Dr. Barbara Zuber, Stefan Ditsch
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Stand: EL 173 – ET: 06/2024
§ 50d Abs 10 S 1 EStG, nach dem Sondervergütungen abkommensrechtlich ausschließlich als Unternehmensgewinne zu qualifizieren sind, ist seinem Wortlaut nach nur dann anwendbar, wenn das DBA keine solche Sondervergütungen betreffende ausdrückliche Regelung enthält. Ausdrückliche Regelungen idS enthalten folgende DBA (s BMF vom 26.09.2014, BStBl I 2014, 1258 Tz 5.2.):
Algerien (Art 7 Abs 7) |
Singapur (Art 7 Abs 7) |
Ghana (Art 7 Abs 6) |
Syrien (Protokoll Tz 4 Buchst b zu Art 7) |
Kasachstan (Art 7 Abs 6) |
Tadschikistan (Art 7 Abs 7) |
Liechtenstein (Art 7 Abs 4) |
Türkei (Protokoll Tz 2 Buchst b zu Art 7 und 14) |
Mauritius (Art 7 Abs 7) |
Usbekistan (Art 7 Abs 7) |
Österreich (Art 7 Abs 7) |
Uruguay (Art 7 Abs 7) |
Oman (Art 7 Abs 7) |
Weißrussland (Art 7 Abs 7) |
Schweiz (Art 7 Abs 7) |
Zypern (Protokoll Tz 2 zu Art 7) |
Vergleichbare Regelungen finden sich auch in Art 4 Abs 3 DBA-Frankreich, Art 7 Abs 6 DBA Tunesien, Art 4 Abs 2 DBA Israel sowie Art 7 Asb 5 DBA Elfenbeinküste.
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Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Allen diesen Regelungen ist gemeinsam, dass sie ihrem Wortlaut gem nur die abkommensrechtlich anzuwendende Einkunftsart für Sondervergütungen als Unternehmensgewinne bestimmen. Mit Ausnahme der Protokollregelungen zum DBA Türkei und Zypern erfolgt dies unter Bezugnahme auf das innerstaatliche Recht des Betriebsstättenstaates: Abkommensrechtlich sind Sondervergütungen als Unternehmensgewinne zu behandeln, wenn sie nach innerstaatlichem Recht des Betriebsstättenstaates der Betriebsstätte der PersGes zuzurechnen sind.
Zweifelhaft war hier im Hinblick auf BFH vom 08.09.2010, I R 74/09, BStBl II 2014, 788, ob diese Sonderregelungen die beabsichtigte Zurechnung zu einer inländischen Betriebsstätte bewirken können (s Brunsbach/Endres/Lüdicke/Schnitger, Deutsche Abkommenspolitik – Trends und Entwicklungen 2012/2013, Nr 492 (2013), 80; Kudert/Kahlenberg, IStR 2013, 801/808; Pohl, IWB 2012, 120/124). Der BFH hat inzwischen in ständiger Rspr konkretisiert, dass sich die Betriebsstättenzuordnung abkommensrechtlich auch für den Sonderbetriebsbereich nach Veranlassungs- und Verursachungsgrundsätzen richtet und insb bei Vorhandensein keiner weiteren Betriebsstätte zu einer Zuordnung des Sonder-BV und der damit in Zusammenhang stehenden Vergütungen und sonstigen Sonder-BE/-BA zur inländischen Betriebsstätte führt (s BFH vom 12.06.2013, I R 47/12, BStBl II 2014, 770 mwN). Insoweit ist davon auszugehen, dass die abkommensrechtlichen Sonderregelungen Deutschland als Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht für Sondervergütungen grundsätzlich zuweisen können.
Die abkommensrechtlichen Sonderregeln beziehen sich regelmäßig ausschließlich auf Vergütungen, die ein Gesellschafter einer PersGes von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft, für die Gewährung von Darlehen oder für die Überlassung von WG bezieht. Nicht einbezogen sind damit sonstige Sonderbetriebserträge/-aufwendungen, nachträgliche Sondervergütungen und Sondervergütungen bei mittelbarer Mitunternehmerschaft. In diesen Fällen kommt § 50d Abs 10 EStG uE weiterhin zum Tragen (glA Rosenberg in Wassermeyer/Richter/Schnittker, PersGes im internationalen Steuerrecht, Rz 11.81; Pohl, DB 2013, 1572; zweifelnd Kudert/Kahlenberg, IStR 2013, 801/808; aA Cloer/Hagemann in B/B, § 50d EStG Rz 365b (07/2017); Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 45 (20. Aufl)).
Da nach derzeitigem Stand der Rspr (s BFH vom 12.06.2013, I R 47/12, BStBl II 2014, 770 mwN) auch für die abkommensrechtliche Betriebsstättenzuordnung auf die innerstaatlichen Zurechnungsgrundsätze des § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG zurückgegriffen werden kann, wird sich insb bei fehlenden weiteren Betriebsstätten des Mitunternehmers die Zurechnung nach § 50d Abs 10 EStG nicht von derjenigen nach abkommensautonomer Zuordnung unterscheiden (s Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 45a (20. Aufl); Hagemann/Kahlenberg/Kudert, Ubg 2014, 80).