A. Verfassungsmäßigkeit der Anwendungsvorschrift des § 52 Abs 61a S 2 EStG aF
Rn. 261
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Gegen die Anwendungsvorschrift des § 52 Abs 61a S 2 EStG aF, die die Anwendung des neu gefassten § 62 Abs 2 EStG aF vom Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss v 13.12.2005 auf alle noch offenen Verfahren anordnet, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, BFH v 15.03.2007, III R 93/03, BStBl II 2009, 805; BFH v 15.03.2007, III R 54/05, BFH/NV 2007, 1298.
B. Vereinbarkeit mit Europarecht
Rn. 262
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§ 62 Abs 2 EStG aF verstößt nicht gegen RL 2004/83 EG, BFH v 19.01.2011, III S 44/09 (PKH), BFH/NV 2011, 598; BFH v 23.10.2009, III S 72/08 (PKH), BFH/NV 2010, 203; das Kindergeld gehört nicht zu den Sozialhilfeleistungen iSd Art 28 der genannten Richtlinie.
Rn. 263–274
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vorläufig frei
C. Besitz einer Niederlassungserlaubnis (§ 62 Abs 2 Nr 1 EStG aF)
Rn. 275
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Ausführlich zur Niederlassungserlaubnis s Rn 191.
Nach § 62 Abs 2 Nr 1 EStG aF erhält ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer Kindergeld nur, wenn er eine Niederlassungserlaubnis besitzt. Eine Niederlassungserlaubnis konnte nach § 19 AufenthG aF auch einem hoch qualifizierten Ausländer erteilt werden. Eine Niederlassungserlaubnis konnte ferner auch nach den §§ 9, 18b, 19, 19a Abs 6, 23 Abs 2, 26 Abs 3 u 4, 28 Abs 2, 31 Abs 3, 35 o 38 Abs 1 S 1 Nr 1 AufenthG aF bestehen (vgl A 4.3 S 1 DA-KG 2020).
Der Niederlassungserlaubnis war eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU gemäß § 9a AufenthG gleichgestellt (A 4.3 S 3 DA-KG 2020). Zur Erlaubnis nach § 9a AufenthG s Rn 191a.
Rn. 276
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Der Ausländer muss die Niederlassungserlaubnis besitzen, dh, er muss sie vorlegen können, also einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu Beginn des Leistungszeitraums in den Händen halten, ausführlich dazu s Rn 192.
Rn. 277–299
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vorläufig frei
D. Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat (§ 62 Abs 2 Nr 2 EStG aF)
Rn. 300
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Anspruchsberechtigt waren – mit den in § 62 Abs 2 Nr 2 Buchst a, b u c EStG aF genannten Ausnahmen – auch Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat. Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel, der zu einem im AufenthG genannten Zwecke erteilt wird. Eine Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylVfG zur Durchführung des Asylverfahrens beinhaltet keine Aufenthaltserlaubnis iSd § 62 Abs 2 Nr 2 EStG, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt, FG Köln v 26.05.2009, 8 K 3439/06, EFG 2009, 1575.
Die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ergibt sich aus dem AufenthG oder aus der Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis, da nach § 4 Abs 2 AufenthG jeder Aufenthaltstitel erkennen lassen muss, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist (A 4.4 Abs 2 S 1, Abs 1 S 3 DA-KG 2020). Das FG Bdw v 24.07.2012, 10 K 3663/11, EFG 2013, 375 (nachgehend BFH Beschluss v 04.01.2018, III R 63/12) hat zutreffend entschieden, dass es sich bei einer Tätigkeit auf der Grundlage des AsylbLG um eine berechtigte Erwerbstätigkeit iSd § 62 Abs 2 Nr 3 Buchst b EStG aF handelt.
Es fand die VO über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (BeschV v 06.06.2013, BGBl I 2013, 1499 mit nachfolgenden Änderungen) Anwendung. Diese VO regelt unter anderem, in welchen Fällen die Bundesagentur für Arbeit der Ausübung einer Beschäftigung eines Ausländers, der keine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung besitzt, nach § 4 Abs 2 S 3 AufenthG iVm § 39 AufenthG zustimmen kann.
Die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bestand insbesondere bei Aufenthaltserlaubnissen, die nach § 19a Abs 1–5, § 25 Abs 1 u 2, §§ 28 bis 38, § 38a Abs 3 u 4 sowie nach § 104a AufenthG aF erteilt worden sind, A 4.4 Abs 1 S 4 DA-KG 2020. Ein Ausländer ist auch dann zur Erwerbstätigkeit berechtigt, wenn ihm die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit untersagt, ihm aber eine nichtselbstständige Tätigkeit gestattet ist, FG Nds v 09.07.2007, 16 K 427/05, EFG 2007, 1787. Es reicht nicht aus, dass der Ausländer einen Anspruch auf die Erlaubnis der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehabt haben mag, maßgebend ist stattdessen, ob die Arbeitserlaubnis oder die Erlaubnis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit tatsächlich vorlagen, FG Münster v 22.02.2013, 14 K 1993/12 Kg, EFG 2013, 792.
War dem Ausländer, der über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs 1 AufenthG (Aufenthalt aus humanitären Gründen) verfügte, einer Erwerbstätigkeit untersagt, war ihm die Möglichkeit genommen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, so dass auch eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs 2 Nr 3 EStG aF nach dem Ablauf von 3 Jahren rechtmäßigen gestatteten oder geduldeten Aufenthalts nicht in Betracht kam, da diese unter anderem eine berechtigte Erwerbstätigkeit voraussetzte. Damit hing der Anspruch auf Kindergeld davon ab, ob die Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit berechtigte oder nicht. Der Entscheidung der Ausländerbehörde kommt nach BFH v 20.02.1998, VI B 205/97, BFH/NV 1998, 963 im Kindergeldv...