1 EStG). Hintergrund der Regelung ist, dass derartige Veranstaltungen regelmäßig nur dann in Deutschland stattfinden können, wenn sie keiner bzw nur einer reduzierten inländischen Steuerbelastung unterliegen. Bsp sind etwa die Ausrichtung der Olympischen Spiele oder der Fußball-Weltmeisterschaft (zum Steuererlass bei inländischen Spielen iRd europäischen Vereinswettbewerbe s BMF v 20.03.2008, BStBl I 2008, 538 und BMF v 21.01.2010, BStBl I 2010, 49; kritisch dazu s Holthaus, IStR 2010, 763).
Rn. 59
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Zum anderen besteht ein besonderes öffentliches Interesse an dem inländischen Auftritt einer ausländischen Kulturvereinigung, wenn ihr Auftritt wesentlich aus öffentlichen Mitteln gefördert wird (§ 50 Abs 4 Nr 2 EStG). Die Vorschrift dient der Kulturförderung.
Als Kulturvereinigung qualifiziert jede Gruppierung, die eine künstlerische Gemeinschaftsleistung erbringt wie bspw auf dem Gebiet des Theaters. Sie ist abzugrenzen von Solisten als Künstlern, die einzeln oder in solistisch besetzten Ensembles auftreten (s BFH v 07.03.2007, BStBl II 2008, 186). Unerheblich ist insb die Rechtsform der Vereinigung.
Eine wesentliche Förderung aus öffentlichen Mitteln liegt zumindest dann vor, wenn sie ein Drittel der Kosten des Auftritts im Inland abdeckt (s BMF v 20.07.1983, BStBl I 1983, 382 und BMF v 30.05.1995, BStBl I 1995, 336).