Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 1611
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Bei Übertragung eines einzelnen WG (auch mehrerer und negativer WG) gilt nach § 6 Abs 5 S 3 Nr 1 EStG S 1 des § 6 Abs 5 EStG entsprechend, wenn die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem BV des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt erfolgt. Damit umfasst die Regelung jene Fälle, in denen ein StPfl (natürliche Personen, PersGes als auch KapGes) zugleich einen Betrieb hat und Mitunternehmer einer PersGes ist.
Die Voraussetzung, dass der StPfl Mitunternehmer der PersGes ist, setzt der Gesetzeswortlaut der Nr 1 selbst nicht voraus, wird jedoch aus § 6 Abs 5 S 3 Nr 2 EStG abgeleitet (Niehus/Wilke in H/H/R, § 6 EStG Rz 1570 (08/2021)). Ausreichend ist, wenn der StPfl erst durch die Übertragung Gesellschafter der PersGes wird (BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279 Tz 5, 12). Die Regelung findet sowohl für natürliche Personen, PersGes als auch KapGes Anwendung, allerdings sind die Regeln der vGA und verdeckten Einlage zu beachten (s Rn 1543). Bei KapGes gelten die Sonderregelungen der Sätze 5 und 6. Zum wirtschaftlichen Interessensgleichklang und Bsp s Rn 1543.
Rn. 1612
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Strittig war bislang, ob diese Regelung hinsichtlich der Bewertung einzelner WG neben der vorrangigen Anwendung der spezielleren Regelungen der § 6 Abs 3 EStG (unentgeltliche Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen), § 16 Abs 3 S 2 EStG über die Realteilung sowie § 24 UmwStG über die Einbringung von BV in eine PersGes Anwendung finden kann, dh bei gleichzeitiger Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils. Jedenfalls hat der BFH v 02.08.2012, IV R 41/11, BFHE 238, 135; s Rn 1421, 1422, 1425, 1442) entschieden, dass § 6 Abs 3 und 5 EStG gleichrangig sind und daher nebeneinander zur Anwendung kommen können (s Rn 1405, 1421), dieser Auffassung folgt nunmehr auch die FinVerw.
Somit kommt die gleichzeitige Anwendung der Buchwertprivilegien nach § 6 Abs 3 und 5 EStG in Betracht. Sie findet ihre Grenzen allerdings dann, wenn nach der Auslagerung von funktional wesentlichem BV/Sonder-BV gem § 6 Abs 5 EStG keine funktionsfähige Einheit mehr besteht (vgl BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rz 12). Die Gesamtplan-Rspr steht der Anwendung des § 6 Abs 5 EStG nicht entgegen.
Darüber hinaus hat der BFH klargestellt, dass § 16 Abs 3 S 2ff EStG als speziellere Regelung bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus der PersGes zB bei Sachwertabfindung in Gestalt von Einzel-WG § 6 Abs 5 S 3 EStG vorgeht (s Rn 1751).
Rn. 1613
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Übertragungen müssen aus dem BV oder Sonder-BV erfolgen (zum Umfang s Rn 1416). Nicht erfasst sind Übertragungen aus dem PV (BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279 Tz 13). Nach dem Wortlaut unterfallen Übertragungen eines WG aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft nicht dieser Regelung. Dies hat der BFH v 25.11.2009, I R 72/08, BStBl II 10, 471 klargestellt, wobei der IV. Senat gegen die Aufdeckung der stillen Reserven ernstliche Zweifel erhebt (s Rn 1720). Dies gilt auch für Übertragungen zwischen beteiligungsidentischen PersGes (s Rn 1720). Unter die Regelung des § 6 Abs 5 S 3 EStG fallen jedoch Übertragungen zwischen mehrstöckigen PersGes, dh zwischen Unter- und Ober- PersGes (BFH v 30.03.2017, IV R 11/15, BFHE 257, 324).
Rn. 1614
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Übertragungen müssen entweder aus dem oder in das Gesamthandsvermögen der PersGes erfolgen. Dabei unterfallen unter den Begriff der Übertragung alle zivilrechtlichen Vorgänge, die zu einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an dem WG zwischen den beteiligten Rechtsträgern und damit zu einem Rechtsträgerwechsel führen. Dazu gehören sowohl Kauf, Tausch als auch die Schenkung. Übertragungen können unentgeltlich, entgeltlich oder teilentgeltlich erfolgen. Aus steuerlicher Sicht sind sie von Überführungen zu unterscheiden, die gerade nicht zu einem Rechtsträgerwechsel führen.
In zeitlicher Hinsicht ist es ausreichend, wenn die Mitunternehmerschaft erst durch die Übertragung entsteht. Entsprechendes gilt, wenn der StPfl erst im Zuge der Übertragung Mitunternehmer wird (BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279 Tz 12).
Rn. 1615
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Der Buchwertansatz gilt ausschließlich für Übertragungen, die unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgen. Somit ist es anders als bei Einbringungen aus dem PV (s Rn 1156f) bezüglich des Buchwertansatzes unerheblich, ob die Einbringung "entgeltlich" gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder in die sog gesamthänderisch gebundene Kapitalrücklage ("unentgeltlich") erfolgt.
Obwohl Übertragungen gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus steuerlicher Sicht ein tauschähnliches Geschäft darstellen, erfolgt die Bewertung zum Buchwert. § 6 Abs 5 EStG hat Vorrang gegenüber der Bewertung na...