Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 1486
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Durch das BEPS-UmsetzungsG I v 20.12.2016 (BGBl I 2016, 3000, Anwendung ab VZ 2017, s Rn 1381) wurde § 6 Abs 3 S 1 EStG in dem Sinne geändert, dass das sog Buchwertprivileg nur zur Anwendung kommt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rz 1 und 11). Diese Gesetzesänderung steht im Zusammenhang mit der Neufassung von § 50i Abs 2 EStG. Dessen Neufassung zielt auf eine rückwirkende Bereinigung der überschießenden Wirkung der bisherigen Fassung der Regelung ab, so dass die Anwendung von § 50i Abs 2 S 2 Nr 2 EStG aF rückwirkend und umfassend entfällt. Dieser sah für bestimmte Fallkonstellationen einer unentgeltlichen Übertragung iSd § 6 Abs 3 EStG im Anwendungsbereich des § 50i Abs 1 EStG eine Rückausnahme v Buchwertprivileg nach Abs 3 vor.
Aus Sicht des Gesetzgebers handelt es sich bei dieser Ergänzung des Gesetzestextes lediglich um eine Klarstellung (vgl BT-Drs 18/9956, 5). Denn der BFH hat schon zu § 7 Abs 1 EStDV, der Vorgängervorschrift des § 6 Abs 3 EStG, entschieden, dass eine Übertragung zu Buchwerten nur in Betracht kommt, wenn die stillen Reserven beim Rechtsnachfolger steuerverstrickt bleiben (BFH v 19.02.1998, IV R 38/97, BStBl II 1997, 509).
Mit dieser Gesetzesänderung ist keine sachliche Einschränkung der Buchwertfortführung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage verbunden. Vordergründig bezweckt der Gesetzgeber eine sprachliche Anpassung an die Tatbestände der § 6 Abs 5, 16 Abs 3 S 2 EStG. Denn bereits für die Zeiträume vor der Änderung gilt nach der Rspr, dass von einer Betriebsaufgabe (unter Aufdeckung der stillen Reserven) auszugehen ist, wenn die Besteuerung der stillen Reserven nicht sichergestellt ist (BFH v 13.12.1983, VIII R 90/81, BStBl II 1984, 474; BFH v 19.02.1998, IV R 38/97, BStBl II 1998, 509; BT-Drs 18/9956, 7; s Oellrich in Kirchhof/Ratschow, § 6 EStG Rz 2762 (1. Edition 2018).
Rn. 1487
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Für die Prüfung, ob die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist, kommt es auf den Übernehmer, dh Empfänger der Sachgesamtheit, an. So ist die Besteuerung sichergestellt, wenn die stillen Reserven weiterhin in Deutschland besteuert werden können. Ein Hauptanwendungsfall, wenn diese Voraussetzung nicht mehr gegeben ist, liegt vor, wenn die WG auf eine ausländische Betriebsstätte übertragen werden. Denn in diesen Fällen ist nach Auffassung der FinVerw die Besteuerung der stillen Reserven nicht mehr sichergestellt (zu dem damit verbundenen Meinungsstreit s Rn 1565ff).
Rn. 1488
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Diese Regelung entfaltet insbesondere auch dann Bedeutung, wenn begünstigter Empfänger der Übertragung eine steuerbefreite (gemeinnützige) Körperschaft ist (s Rn 1385, dazu ausführlich Hänsch, NWB 2018, 937). Im reinen Inlandsfall dürfte die Voraussetzung daher nur dann vorliegen, wenn die übertragene Beteiligung an der PersGes bei dieser einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet. Bei Übertragung eines Anteils an einer gewerblich geprägten PersGes liegt diese nicht vor (vgl BFH v 25.05.2011, I R 60/10, BStBl II 2011, 858 und BFH v 18.02.2016, V R 60/13, BStBl II 2017, 251). Folglich kommt eine Anwendung des § 6 Abs 3 EStG nicht in Betracht (zB OFD Frankfurt/M v 27.07.2016, S 2241 A-129-St 213).
Als Alternative kommt eine Übertragung durch Entnahme und sofortige Übertragung zum Buchwert nach § 6 Abs 1 Nr 4 S 4 EStG in Betracht (s Rn 1126). Bei Übertragung von Verbindlichkeiten gerät diese Möglichkeit an ihre Grenzen, weil diese Regelung ausschließlich die unentgeltliche Übertragung erfasst (Hänsch, NWB 2018, 937 sowie ausführlich Kraft, NWB 2016, 488). Im Umkehrschluss dürfte damit die Voraussetzung bei Übertragung einer gewerblich infizierten PersGes iSd § 15 Abs 1 Nr 1 EStG vorliegen.
Rn. 1489
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Als aufnehmende Rechtsträger kommen auch Stiftungen in Betracht (s Rn 1386). Dies gilt auch dann, wenn diese steuerbefreit sind. Da die Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine solche Stiftung bei dieser einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet, findet § 6 Abs 3 EStG Anwendung.
Etwas anderes gilt, wenn ein Gewerbebetrieb übertragen wird, der ausschließlich aufgrund der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs 3 Nr 2 EStG vorliegt. In diesen Fällen wird durch die vermögensverwaltende Tätigkeit kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet, so dass die Besteuerung der stillen Reserven nicht erfüllt ist, mithin § 6 Abs 3 EStG keine Anwendung finden kann (BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rz 1, 4 und 5).
Rn. 1490–1495
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei