Rn. 70
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Die in § 64 Abs 2 S 2 EStG genannten Personen bestimmen durch eine übereinstimmende Erklärung gegenüber der zuständigen Familienkasse (vgl A 25.1 Abs 1 S 2, Abs 2 S 1 DA-KG 2023) den Berechtigten. Das Gesetz sieht für die übereinstimmende Erklärung keine Formerfordernisse vor, deshalb reicht auch die mündliche Erklärung gegenüber der Familienkasse aus, während A 25.1 Abs 2 S 1 und S 2 DA-KG 2023 insoweit eine schriftliche oder zur Niederschrift erklärte Berechtigtenbestimmung fordert.
Rn. 71
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Im elektronischen Antragsverfahren bedarf es hingegen keiner schriftlichen oder zur Niederschrift erklärten Berechtigtenbestimmung des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners bzw des anderen im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteils. In diesen Fällen genügt die Bestätigung des Datenübermittlers, dass dieser zum vorrangig Berechtigten bestimmt wurde, A 25.1 Abs 3 S 1, 2 DA-KG 2023. Die Familienkassen haben den Angaben grundsätzlich Glauben zu schenken, A 25.1 Abs 3 S 3 DA-KG 2023.
Eine weitere elektronische Authentifizierung durch den nachrangig Berechtigten wird nicht gefordert, bleibt aber zulässig. Die vorstehende Regelung soll dazu dienen, um die Anforderungen des Online-Zugangsgesetz (OZG) vom 14.08.2017, BGBl I 2017, 3138, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 03.12.2020 (BGBl I 2020, 2668) zeitgerecht erfüllen zu können, BZSt vom 25.09.2020, BStBl I 2010, 959 Rz 1). Um zu vermeiden, dass nachrangig Berechtigte nachträglich geltend machen, sie hätten nicht auf ihren Vorrang verzichtet, sollen sie nach A 25.1 Abs 3 S 4 DA-KG 2023 bei Eingang des elektronischen Kindergeldantrages, spätestens mit Erlass des Kindergeldbescheides an den vorrangig Berechtigten, nachrichtlich über die erfolgte Berechtigtenbestimmung informiert werden (Negativmitteilung). Die Negativmitteilung ist kein VA, A 25.1 Abs 3 S 5 DA-KG 2023. Erhebt ein nachrangig Berechtigter Einwände, hat die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung zu prüfen und ggf zu korrigieren, A 25.1 Abs 3 S 6 DA-KG 2023.
Mit der Negativmitteilung wird zwar verwaltungspraktischen Erfordernissen Rechnung getragen; trotz der Versendung der Negativmitteilung an den "nachrangig Berechtigten" werden sich die Familienkassen jedoch dem Einwand des "nachrangig Berechtigten" ausgesetzt sehen, dass eine übereinstimmende Berechtigtenbestimmung nicht erfolgt und die Negativmitteilung dem nachrangig Berechtigten nicht zugegangen sei. Weder die authentifizierte Erklärung des Antragstellers als Datenübermittler, zum vorrangig Berechtigten bestimmt worden zu sein, noch das Schweigen des "nachrangig Berechtigten" auf die Zusendung der Negativmitteilung können die erforderliche elektronische Authentifizierung durch den nachrangig Berechtigten ersetzen. Macht der "nachrangig Berechtigte" geltend, ihm stehe das Kindergeld zu, da eine übereinstimmende Berechtigtenbestimmung nicht erfolgt sei, trägt die Familienkasse dafür die Feststellungslast, dass die im elektronischen Prozess übermittelte Erklärung des "vorrangig Berechtigten" zutreffend ist. Damit besteht das Risiko von Doppelzahlungen des Kindergelds, falls das Familiengericht den von der Familienkasse als nachrangig Berechtigten behandelten Elternteil nach § 64 Abs 2 S 3 EStG zum vorrangig Berechtigten bestimmt.
Rn. 72
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Solange die Berechtigtenbestimmung nicht widerrufen worden ist, bleibt sie wirksam. Der Widerruf hat gegenüber der Familienkasse zu erfolgen, BFH vom 11.12.2001, VI B 214/00, BFH/NV 2002, 484. Auch insoweit reicht eine formlose einseitige Erklärung aus. Die Berechtigtenbestimmung wird auch dann ab dem Folgemonat gegenstandslos, wenn ein Neuantrag gestellt wird, A 25.1 Abs 5 S 1 DA-KG 2023.
Ein Widerruf der Berechtigtenbestimmung bzw dessen Änderung ist rückwirkend nur dann möglich, wenn noch keine Kindergeldfestsetzung für das betreffende Kind erfolgt ist, BFH vom 19.04.2012, III R 42/10, BStBl II 2013, 21; BFH vom 18.04 2013, V R 41/11, BStBl II 2014, 34. Gleiches gilt für die einvernehmliche Änderung der Berechtigtenbestimmung, BFH vom 19.04.2012, III R 42/10, BStBl II 2013, 21; BFH vom 18.04 2013, V R 41/11, BStBl II 2014, 34. Eine rückwirkende Änderung der Berechtigtenbestimmung ist auch dann ausgeschlossen, wenn die auf der ursprünglichen Berechtigtenbestimmung beruhende Kindergeldfestsetzung aus anderen Gründen aufgehoben wurde, BFH vom 23.05.2016, V R 21/15, BFH/NV 2016, 1274.
Die übereinstimmende Bestimmung des Berechtigten wird gegenstandslos, wenn die Gleichrangigkeit der Berechtigten infolge geänderter Obhutsverhältnisse entfällt, BFH vom 15.01.2014, V B 31/13, BFH/NV 2014, 522; BFH vom 18.05.2017, III R 11/15, BStBl II 2017, 1199; Wendl in H/H/R, § 64 EStG Rz 10 (Juni 2020); BFH vom 16.09.2008, III B 124/07. Eine durch Änderung der Obhutsverhältnisse vorübergehend gegenstandslos gewordene Kindergeldberechtigung lebt nicht dadurch wieder auf, dass die Änderung der Obhutsverhältnisse rückgängig gema...