Jürgen Dräger, Tobias Müller
Schrifttum:
Hoffmann, Die Beteiligung an KapGes als WG sui generis, FS Welf Müller, 2001, 631.
Rn. 676
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Der Beteiligung an KapGes kommt steuerlich unstreitig WG-Eigenschaft zu. Allerdings muss man den besonderen Charakter dieses WG in bilanzrechtlicher und steuerökonomischer Sicht berücksichtigen. Beteiligungen repräsentieren in der Bilanz eine Art derivativen Produktes, stellen also einen Vermögenswert dar, der seinen "eigentlichen Wert" aus anderen Vermögenswerten ableitet. Diese "anderen" Vermögenswerte (der Beteiligungsgesellschaft) werden ihrerseits wieder in einer Bilanz, also unter Gegenüberstellung von WG und Verbindlichkeiten, abgebildet. "Körperlich" handelt es sich bei der "Beteiligung" allenfalls um ein Stück Papier, dessen Wert eben durch das Vermögen der Beteiligungsgesellschaft (abgebildet in einer Bilanz) repräsentiert wird.
Rn. 677
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Man kann aus dieser Feststellung eine Art Vervielfältigungseffekt der Beteiligung ableiten (Hoffmann, Die Rechtsbeziehungen zwischen GmbH und ihren Gesellschaftern, insb deren Einlagen, Bd 20 der Veröffentlichungen der DJStG, 1997, 141, 154). Aus Sicht der Bilanzierung lässt sich dieser Effekt wie folgt darstellen (auf der Grundlage von Wolfgang Kessler, Euroholding, 1996, 20):
Das Schema zeigt die "indirekte" Gründung eines aktiv tätigen Unternehmens (hier "Enkel"). Statt direkt in das Unternehmen zu investieren, hat der betreffende Investor einen dreistufigen Aufbau gewählt. Die Darstellung soll dabei auch wiedergeben, dass mit einem einmaligen Investitionsvolumen (hier EUR 100) im Grunde genommen unter Vernachlässigung von Gründungskosten eine unendliche Beteiligungskette von Unternehmen "nach unten" geschaffen werden kann. Es entstehen nachgeschaltet eigene Rechnungslegungs- und Steuersubjekte (in Form einer KapGes), eigentlich "gewirtschaftet" wird lediglich bei der (im Schema) Enkelunternehmung.
Aus dieser steuerökonomisch motivierten Darstellung folgt auch unmittelbar die dem Grunde nach bestehende mehrfache Zugriffsmöglichkeit des Fiskus auf einen ökonomischen Gewinn, sobald dieser etwa durch Gewinnausschüttung nach oben, das heißt zur Tochter- und weiter zur Muttergesellschaft gereicht wird. Und umgekehrt folgt die Möglichkeit einer mehrfachen steuerlichen Berücksichtigung von Verlusten aus dem aktiven Geschäft, soweit sich dieser Verlust im Beteiligungswert der Tochter- und dann auch der Mutterunternehmung niederschlägt. So gesehen stellt die Bilanzposition "Beteiligungen" (an KapGes) eine Art Scharnier zwischen zwei Besteuerungssubjekten bzw -ebenen dar.
Rn. 678
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei