Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 1846
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
§ 6 Abs 6 S 2 EStG enthält – wie auch S 1 – nur die Besteuerungsfolgen beim Gesellschafter (s Rn 704), der die Beteiligung an der KapGes im BV hält und ein WG aus seinem BV verdeckt in diese KapGes einlegt. Die Regelung bestimmt, dass sich bei diesem die AK auf die Beteiligung an der KapGes um den Teilwert des eingelegten WG erhöhen (zum Teilwert s Rn 400ff). In dieser Höhe erfolgt eine Aufstockung des Buchwertes der Beteiligung. Im Rahmen eines Forderungsverzichtes führt daher lediglich der werthaltige Anteil der Forderung zu nachträglichen AK (BFH GrS 1/94, BStBl II 1998, 307), weil dieser dem Teilwert der Forderung entspricht. Der nicht werthaltige Teil der Forderung führt, sofern nicht bereits abgeschrieben, zu laufenden BA.
Liegen die Voraussetzungen des S 3 vor, ist die Erhöhung der AK auf den Einlagewert des WG beschränkt (s Rn 1861). Die Erhöhung der AK der Beteiligung führt beim Gesellschafter zu einer entsprechenden Aufstockung des Buchwerts der Beteiligung um den Teilwert des WG oder des Einlagewerts. Der Begriff der AK ist also mit dem der fortgeführten AK der Beteiligung an der KapGes gleichzusetzen, dh mit deren Buchwert.
Rn. 1847
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die weiteren Besteuerungsfolgen der verdeckten Einlage ergeben sich nicht aus § 6 Abs 6 S 2 EStG, sondern aus den allg Regelungen. Danach geht der verdeckten Einlage eine Entnahme des einzulegenden WG aus dem BV des Einlegenden voraus (st BFH-Rspr zB BFH v 16.06.2004, BStBl II 2005, 378). Das gilt auch für die Einbringung einer 100 %igen Beteiligung an einer KapGes (BFH v 20.07.2005, BStBl II 2006, 457).
Zur Bewertung der Entnahme s Rn 1061ff.
Wertmaßstab ist nach § 6 Abs 1 Nr 4 EStG ebenfalls der Teilwert. Folglich sind die stillen Reserven im abgebenden BV aufzudecken. Diese sind vom einlegenden Gesellschafter als laufender Gewinn zu versteuern und gehen nicht auf die aufnehmende KapGes über. § 6b EStG kommt nach hier vertretener Auffassung nicht zur Anwendung, weil die verdeckte Einlage gerade keine Veräußerung und damit keinen entgeltlichen Vorgang, sondern einen unentgeltlichen Vorgang darstellt (ebenso Eckstein in H/H/R, § 6 EStG Rz 1728 (08/2021)). Hierzu folgendes Bsp (in Anlehnung an Kirchner, StuB 2006, 423).
Beispiel:
Im BV des Einzelunternehmers U befinden sich GmbH-Anteile. Ein im Jahr 01 angeschafftes WG mit einem Buchwert von 50 wird im Jahr 05 ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten (verdeckt) in das GmbH-Vermögen eingelegt, der Teilwert beträgt 100.
Bei der GmbH ist zu buchen: Per WG 100 an Kapitalrücklage 100.
Beim Einzelunternehmer erhöhen sich die AK auf die Beteiligung um den Teilwert 100. Daraus resultiert ein "Einbringungsgewinn" von 50 (Entnahmegewinn s unten).
Buchungen beim Einzelunternehmen:
Per Beteiligung an GmbH 100 |
an Buchwert WG 50 |
|
an Ertrag 50. |
Rn. 1848
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei
Da die verdeckte Einlage in eine KapGes keinen entgeltlichen, sondern einen unentgeltlichen Vorgang darstellt, erwirbt die KapGes das eingelegte WG nicht entgeltlich, sondern im Wege einer Einlage. Die Bewertung des WG richtet sich daher bei der KapGes nach § 6 Abs 1 Nr 5 EStG. Somit kommt der Teilwert zum Ansatz. Das führt zu einem Auslegungsproblem für den häufigen Fall des Forderungsverzichtes des Gesellschafters, der als Einlage in das Gesellschaftsvermögen gewertet wird (auch s Rn 704ff).
Nach dem Beschluss des GrS BFH BStBl II 1998, 307 soll der Teilwert der Forderung für die Bewertung bei der Gesellschaft maßgeblich sein, obwohl die Gesellschaft keine Forderung, sondern eine Verbindlichkeit hat. Der Teilwert der Forderung entspricht dem Betrag, den der Betriebsinhaber für den Erwerb der Forderung hätte aufwenden müssen (BFH GrS 1/94, BStBl II 1998, 307). Der Teilwert einer Forderung ist jedenfalls EUR 0, sofern die Forderung eines Gesellschafters gegen eine überschuldete KapGes besteht (BFH I R 35/04, BStBl II 2006, 132; Kulosa in Schmidt, § 6 EStG Rz 881 (42. Aufl 2023)).
Rn. 1849
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Für die Steuerplanung interessieren in diesem Zusammenhang insb die Fragen der bilanzmäßigen Sanierung von Tochter-KapGes, s hierzu unter s Rn 706 ff ausführlich.
Rn. 1850
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Sollte die KapGes als Gegenleistung für die Einlage ein Entgelt leisten, das jedoch den Teilwert des WG unterschreitet, würde ein teilentgeltlicher Vorgang vorliegen. Dann würde eine Aufstockung der Beteiligung aufgrund der Teilentgeltlichkeit der Einlage lediglich in Höhe der Differenz zwischen dem Teilwert des WG und dem erhaltenen Entgelt erfolgen. Die Gewinnermittlung erfolgt nach der Trennungstheorie, nach Auffassung der FinVerw nach der strengen Trennungstheorie (zum Meinungsstreit zwischen der strengen und modifizierten Trennungstheorie s Rn 1732).
Beispiel: Gewinnrealisierung bei Teilentgeltlichkeit nach der Trennungstheorie (in Anlehnung an Kulosa in Schmidt, § 6 EStG Rz 873 (43. Aufl 2024))
Verkauf eines WG mit einem Buchwert von EUR 800 und Teilwert von EUR 1 000 gegen Zahlun...