Jürgen Dräger, Tobias Müller
a) Keine gesetzliche Definition des Begriffs
Rn. 1791
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Für das Tauschgeschäft bietet das EStG keine Definition an. Zurückgegriffen werden muss deshalb auf § 515 BGB. In bilanzrechtlicher Hinsicht ist ein Tauschgeschäft dahin zu interpretieren, dass bei jedem der beiden Tauschpartner ein Anschaffungsvorgang und ein Buchabgang für ein anderes WG vorliegt. Für Zwecke der StB gilt das Tauschgeschäft als Realisationsvorgang. Jeder Partner der Tauschparteien wird so behandelt, als ob er ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft getätigt hätte.
Gegenstand des Tausches können Sachen, Rechte oder andere immaterielle WG sein. Nutzungsrechte können nur dann Gegenstand eines Tausches idS sein, wenn sie die Voraussetzungen eines WG erfüllen. Denn § 6 Abs 6 S 1 EStG setzt den Tausch mindestens zweier WG (grds können auch gleichzeitig mehrere WG getauscht werden) voraus. Diese wären erfüllt, wenn das Nutzungsrecht aufgrund dinglicher Absicherung oder schuldrechtlicher Vereinbarung eine gesicherte Rechtsposition gewährt (BFH v 09.08.1989, X R 20/86, BStBl II 1990, 128) und selbständig bewertbar ist (Eckstein in H/H/R, § 6 EStG Rz 1715 (08/2021)). S die Erläuterungen unter s Rn 195ff.
Daneben sind tauschähnliche Geschäfte wirtschaftlich mit einem Tausch vergleichbar. Auch sie unterliegen der Anwendung des § 6 Abs 6 S 1 EStG. Zu diesen gehören inbs gesellschaftsrechtliche Einbringungsvorgänge (s Rn 1794).
Rn. 1792–1793
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei
b) Gesellschaftsrechtliche Einbringungsvorgänge
Rn. 1794
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die offene Sacheinlage in eine KapGes, bei der der Gesellschafter einer KapGes seine gesellschaftsrechtliche Einlage durch Übertragung einzelner WG aus seinem PV gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erbringt (Sachgründungen bzw Sachkapitalerhöhungen iSd Gesellschaftsrecht), unterfällt als tauschähnlicher Vorgang § 6 Abs 6 S 1 EStG. Nach Rspr des BFH liegt in diesen Fällen eine entgeltliche Veräußerung (BFH v 06.04.2011, IX R 41/10, BFH/NV 2011, 1850; BFH v 20.04.2011, I R 97/10, BStBl II 2011, 815) sowie auf Seiten der KapGes eine Anschaffung (BFH v 19.09.2002, X R 51/98, BStBl II 2003, 394; BFH v 08.11.2005, VIII R 11/02, BStBl II 2006, 253; BFH v 24.04.2007, I R 35/05, BStBl II 2008, 253) vor.
Dies gilt auch bei Einbringung von WG des BV gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (BFH v 20.04.2011, I R 2/10, BStBl II 2011, 761; BFH v 12.12.2012, I R 28/11, BStBl II 2017, 1265).
In den Fällen eines Anteilstausches richtet sich die Bewertung vorrangig nach § 21 UmwStG.
Mit letztgenannten Urt hat der BFH klargestellt, dass auch die im Zuge der Ausgliederung übernommenen Pensionsverpflichtungen mit den AK und nicht mit den Teilwerten nach Maßgabe des § 6a Abs 3 EStG 2002 zu bewerten sind.
Ein entgeltlicher Anschaffungsvorgang liegt auch bei der gemischten Sacheinlage vor, wenn die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und zB Zuzahlungen oder Schuldenübernahme erfolgen (BFH v 24.06.2009, X R 36/06, BStBl II 2010, 171; BFH v 12.12.2012, I R 28/11, BStBl II 2017, 1265). In diesen Fällen stellt die Zuzahlung seitens der KapGes ein Entgelt dar. Bei der KapGes kommt es zu einer Anschaffung. Das im Wege der Sacheinlage erhaltene WG ist mit den AK anzusetzen, welche dem gemeinen Wert des hingegeben WG (der Einlagenforderung) entsprechen.
Sollte infolge der Sacheinlage von Anteilen an Gesellschaften GrESt entstehen (zB infolge einer Anteilsvereinigung), gehört die GrESt nicht zu den Anschaffungsnebenkosten der eingebrachten Anteile (BFH v 20.04.2011, I R 2/10, BStBl II 2011, 761). Denn zu den AK gehören grds nur solche Aufwendungen, die wirtschaftlich dem Erwerb des WG zuzuordnen sind, jedoch nicht solche Aufwendungen, die in einem bloßen zeitlichen oder kausalen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen. Deswegen führt die GrESt zu sofort abziehbarem Aufwand.
Der Gesellschafter setzt die erworbenen Anteile an der KapGes ebenfalls mit den AK an, folglich mit dem gemeinen Wert der hingegebenen Sacheinlage (BFH v 06.04.2011, BFH/NV 2011, 1850; BFH v 12.04.2017, I R 36/15, BFH/NV 2018, 58 betreffend offene Sacheinlage einer gegen die KapGes selbst gerichteten Forderung).
Mit letztgenannten Urt hat der BFH klargestellt, dass sich die Bewertung der offenen Sacheinlage von derjenigen der verdeckten Einlage unterscheidet, weil sich bei Letzterer die AK der Anteile gem § 6 Abs 6 S 2 EStG um den Teilwert und nicht um den gemeinen Wert erhöhen. Zugleich hat der BFH entschieden, dass ein etwaiger Konzernrückhalt einer Konzerngesellschaft die Bewertung einer konzerninternen Forderung in der Bilanz der Obergesellschaft nicht beeinflusst. Ob die FinVerw diesen Grundsatz anerkennt, bleibt abzuwarten (Märtens, jurisPR-SteuerR 6/2018 Anm 3).
Rn. 1795
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die offene Sacheinlage in eine PersGes, bei der einzelne WG aus dem PV gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine PersGes eingebracht werden (häufig auch als Einbringung bezeichnet), unterfällt ebenfalls als tauschähnlicher Vorgang § 6 Abs 6 S 1 EStG. Die Bewertung der Anschaffung auf Seiten der PersGe...