Rn. 56
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Mit Urt vom 05.03.1998 (BFH BStBl II 2003, 54; BFH BStBl II 2003, 56) hat der BFH entschieden, dass bei Betriebsveräußerung oder -aufgabe die gemeinen Werte des Grund und Bodens und der Milchreferenzmenge zur Ermittlung des Veräußerungs- bzw Aufgabegewinns dem nach § 55 Abs 1 EStG pauschalierten Wert des Grund und Bodens gegenüberzustellen seien und in diesem Fall die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs 6 EStG nicht isoliert auf den Grund und Boden anzuwenden sei (sog Einheitsbetrachtung).
In Fortentwicklung dieser Rspr (BFH vom 24.06.1999, BStBl II 2003, 58; BFH vom 25.11.1999, BStBl II 2003, 61) hat der BFH unter Bezugnahme auf seine Rspr zu Aktienbezugsrechten entschieden, dass das infolge der Einführung der Milchreferenzmenge entstandene neue WG "Milchreferenzmenge" dem LuF nicht unentgeltlich zugegangen sei. Der Vorgang der Verselbstständigung zu einem eigenständigen WG ist vielmehr des dem Begriff der AK immanenten Surrogationsgedankens folgend in der Weise zu behandeln, dass sich die auf den ursprünglich angeschafften Grund und Boden entfallenden AK/HK in einem davon abgespaltenen Vermögensgegenstand, nämlich der Milchreferenzmenge, fortsetzen (Abspaltungsthese).
Das Aktivierungsverbot des § 5 Abs 2 EStG stehe dem nicht entgegen, weil die Zuweisung einer Milchreferenzmenge gerade keine unentgeltliche Zuwendung eines bis dahin im Betrieb nicht vorhandenen WG durch den Gesetzgeber oder die Verwaltungsbehörde darstelle, sondern der LuF vielmehr durch Einführung der MilchgarantiemengenVO (MGV) einen (wenn auch im Einzelnen nicht näher bezifferbaren) Wertverlust im Grund und Boden erlitten habe. § 55 Abs 6 EStG aF enthalte insoweit eine Gesetzeslücke, als danach der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Vorschrift keine Vorsorge dafür getroffen hat, dass der Wert des Grund und Bodens nachträglich durch die (im Jahre 1984 erfolgte) Zuteilung von Milchreferenzmengen gemindert worden ist und sich demzufolge (bei Bekanntsein dieses Umstands bereits in 1970) auch ein geringerer Ausgangsbetrag ergeben hätte.
Rn. 57
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Um die sich aus der vorstehend in s Rn 56 angeführten Rspr ergebenden, vom Gesetzgeber nicht gewollten Auswirkungen abzuwenden, wurde durch das StEntlG 1999/2000/2002 in § 55 Abs 1 EStG ein zweiter Satz eingefügt, der (mit Rückwirkung, § 52 Abs 60 EStG idF StEntlG) klarstellen sollte, dass zu dem nach § 55 Abs 1 S 1 EStG bewerteten Grund und Boden nicht die mit ihm in Zusammenhang stehenden WG und Nutzungsbefugnisse gehören; gleichzeitig wurde § 55 Abs 6 S 1 EStG insoweit ergänzt, als danach nur der auf den nackten Grund und Boden entfallende Verlust vom Berücksichtigungsverbot des § 55 Abs 6 EStG betroffen ist. Damit sollte die Rechtslage, wie sie der Verwaltungsauffassung vor Ergehen der BFH-Urt vom 05.03.1998, aaO, entsprach, wiederhergestellt werden (s BT-Drs 14/442, 32).
Rn. 58
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Im Urt vom 24.06.1999 (BFH BStBl II 2003, 58) hat der BFH allerdings ausgeführt, dass sich an der in den Urt vom 05.03.1998 (BFH BStBl II 2003, 54; BFH BStBl II 2003, 56) beschriebenen Rechtslage durch die rückwirkend in Kraft getretene Neufassung des § 55 EStG idF StEntlG 1999/2000/2002 nichts geändert habe; der Gesetzeswortlaut spreche vielmehr gerade für die Rechtsauffassung des BFH (im Einzelnen s BFH vom 24.06.1999, BStBl II 2003, 58 unter 4.). Als Gegenreaktion hierauf hat der BR (auf Antrag Niedersachsens) im Rahmen seiner Stellungnahme zum StBereinG 1999 (BR-Drs 475/99) eine erneute Änderung des § 55 EStG vorgeschlagen, die jedoch vom BT nicht aufgegriffen und somit nicht umgesetzt wurde.
Rn. 59
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Angesichts der gefestigten höchstrichterlichen Rspr sowie der Fehlschläge des Gesetzgebers, § 55 EStG so zu ändern, dass das neben den Grund und Boden neu hinzutretende WG "Milchreferenzmenge" als unentgeltlich im BV entstanden zu werten ist, hat die FinVerw ihren "Widerstand" aufgegeben und die Rspr-Grundsätze im BMF vom 14.01.2003, BStBl I 2003, 78 umgesetzt. Im Urt vom 20.03.2003 (BFH BFH/NV 2003, 1403) konstatiert der BFH der FinVerw, dass diese seine Rspr-Grundsätze zutreffend umgesetzt habe.
Rn. 60
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
In seiner Entscheidung (BFH vom 10.06.2010, BStBl II 2012, 551) übt der BFH Kritik an der bisherigen Senatsrechtsprechung in Bezug auf die Abspaltung der Milchlieferrechte aus dem Buchwert des Grund und Bodens. Gleichwohl sieht er von einer Rspr-Änderung ab, weil zum einen die FinVerw zwischenzeitlich in einer aufwendigen Verwaltungsaktion die Buchwertabspaltung durchgeführt hat und zum zweiten, weil wegen des Auslaufens der Milchquotenregelung zum 31.03.2015 diese Fälle an Bedeutung verlören. Dies bedeutet, dass bei einem Verkauf von Milchlieferrechten bis dahin die Buchwertabspaltung weiterhin zu beachten war. Nach Auslaufen der Milchquotenregelung zum 31.03.2015 ist dann ein verbleibender – aus pauschal bewertetem Grund und Boden abgespaltener – Buchwert erfolgsneutral wieder dem Grund und ...