Dr. Barbara Zuber, Stefan Ditsch
1. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
Rn. 181
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Tatbestandlich setzt § 50d Abs 10 EStG sowohl idF des JStG 2009 als auch idF des AmtshilfeRLUmsG voraus, dass Vergütungen iSd § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 Hs 2 und Nr 3 Hs 2 EStG vorliegen, auf die ein DBA Anwendung findet und dieses keine diese Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung enthält.
Persönlich richtet sich die Vorschrift damit sowohl an im Inland ansässige Mitunternehmer einer ausländischen PersGes als auch an ausländische Mitunternehmer einer inländischen PersGes. Sie kommt unabhängig von der Art der StPfl (unbeschränkt oder beschränkt) für natürliche und juristische Personen gleichermaßen zur Anwendung. Entsprechendes gilt für den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA (hierzu s Hagemann, IStR 2016, 608).
Sachlich betroffen sind Vergütungen, die der Gesellschafter für seine Tätigkeit im Dienst der PersGes, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von WG bezogen hat (§ 15 Abs 1 S 1 Nr 2 Hs 2 EStG) sowie die entsprechenden Vergütungen des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA (§ 15 Abs 1 S 1 Nr 3 Hs 2 EStG). Der Anwendungsbereich des § 50d Abs 10 idF des JStG 2009 erfasst nicht entsprechende Vergütungen freiberuflicher luf tätiger Mitunternehmerschaften, nachträgliche Einkünfte iSd § 24 Nr 2 EStG (zu Pensionsleistungen BFH vom 08.11.2010, I R 106/09, BFH/NV 2011, 365; BFH vom 07.12.2011, I R 5/11, BFH/NV 2012, 556) sowie Vergütungen mittelbar beteiligter Mitunternehmer iSv § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 S 2 EStG. Da sich der Wortlaut von § 50d Abs 10 S 1 EStG idF JStG 2009 nur auf Sondervergütungen bezieht, wurden auch sonstige Sonder-BE und -BA tatbestandlich nicht erfasst (BFH vom 08.09.2010, I R 74/09, BStBl II 2014, 788 Rz 19).
Diese tatbestandlichen Lücken wurden vom Gesetzgeber in § 50d Abs 10 idF des AmtshilfeRLUmsG beseitigt. § 50d Abs 10 S 2 EStG erweitert den Anwendungsbereich auf die durch das Sonder-BV veranlassten Sonder-BE und -BA, § 50d Abs 10 S 4 EStG bezieht mehrstöckige PersGes-Strukturen sowie nachträgliche Sondervergütungen mit ein und § 50d Abs 10 S 7 Nr 2 EStG erfasst nunmehr Einkünfte aus Mitunternehmerschaften, die zu den selbstständigen Einkünften iSd § 18 EStG gehören. Im Gegensatz zur Vorgängerregelung schließt § 50d Abs 10 EStG idF des AmtshilfeRLUmsG die Anwendung auf gewerblich geprägte Mitunternehmerschaften ausdrücklich aus (§ 50d Abs 10 S 7 Nr 2 EStG). Ebenso ausgeschlossen sind nach wie vor unter § 13 EStG fallende Vergütungen aus land- und forstwirtschaftlich tätigen Mitunternehmerschaften.
Rn. 182
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Nach beiden Gesetzesfassungen ist weiteres Tatbestandsmerkmal die Anwendung eines DBA, welches keine ausdrückliche Regelung für Sondervergütungen vorsieht (hierzu s Rn 194f). Derartige Sondervorschriften enthalten lediglich folgende DBA (s BMF vom 26.09.2014, BStBl I 2014, 1258, Anwendung der DBA auf PersGes, Tz 5.2.):
Algerien (Art 7 Abs 7) |
Singapur (Art 7 Abs 7) |
Ghana (Art 7 Abs 6) |
Syrien (Protokoll Tz 4 Buchst b zu Art 7) |
Kasachstan (Art 7 Abs 6) |
Tadschikistan (Art 7 Abs 7) |
Liechtenstein (Art 7 Abs 4) |
Türkei (Protokoll Tz 2 Buchst b zu Art 7 und 14) |
Mauritius (Art 7 Abs 7) |
Usbekistan (Art 7 Abs 7) |
Österreich (Art 7 Abs 7) |
Uruguay (Art 7 Abs 7) |
Oman (Art 7 Abs 7) |
Weißrussland (Art 7 Abs 7) |
Schweiz (Art 7 Abs 7) |
Zypern (Protokoll Tz 2 zu Art 7) |
Vergleichbare Regelungen finden sich auch in Art 4 Abs 3 DBA-Frankreich, Art 7 Abs 6 DBA Tunesien, Art 4 Abs 2 DBA Israel sowie Art 7 Abs 5 DBA Elfenbeinküste.
2. Zeitlicher Anwendungsbereich
Rn. 183
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
§ 50d Abs 10 EStG ist sowohl idF JStG 2009 als auch idF AmtshilfeRLUmsG 2013 in allen Fällen anzuwenden, in denen ESt und KSt noch nicht bestandskräftig festgesetzt sind (§ 52 Abs 59a S 10 und 11 EStG idF AmtshilfeRLUmsG 2013). Damit sind beide Gesetzesfassungen grundsätzlich parallel anwendbar (zur fehlenden Sinnhaftigkeit dieses Nebeneinanders s Beschluss des BFH vom 11.12.2013, I R 4/13, BStBl II 2014, 791 Rz 50); stimmen die jeweiligen Rechtsfolgen nicht überein, kommt nach der Lex-posterior-Regel die Fassung des AmtshilfeRLUmsG zum Zuge. Dies stellt eine verfassungswidrige echte Rückwirkung dar, da sich aufgrund der langjährigen durchgängigen Spruchpraxis des BFH ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine gefestigte Rechtslage bilden konnte (BFH vom 11.12.2013, I R 4/13, BStBl II 2014, 791 Rz 49 ff; glA statt vieler zB Schmidt, DStR 2013, 1704/1710 mwN; aA BT-Drs 17/33 033, 76; FG Mchn EFG 2009, 1954 rkr; Mitschke, FR 2013, 694). Der BFH hat deshalb Verfassungsbeschwerde eingelegt und ein Normenkontrollverfahren beim BVerfG eingeleitet (Az 2 BvL 15/14).
Rn. 184–186
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
vorläufig frei