Rn. 100
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Die aus verfahrensmäßigen Gründen sehr hoch angesetzten Ausgangswerte des § 55 Abs 2 EStG hatten bis weit in die 1980er Jahre zur Folge, dass bei Grundstücksveräußerungen oder -entnahmen entstehende Gewinne nur sehr maßvoll bzw häufig gar nicht der Besteuerung unterworfen wurden, insb bei Grundstücksgeschäften innerhalb des landwirtschaftlichen Bereichs. Andererseits durften die hohen Ausgangswerte jedoch nicht dazu führen, dass bei Grundstücksveräußerungen oder -entnahmen Verluste geltend gemacht werden können.
Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Verlustbeschränkung des § 55 Abs 6 EStG vorgesehen (im Einzelnen BFH vom 10.08.1978, BStBl II 1979, 103; BFH vom 08.08.1985, BStBl II 1986, 6); die Klausel beinhaltet die gesetzliche Fiktion, dass eine Differenz zwischen Veräußerungs-/Entnahmepreis und doppeltem Ausgangswert stets auf einer zu hohen Bewertung zum 01.07.1970 beruht, gleichgültig, ob inzwischen wertmindernde Umstände, wie etwa eine Veränderung der Preisverhältnisse oder aber auch tatsächliche Veränderungen am Grundstück selbst, eingetreten sind oder nicht (BFH vom 16.10.1997, BStBl II 1998, 185).
Allein diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung, auch wenn sie in der Literatur teilweise für unbefriedigend angesehen wird (Kleeberg in K/S/M, § 55 EStG Rz G 11 sowie Felsmann, A 1221). Es ist danach nicht zulässig, die eingetretene Wertminderung nach ihren Ursachen aufzuspalten und die Teilwertminderung bzw den Veräußerungs- oder Entnahmeverlust teilweise doch zu berücksichtigen. Dies bedeutet auch, dass zB ein Erlös aus dem Verkauf nur der (zum luf BV rechnenden) Ackerkrume (zB an ein gewerbliches Abbauunternehmen für deren Rekultivierungszwecke) als BE zu erfassen ist, während andererseits die dadurch eintretende Wertminderung am landwirtschaftlichen Grundstück nicht gewinnwirksam berücksichtigt werden kann, zumindest dann, wenn der Grund und Boden nach § 55 Abs 1–4 EStG bewertet ist (BFH vom 10.08.1978, aaO; s Rn 120).
Rn. 101
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In Abgrenzung zu seiner Aussage im Urt BFH vom 10.08.1978, BStBl II 1979, 103, wonach jeder Verlust aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden grundsätzlich dem Ausgleichsverbot des § 55 Abs 6 EStG unterliege, führt der BFH in den Urt vom 05.03.1998 (BFH BStBl II 2003, 54; BFH BStBl II 2003, 56) nunmehr aus, dass nur diejenigen wertbeeinflussenden Entwicklungen und Umstände vom Ausgleichsverbot betroffen seien, welche der Gesetzgeber bei Erlass der Vorschrift auch tatsächlich habe vorhersehen können. Nicht vorhersehbar und daher von der Verlustausschlussklausel nicht berührt seien demzufolge Wertveränderungen, die sich daraus ergeben, dass ehemals mit im Grund und Boden enthaltene (und über die EMZ mit bewertete) Nutzungsbefugnisse, wie zB die Möglichkeit zur Milch- oder Zuckerrübenerzeugung, zu einem eigenständigen (immateriellen) WG erstarken. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Regelung der Vorschrift, nur solche Verluste vom Ausgleich auszuschließen, die nicht auf eine tatsächliche Vermögenseinbuße zurückgehen (BT-Drs VI/1901, S 14).
§ 55 Abs 6 EStG enthalte demzufolge eine (verdeckte) Regelungslücke, weil der Gesetzgeber bei Einführung der Bodengewinnbesteuerung im Jahr 1971 noch nicht voraussehen konnte, welche Auswirkungen später angeordnete administrative Maßnahmen zur Ein- bzw Beschränkung der Produktion auf den Ausgangsbetrag nach § 55 Abs 1 und 2 EStG haben würden. Diese Regelungslücke sei dergestalt zu schließen, dass in Betriebsveräußerungs- bzw -aufgabefällen dem gemeinen Wert des Grund und Bodens und der Milchreferenzmenge die Buchwerte nach § 55 Abs 1 EStG des Grund und Bodens gegenüberzustellen sind und in diesen Fällen die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs 6 EStG nicht isoliert auf den Grund und Boden anzuwenden sei (sog Einheitsbetrachtung).
Beispiel (nach BFH vom 05.03.1998, BStBl II 2003, 56):
Der LuF veräußert den Betrieb für insgesamt 1,4 Mio; darin enthalten ist ein Kaufpreisanteil iHv 600 000 für den Grund und Boden, 350 000 für die Milchreferenzmenge sowie 450 000 für die übrigen WG. Der Buchwert des nach § 55 Abs 1 EStG bewerteten Grund und Bodens beträgt 1,2 Mio, der für die übrigen WG 100 000.
Rn. 102
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Als Konsequenz zur vorstehend genannten Rspr hat der Gesetzgeber iRd StEntlG 1999/2000/2002 in § 55 Abs 1 EStG einen Satz 2 angefügt, mit dem klargestellt werden sollte, dass der nach § 55 Abs 1 und 2 EStG anzusetzende Ausgangswert nur den nackten Grund und Boden und nicht die mit ihm in Zusammenhang stehenden WG und Nutzungsbefugnisse umfasst; korrespondierend hierzu stellt § 55 Abs 6 S 2 EStG klar, dass Verluste, die bei der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden, der nach § 55 Abs 1 und 2 EStG angesetzt wurde, in dem Umfang nicht berücksichtigt werden dürfen, als der ausschließlich auf den Grund und Boden entfallende Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten unter dem Zwe...