Dipl.-Finanzwirt Hans-Jürgen Weiland
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Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Mit dem Gesetz zur Anpassung der technischen und steuerlichen Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard (SeeschifffahrtsanpassungsG) vom 09.09.1998, BStBl 1998, 1158 (BGBl I 1998, 2860) ist mit dem § 5a EStG eine pauschale Gewinnermittlung für den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr in Abhängigkeit der im Betrieb geführten Tonnage geschaffen worden.
Durch das StEntlG 1999/2000/2002 wurden diverse steuerliche Sonderbestimmungen zugunsten der deutschen Seeschifffahrt abgeschafft. So wurde die Übertragungsmöglichkeit stiller Reserven (§ 6b EStG), die Tarifbegünstigung des § 34c Abs 4 EStG und die Anwendung des halben Steuersatzes auf Veräußerungsgewinne abgeschafft (mit § 34 Abs 3 EStG idF StSenkErgG wurde der halbe Steuersatz auf Veräußerungsgewinne mit Wirkung ab 01.01.2001 wieder eingeführt). Die Abschaffung dieser Sonderbestimmungen gab Anlass zu ernsthafter Sorge um die Zukunft des Seeschifffahrt-Standortes Deutschland (BT-Drucks 480/97).
Gleichzeitig verbesserten europäische Nachbarn systematisch die Rahmenbedingungen für ihre internationale Seeschifffahrt. Inzwischen ist die pauschale Besteuerung der Einkünfte aus internationaler Handelsschifffahrt europäischer Standard (Norwegen, Niederlande, Großbritannien, Dänemark, Irland, Italien, Spanien, Finnland, Zypern, Griechenland, Schweden, Frankreich, Belgien, Lettland und Malta).
Das Gutachten "Die Wettbewerbssituation deutscher Schifffahrtsunternehmen im Hinblick auf die aktuelle Situation (1997–1999) und den Faktor Arbeit auf Seeschiffen im Vergleich zu niederländischen Schifffahrtsunternehmen" der C&L Deutsche Revision geht deshalb zu Recht davon aus, dass ohne weitere gesetzgeberische Maßnahmen eine Ausflaggungs- und Abwanderungswelle zum Verlust von 6 000 Arbeitsplätzen für deutsche Seeleute eingetreten wäre. Dies würde auch die Arbeitsplätze in den Werften, bei den Schiffsausrüstern und Charterern, in den deutschen Häfen und nicht zuletzt in der mit der Seeschifffahrt verbundenen Verkehrswirtschaft bedrohen und zu weiteren steuerlichen Einnahmeausfällen und zu höheren Sozialausgaben des Staates führen.
Die pauschale Gewinnermittlung nach der Tonnage bewirkt eine effektive Steuerentlastung und setzt dafür eine langfristige Bindung des aktiven Schifffahrtsbetriebes an den Standort Deutschland voraus. Damit sind den deutschen Reedern Rahmenbedingungen geschaffen worden, die sie im globalen Wettbewerb wettbewerbsfähig halten, um damit die Arbeitsplätze der deutschen Seeschifffahrt und der damit verbundenen maritimen Wirtschaft dauerhaft zu sichern (BT-Drucks 13/8023).
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Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Vorbildlich der niederländischen pauschalen Gewinnermittlung nach der Tonnage (§ 8c EStG-NL, dazu Stevens, IStR 1996, 323) ging die Gesetzesinitiative von der Bundesregierung, vertreten durch das Bundesverkehrsministerium, aus (BT-Drucks 13/9722). Dem ohnehin komplizierten deutschen Ertragssteuerrecht wurde damit ein derart fremdes System implantiert, das in weiten Teilbereichen unter Anwendung herkömmlicher Grundsätze nicht praktizierbar erschien. Die Regelung führt – so die Schätzung lt BT-Drucks 13/10271, 2 – voraussichtlich zu Steuermindereinnahmen von jährlich rd 85 Mio EUR. Obgleich die Regelung eine als Gewinnermittlung verkleidete Subvention darstellt, hat die EU-Kommission die Regelung als mit dem EG-Vertrag vereinbar angesehen und die erforderliche Zustimmung erteilt (BGBl 1998, 4023; BStBl 1999, 828).
Rn. 3
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vorläufig frei