Lohnsteuerliche Änderungen laut Jahressteuergesetz 2024
Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 18. Oktober 2024 das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) beschlossen (auf der Grundlage der Empfehlungen des Finanzausschusses, Bundestags-Drucksache 20/13419). Dier Bundesrat hat dem Gesetz am 22. November 2024 zugestimmt.
Im Änderungsgesetz enthalten ist eine Vielzahl an thematisch nicht oder nur teilweise miteinander verbundenen Einzelmaßnahmen, unter anderem beim Lohnsteuerjahresausgleich und beim Lohnsteuerermäßigungsverfahren. Das geplante Inkrafttreten der Regelungen erfolgt zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Nicht mehr im Gesetzesbeschluss enthalten ist die ursprünglich geplante Einführung einer neuen Pauschalbesteuerungsmöglichkeit für sogenannte Mobilitätsbudgets. Auch zahlreiche Ergänzungsvorschläge des Bundesrates hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen.
Inanspruchnahme Pauschalbesteuerung laut Jahressteuergesetz 2024
Für zahlreiche Tatbestände ist eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG möglich, z. B. für die den Freibetrag übersteigenden Vorteile aus einer Betriebsveranstaltung. Für geringfügig und kurzfristig Beschäftigte ist die Pauschalierung in § 40a EStG geregelt.
Das Verfahren der Inanspruchnahme für die Pauschalierungsvorschriften bei der Lohnsteuer wird mit dem Jahressteuergesetz 2024 neu geregelt bzw. die bisherige Praxis gesetzlich festgeschrieben (§ 40 Abs. 4 EStG). Die Ausübung hat nunmehr grundsätzlich durch Übermittlung bzw. Abgabe einer entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldung zu erfolgen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 1. September 2021 - VI R 38/19).
Wenn sich der Arbeitgeber aufgrund von Feststellungen im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung dafür entscheidet, von dem Pauschalierungswahlrecht Gebrauch zu machen, kann er dies dem Betriebsstättenfinanzamt durch eine einfache Erklärung angeben. Diese ist spätestens bis zur Bestandskraft der aufgrund der Lohnsteuer-Außenprüfung erlassenen Bescheide abzugeben. Die pauschale Lohnsteuer wird dann vom Betriebsstättenfinanzamt durch Steuerbescheid festgesetzt.
Die Neuregelungen gelten ab Inkrafttreten des Gesetzes für alle offenen Fälle.
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Konzernklausel für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen
Der Anwendungsbereich der Steuervergünstigung des § 19a EStG (Steuerstundung für größerer Mitarbeiterbeteiligungen) wird rückwirkend ab 2024 auch auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen erweitert. Eine solche Klausel gab es bisher nur bei der auf 2.000 Euro begrenzten Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 39 EStG). Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag zum Zukunftsfinanzierungsgesetz.
Der Anteil an einem Konzernunternehmen kann nur dann steuerbegünstigt übertragen werden, wenn die Schwellenwerte für die Unternehmensgröße (§ 19a Absatzes 3 EStG) in Bezug auf die Gesamtheit aller Konzernunternehmen nicht überschritten werden und die Gründung keines Konzernunternehmens mehr als 20 Jahre zurückliegt.
Änderungen und Einschränkungen beim Lohnsteuerjahresausgleich
Seit 2023 sind bestimmte Arbeitstage bei der Bestimmung des Lohnzahlungszeitraums nicht mehr mitzuzählen. Das sind Arbeitstage, an denen Arbeitnehmende Arbeitslohn bezogen haben, der nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegt (z. B. Bezug von steuerfreiem Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder tageweise Beschäftigung im Inland). Für die daraus folgende Anwendung der Tagestabelle gilt allerding bis Ende 2024 eine Nichtbeanstandungsregelung (BMF-Schreiben vom 08. Oktober 2024 - IV C 5 - S 2367/23/10001 :001; vgl. zu Einzelheiten unsere News "Arbeitslohnbesteuerung nach DBA -Arbeitslohnaufteilung im Lohnsteuerabzugsverfahren").
Bisher war aber für manche der vorstehenden Fälle der Lohnsteuerjahresausgleich nicht ausgeschlossen, wodurch die Wirkung der Tagestabelle wieder aufgehoben werden konnte. Diese vom Gesetzgeber als solche erkannte Regelungslücke wird mit Wirkung ab 2024 geschlossen. Der Bezug von ausländischen Einkünften, von denen keine inländische Lohnsteuer einbehalten wurde, führt nunmehr zum Ausschluss des Lohnsteuer-Jahresausgleich (Änderung des § 42b Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG).
Ein Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber wird zudem künftig ausgeschlossen (§ 42b Abs. 1 Satz 3 Nr. 5a EStG), wenn für den Arbeitnehmer im Ausgleichsjahr im Rahmen der Vorsorgepauschale im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung unterschiedliche Abschläge (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. c EStG) berücksichtigt wurden. Dies vermeidet in den entsprechenden Fällen eine unzutreffende Jahreslohnsteuer.
Eine weitere Ergänzung der Regelungen zum Lohnsteuer-Jahresausgleich (§ 42b Abs. 1 Satz 4 EStG) soll verhindern, dass Tatbestände, die außerhalb des konkreten Dienstverhältnisses verwirklicht werden, zum Ausschluss des Lohnsteuer-Jahresausgleichs führen. Diese sind dem Arbeitgeber regelmäßig nicht bekannt.
Jahressteuergesetz 2024: Anpassung der Lohnsteuerfreibeträge
Der Starttermin 1. Oktober für das Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren des Folgejahres wurde noch für das Verfahren der Papierlohnsteuerkarte festgelegt und ist durch die Einführung der ELStAM nach Ansicht des Gesetzgebers überholt. Durch die Verschiebung des Starttermins auf den 1. November soll zukünftig ein rechtzeitiger und qualitätsgesicherter Programmeinsatz gewährleistet werden (§ 39a Abs. 2 EStG). Die Änderung gilt erstmalig für das Ermäßigungsverfahren 2026. Der Start für das Ermäßigungsverfahren 2025 ist bereits am 1. Oktober 2024 erfolgt.
Nach einer weiteren Änderung im Ermäßigungsverfahren kann ein anteiliger Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b Abs. 4 EStG) bei dauerndem Getrenntleben von Ehegatten/Lebenspartnern ab dem Monat der Trennung als Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren gebildet werden. Damit werden Vorgaben des BFH (Urteil vom 28. Oktober 2021 - III R 17/20) auch für das Lohnsteuerabzugsverfahren gesetzlich geregelt. Die Antragsgrenze für einen Freibetrag von 600 Euro ist dabei auch für den anteiligen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach der neuen Nr. 9 in § 39a EStG maßgebend. Die Änderung gilt ab Verkündung des Gesetzes (voraussichtlich Ende 2024) und kann damit auch noch für das Ermäßigungsverfahren 2025 Anwendung finden.
ELStAM sollen ergänzt werden
Benötigt ein Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM), stellt ihm das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) diese zum Abruf bereit. Grundsätzlich bildet es die ELStAM automatisiert auf der Grundlage der gespeicherten Daten (ELStAM-Datenbank).
Bildet hingegen das Finanzamt auf Antrag von Arbeitnehmenden Lohnsteuerabzugsmerkmale, übermittelt es diese zunächst dem BZSt. Damit den Arbeitgebern die ELStAM zum Abruf bereitgestellt werden können, wird die gesetzliche Aufzählung mit Verkündung des Gesetzes um weitere notwendige Daten ergänzt, die vom BZSt gespeichert werden dürfen (§ 39e Abs. 2 EStG). Dazu gehören:
- bei Verheirateten ob und in welchem Zeitraum der Ehegatte im Inland nicht meldepflichtig ist oder die Ehegatten dauernd getrennt leben,
- die Bildung einer geringeren Zahl der Kinderfreibeträge als Lohnsteuerabzugsmerkmal (§ 38b Abs. 3),
- Freibeträge (§ 39a Abs. 1 EStG),
- ein Grad der Behinderung sowie der Gültigkeitszeitraum,
- ob und in welchem Zeitraum der oder die Beschäftigte die Voraussetzungen für einen Hinterbliebenen-Pauschbetrag erfüllt,
- und das Datum, ab dem die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale dem Arbeitgeber zum Abruf bereitgestellt werden (Referenzdatum).
Zuordnung des Besteuerungsrechts in der Freistellungsphase vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses
Bezieht ein im Ausland ansässiger Arbeitnehmender in einer Freistellungsphase vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses weiterhin Arbeitslohn, wird dieser nicht für eine im Inland ausgeübte oder verwertete Tätigkeit gewährt, auch wenn der oder die Betroffene vor der Arbeitsfreistellung seine Tätigkeit ausschließlich im Inland ausgeübt hat. Diese Einkünfte unterlagen daher bisher regelmäßig nicht der Besteuerung in Deutschland.
Mit einer Neuregelung des § 50d Abs. 15 EStG wird das ab Verkündung des Gesetzes geändert, falls das DBA keine eindeutige Zuordnungsregelung trifft. Die beschränkte Steuerpflicht wird entsprechend erweitert (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. f EStG), weil die Arbeit während dieser Zeit ohne die Freistellung in Deutschland ausgeübt worden wäre.
Folgeänderungen Qualifizierungsgeld
Mit Wirkung zum 1. April 2024 wurde das Qualifizierungsgeld nach §§ 82a ff. SGB III eingeführt. Als Lohnersatzleistung bleibt es - ähnlich wie z. B. das Kurzarbeitergeld - steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt (§ 3 Nr. 2 Buchst. a und § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG; lesen Sie dazu unseren Beitrag zum Wachstumschancengesetz).
Mit dem Jahressteuergesetz werden ab dessen Inkrafttreten nun notwendige Folgeänderungen bei den Aufzeichnungs- und Bescheinigungspflichten in Bezug auf das Qualifizierungsgeld sowie der Ausschluss vom Lohnsteuer-Jahresausgleich umgesetzt. Die Behandlung erfolgt auch hier entsprechend anderen Lohnersatzleistungen.
Anzeige über zu wenig einbehaltene Lohnsteuer
Hat der Arbeitgeber zu wenig Lohnsteuer einbehalten, muss er diese Fälle, in denen er die Lohnsteuer nicht nachträglich einbehält oder einbehalten kann, dem Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich anzeigen (§ 41c Abs. 4 EStG). Ab dem Jahr 2026 soll diese Anzeige nicht mehr auf Papier, sondern nur noch durch eine unverzügliche elektronische Übermittlung möglich sein.
Ergänzungsforderungen Bundesrat
Über die vorstehenden Änderungen im Gesetzesbeschluss hinaus hatte der Bundesrat weitere Maßnahmen angeregt, die zumindest teilweise in noch ausstehenden Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden könnten und vor allem Rechtsprechung des BFH gesetzlich überschreiben sollen. Die dahinterstehenden Probleme sind jedenfalls bisher nicht gelöst. Aus lohnsteuerlicher Sicht weisen wir auf die folgenden Vorschläge hin:
- Pauschalierung von Betriebsveranstaltungen:
Eine Pauschalbesteuerung mit 25 Prozent könnte auf Fälle beschränkt werden, in denen die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Die Ergänzung des § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 EStG ist nach Auffassung des Bundesrates aufgrund der neuesten Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 27. März 2024 - VI R 5/22 - notwendig geworden, der die Voraussetzung nur für die Anwendung des Freibetrags von 110 Euro für gültig hält (Lesen Sie dazu: Betriebsveranstaltung muss für Pauschalbesteuerung nicht allen offenstehen).
Die Bundesregierung will den Vorschlag des Bundesrates prüfen.
- Grundlohn bei Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen:
Für notwendig hält es der Bundesrat auch, bisherige Verwaltungspraxis zur Ermittlung des maßgebenden Grundlohns für die Berechnung der Sonntags-, Feiertags-, und Nachtzuschläge gesetzlich festgeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies wäre ebenfalls eine Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH, wonach für die Zuschlagsberechnung auf den laufenden Arbeitslohn abzustellen sei, der Beschäftigten arbeitsvertraglich zusteht (BFH-Urteil vom 10. August 2023 - VI R 11/21, BStBl. 2024 II S. 202). Danach wäre es ohne Belang ist, ob und in welchem Umfang der Grundlohn den Arbeitnehmenden tatsächlich zufließt (Lesen Sie dazu: So bleiben Sonn- und Feiertagszuschlag sowie Nachtzuschlag steuerfrei). Die Bundesregierung will den Vorschlag des Bundesrates prüfen.
- Doppelte Haushaltsführung:
Der BFH hat mit Urteil vom 9. August 2023 - VI R 20/21 - entschieden, dass bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland im Einzelfall zu prüfen sei, welche Unterkunftskosten notwendig sind. Diese Einzelfallprüfung ist im steuerlichen Massenverfahren aus Bundesratssicht nicht umsetzbar, zumal es sich um Auslandssachverhalte handelt. Dem Typisierungsgedanken folgend soll deshalb auch im Auslandsfall ein Höchstbetrag mit dem doppelten "Inlandsbetrag" gesetzlich festgeschrieben werden. Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung könnten dann die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1.000 Euro im Monat bei einer Unterkunft im Inland und höchstens 2.000 Euro im Monat bei einer Unterkunft im Ausland. (Lesen Sie dazu: Steuerfreier Arbeitgeberersatz für den Doppelhaushalt als Unterkunftskosten). Die Grenze von 2.000 Euro gilt nicht, wenn eine Dienst- oder Werkswohnung verpflichtend und zweckgebunden genutzt werden muss.
Die Bundesregierung will auch diesen Vorschlag des Bundesrates prüfen.
- Lohnkonto:
Eine Neuregelung in der LStDV soll die gesetzliche Grundlage für die digitale Aufbewahrung der zum Lohnkonto zu nehmenden Unterlagen und Belege nach Maßgabe des § 147 Absatz 2 AO schaffen. Danach können Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass
- die Belege inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
- und während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.
Hiervon abweichende Regelungen in den Lohnsteuer-Richtlinien (z. B. Original-Nachweise für steuerfreie Erstattung von Kinderbetreuungskosten, R 3.33 Abs. 4 Satz 3 LStR) oder Verwaltungsanweisungen (z. B. Erfordernis von Originalbelegen bei Anrechnung von selbst getragenen Kfz-Kosten, Rn. 62 des BMF-Schreibens vom 3. März 2022, BStBl. I S. 232) wären dann im Falle der Digitalisierung der Unterlagen und Belege nicht mehr anzuwenden. (Lesen Sie dazu: Nutzungsentgelte für laufende Nutzung des Firmenwagens).
Die Bundesregierung hatte dem Vorschlag des Bundesrates zugestimmt, ihn aber nicht in den Gesetzesbeschluss zum JStG übernommen.
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