Rn. 9
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Die Vorschrift des § 50g Abs 3 EStG enthält insb die Definitionen für die Begrifflichkeiten "Gläubiger", "Schuldner", "Zinsen", "Lizenzgebühren" und "verbundene Unternehmen". Ergänzend wirkt Anlage 3 durch die Definition der Begrifflichkeiten "Unternehmen" und "Steuern" iSd § 50g Abs 3 Nr 5 Buchst a Doppelbuchst aa bzw cc EStG.
Um Gestaltungen zu verhindern, die eine Quellensteuerentlastung durch die Zwischenschaltung eines Unternehmens anvisieren, muss der Gläubiger der Nutzungsberechtigte sein (§ 50g Abs 3 Nr 1 EStG). Ein Unternehmen ist als Nutzungsberechtigter und damit als Zahlungsgläubiger zu qualifizieren, wenn es Zins- bzw Lizenzeinkünfte iSd § 2 Abs 1 EStG erzielt. Eine Betriebsstätte qualifiziert als Nutzungsberechtigter, wenn die zugrundeliegende Forderung bzw das Recht tatsächlich zu der Betriebsstätte gehört und die Zinsen bzw Lizenzgebühren im Betriebsstättenstaat in die steuerliche Bemessungsgrundlage eingehen und einer der aufgezählten Steuern unterliegen.
Als Zahlungsschuldner gilt eine im Inland belegene Betriebsstätte nur, wenn die Zahlung bei der Ermittlung des Betriebsstättenergebnisses eine steuerlich abzugsfähige BA darstellt (§ 50g Abs 3 Nr 2 EStG).
Um eine bspw aus einem Qualifikationskonflikt resultierende Doppelzuordnung zu verhindern, schließt die Qualifizierung einer Betriebsstätte als Gläubiger oder Schuldner von Zins- oder Lizenzzahlungen aus, dass ein anderer Unternehmensteil als Schuldner oder Gläubiger derselben Forderung bzw Verbindlichkeit oder des Rechts angesehen wird (§ 50g Abs 3 Nr 3 EStG).
In § 50g Abs 3 Nr 4 EStG sind die Definitionen für Zinsen und Lizenzgebühren enthalten. Die Definitionen sind vergleichsweise weit und orientierten sich an Art 11 Abs 3 OECD-MA bzw Art 12 Abs 2 OECD-MA. Explizit ausgenommen von der Zinsdefinition werden jedoch Verspätungszuschläge und Kapitalrückzahlungen.
Für Zwecke der Definition des Begriffs "Unternehmen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union" wird grds auf die Aufzählung in Anlage 3 zu § 50g EStG verwiesen. Zusätzlich muss das Unternehmen in einem EU-Mitgliedstaat aufgrund einer unbeschränkten StPfl ansässig sein ohne nach der Tie-Breaker-Rule eines DBA in einem Drittstaat als ansässig zu gelten sowie einer der in Anlage 3 zu § 50g EStG aufgeführten Steuern unterliegen, ohne von dieser befreit zu sein (§ 50g Abs 3 Nr 5 Buchst a EStG).
Als verbundenes Unternehmen sind nur solche Unternehmen anzusehen, bei denen eine unmittelbare Beteiligung iHv mindestens 25 % am Kapital vorliegt oder wenn sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner zu jeweils mindestens 25 % von einem gemeinsamen Mutterunternehmen gehalten werden; erneut ist die Beteiligung am Kapital relevant, die Höhe der Stimmrechte ist hingegen unerheblich. Darüber hinaus müssen die jeweiligen Beteiligungen ausschließlich zwischen in der EU ansässigen Unternehmen bestehen (§ 50g Abs 3 Nr 5 Buchst b EStG).
Beispiel:
Die in Großbritannien ansässige Private company limited by shares (Ltd) ist 100 %ige Gesellschafterin sowohl von einer in Deutschland ansässigen GmbH als auch von einer in Frankreich ansässigen SARL. Die SARL gewährt der GmbH eine fremdvergleichsübliche Lizenz.
Aufgrund des Brexits stellt die Ltd nicht mehr ein in der EU ansässiges Unternehmen dar, sodass, mangels Erfüllens der Tatbestandsvoraussetzung "verbundenes Unternehmen" iSd § 50g Abs 3 Nr 5 Buchst b Doppelbuchst cc u S 2 EStG eine Quellensteuerentlastung auf die Lizenzzahlungen für die Ltd nach § 50g EStG nicht mehr möglich ist. Allerdings gelingt die Entlastung von Quellensteuern auf Basis des mit Frankreich abgeschlossenen DBA.
Nachteilige Folgen ergeben sich in der Praxis insb durch die vergleichsweise enge Definition der verbundenen Unternehmen. So scheidet in einem mehrstufigen Konzern die Quellensteuerentlastung bspw aus, wenn die Zins- bzw Lizenzzahlung zwischen nur mittelbar zu 100 % aneinander beteiligten Unternehmen erfolgt (s Rn 2 mit Bsp 2).
Eine Betriebsstätte wird entsprechend Art 5 Abs 1 OECD-MA als eine in der EU belegene feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit eines EU-Unternehmens ausgeübt wird, definiert (§ 50g Abs 3 Nr 5 Buchst c).